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Die Autohersteller in Deutschland und West-Europa kündigen wegen sinkender Nachfrage Stellenabbau an – Verlagerung der Produktion ins Ausland
Offiziell gilt die Erhebung nicht als repräsentativ, aber die Zahlen sind durchaus bemerkenswert: Mit über 90 Vorständen und Geschäftsführern führender Autozulieferer-Unternehmen, davon 55 aus Deutschland, hat die Unternehmensberatung Horváth & Partner über die Entwicklungen und Perspektiven der Branche gesprochen. Dabei ergibt sich ein erschreckendes Bild.
Laut der Umfrage erwarten 59 Prozent der befragten Unternehmen, dass sie die Mitarbeiterzahl in den nächsten fünf Jahren reduzieren müssen. Von einem starken Stellenabbau gehen 14 Prozent aus. Nur 15 Prozent der interviewten Führungskräfte planen, neues Personal einzustellen. „Produziert wird zunehmend in den Regionen, wo die Autos am Ende verkauft werden“, erklärte Frank Göller, Partner und Autozulieferer-Experte bei Horváth, gegenüber der Nachrichtenagentur DPA. Dieser Trend sei nicht neu, habe sich aber verstärkt. Daran hätten auch die schlechten Erfahrungen der vergangenen Jahre mit Lieferengpässen vor allem bei Halbleitern gesorgt.
Der negative Trend beschränkt sich nicht nur auf Deutschland. Hoher Kostendruck beeinflusst die Entwicklung in weiten Teilen des Euro-Raumes. Fast überall auf der Welt werde Personal aufgebaut – nur nicht in Deutschland und Westeuropa, heißt es in der Studie.
75 Prozent der befragten Unternehmen wollen demnach in Indien Kapazitäten aufbauen, 60 Prozent in China und ebenso viele in Osteuropa. In Nord- und Südamerika sowie in weiten Teilen des asiatischen Raums stehen die Zeichen demnach ebenfalls auf Expansion.
Immenser Transformationsdruck
Wie aus der Studie hervorgeht, sind mehrere Faktoren ausschlaggebend für den Negativtrend. Die Branche steht unter Transformationsdruck, da der Umstieg auf die Elektromobilität von der Politik gewünscht ist. Hinzu kommen hohe Materialpreise, immense Energiekosten sowie eine geringere Nachfrage. „Dieser Wettbewerbsdruck bringt Unternehmen an ihre finanziellen Grenzen, zumal es erhebliche Zukunftsinvestitionen zu finanzieren gilt“, so Göller. Die Autobauer erwarten im Durchschnitt nur geringe Umsatzsteigerungen für das laufende und auch für das kommende Jahr. „Wiederkehrender Tenor der Gespräche war: Wir dachten, der Kostendruck kann nicht weiter steigen – und wurden eines Besseren belehrt“. Kostenoptimierung stehe in den Unternehmen mit Abstand an erster Stelle der Ziele der Führungsetage.
Und diesen Druck geben die Erstproduzenten an die gesamte Lieferkette weiter. Einen großen Hebel zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit versprechen sich die Hersteller durch maximale Digitalisierung, danach folgt die Automatisierung der Prozesse. An dritter Stelle stehen Fachkräftethemen, getrieben vor allem durch veränderte Kompetenzanforderungen für die Fahrzeuggenerationen der Zukunft. Durch die Transformation weg vom Verbrenner hin zum E-Motor stehen in der deutschen Autoindustrie Zigtausende Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Für die Produktion von Elektroautos werden deutlich weniger Mitarbeiter gebraucht. Der Motor eines Verbrenners hat mit rund 1000 Bauteilen etwa vier Mal so viele wie ein elektrischer Antrieb. Etwa die Hälfte der Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie hängt nach einer Erhebung des Verbands Deutscher Automobilindustrie am Verbrennungsmotor. Dieser „Umstellungsdruck“ beschäftigt nach Erkenntnissen der Studie daher die Führungskräfte auch am meisten. „Die Nachfrage nach E-Autos steigt weltweit und auch in Europa, auch wenn sie in Deutschland aktuell schwächelt. Die Übergangsphase von traditionellen Antrieben auf E-Fahrzeuge wird aber deutlich länger dauern als noch vor wenigen Jahren gedacht. Entsprechend investieren die Hersteller auch weiterhin in Verbrennerfahrzeuge, um diese wettbewerbsfähig zu halten und die Marktpotentiale weiter auszuschöpfen zu können“, sagt Göller.
Dies könne aber zu einer riskanten Gratwanderung führen. Die Hersteller müssten darauf achten, den Anschluss an die chinesische E-Auto-Konkurrenz nicht zu verlieren. Dabei stellt auch die Digitalisierung eine enorme Herausforderung dar.
Herausforderung Digitalisierung
Die Transformation vom traditionellen Automobilbau zum hochmodernen Vehikel werde noch lange die Strategie in den Führungszentralen prägen. Immerhin kommen die Studienautoren auch zu der Erkenntnis, dass sich ein Großteil der Führungskräfte immer noch zum Standort Deutschland bekenne. Doch der Druck wachse, so nah wie möglich am Endkunden zu bauen. Daher fordert Experte Göller: „Dennoch muss neu gedacht werden, wie sich der Standort Deutschland in einer noch globaleren Aufstellung der Unternehmen langfristig behaupten und positiv entwickeln kann.“
Tom Torte am 14.08.24, 18:16 Uhr
Wie heißt es doch so schön: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Dass dies nicht nur ein Unternehmen trifft, sondern eine ganze Branche inkl. Zulieferer kommt nicht von ungefähr. Die Transformation zu Elektromobilität sowie zu intelligenten Assistenzsystemen und rollenden digitalen Wohnzimmern konnte man schon vor mehr als 15 Jahren vorhersehen. Die deutsche Wirtschaftselite und ihre Politik-Lakaien haben die Augen vor der Realität geschlossen. Trotzdem ist nicht anzunehmen, dass es nur die Elektromobilität sein wird, die für sinkende Beschäftigung in der Industrie sorgt, es ist auch der Fortschritt in Automation und Robotik. Die sogenannte künstliche Intelligenz wird dafür sorgen, dass Roboter jeglicher Art in Fabriken effizienter und umfangreicher eingesetzt werden können als bisher. Jedoch ist anzunehmen, dass Unternehmen aus Fernost bei der Transformation ihrer Fabriken, deutlich schneller vorankommen werden, als hiesige. Die Schuld bei aktuellen Politikern zu suchen greift in diesem Fall zu kurz, in der Automobilbranche werden investitionsentscheidungen über Jahrzehnte im voraus geplant.