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Am verbauten Mühlstein in der Allensteiner Burg: Rafal Bętkowski (l.) und Jacek Strużiński
Foto: U.H.Am verbauten Mühlstein in der Allensteiner Burg: Rafal Bętkowski (l.) und Jacek Strużiński

Allenstein

In den Tiefen des Burgturms

Wissenschaftler der Polnischen Akademie der Wissenschaften untersuchen verbaute Mühlsteine

Uwe Hahnkamp
31.01.2023

Wertvollen Steinen auf der Spur war im September letzten Jahres in Allenstein das Institut für Geographie und Raumplanung der Polnischen Akademie der Wissenschaften mit der zweiten Auflage seines Projekts millPOLstone. Die interdisziplinäre Werkstatt zu „Mühlsteinen in Kirchen in Ermland und Masuren“ führte die Teilnehmer auch in die Tiefen des Allensteiner Burgturms.

Mühlsteine waren in früheren Jahrhunderten sehr wertvoll, dennoch wurden sie oder ihre Reste in den Tiefländern des südlichen Ostseeraums – so die territoriale Eingrenzung der Werkstatt – in Kirchenmauern, aber auch in die Grundmauer der Allensteiner Burg unterhalb des Turms eingemauert. Die Referate am ersten Tag der Werkstatt warfen Fragen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Gebieten auf. Symbolik, Herkunft, Material, aber auch der Erhalt der Mühlsteine als kulturelles Erbe wurden beleuchtet.

Exkursion zu Kirchen ...

Es war nur eine Auswahl der interessantesten Gebäude, die auf der Exkursion am zweiten Tag der Werkstatt besichtigt werden konnten. Vorrangig waren das Kirchengebäude, in deren Mauern Mühlsteine zu finden sind. Bei manchen Bauwerken wurden sie waagrecht, bei anderen senkrecht eingemauert, manchmal waren es nur Bruchstücke, aber immer waren sie bereits sehr abgenutzt oder zerbrochen. „Die Bedeutung der Steine zeigt sich darin, dass sie trotz ihrer Schwere transportiert und genutzt wurden. Ein Mühlstein war aber auch so wertvoll, dass er nur für eine Mauer eingesetzt wurde, wenn er völlig unbrauchbar zum Mahlen geworden war“, erklärte Dariusz Brykała, der Organisator der Veranstaltung, den Zustand der Steine. Das gilt auch für den Mühlstein in der Grundmauer der Allensteiner Burg, der deutlich fühlbare Abnutzungsspuren aus der Zeit aufwies, bevor er ganz zerbrach. Wobei laut dem Architekten und Kenner der Allensteiner Burg ,Jacek Strużyński, die Frage noch offen ist, ob es nur Reste eines Steins sind, der halbiert wurde, oder doch zwei verschiedene Steine.

... und ins Lochgefängnis

Um das Objekt an Ort und Stelle zu besichtigen, stiegen die Teilnehmer der Werkstatt im Interesse ihrer jeweiligen Wissenschaft in kleinen Gruppen in die Tiefen des Lochgefängnisses, das nur über einen extra in einer Ecke versteckten Eingang, vom Hof der Burg und für normale Besucher gar nicht zugänglich ist. Dieser Raum ist, wie auch andere Spuren zeigen, einer der ältesten der gesamten Allensteiner Burg. Laut Strużyński ist der Mühlstein damals direkt eingemauert worden – oberhalb des eigentlichen Lochs. Das bedeutet aber, so die Folgerung von Rafał Bętkowski vom Museum der Moderne in Allenstein, dass der Bau der Burg nicht bei Null begann, sondern es einen Vorgängerbau, vermutlich eine Holz-Erd-Festung, gegeben hat. „Es muss außerdem schon eine Mühle an der Alle existiert haben“, ergänzte Bętkowski, „das kann eine Wehrmühle gewesen sein, aber auf jeden Fall taucht sie in der Lokationsurkunde von Allenstein auf.“

In einer anderen Frage zum Mühlstein erlebten die Teilnehmer der Werkstatt jedoch eine Enttäuschung. Aufgrund seiner dunklen Farbe stand zur Debatte, der Stein könne vulkanisch und von weither, nämlich aus Andernach am Rhein, in die Region transportiert worden sein. „Der Stein ist nur wegen der Patina der Jahrhunderte so dunkel, es handelt sich dabei um einen grobkristallinen Granit finnischen Ursprungs, der hier als Findling typisch auftritt“, lautete das Urteil des Geologen Piotr Czubla von der Universität Lodsch, der damit dieser lebhaft diskutierten und interessanten Geschichte den Wind aus den Segeln nahm.


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