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In einer polnischen Universität grüßt Eichendorff

Eichendorff-Büste in Oppeln enthüllt – Der Romantiker war der Türöffner für die Ehrung weiterer Oberschlesier

Chris W. Wagner
06.02.2024

Der Romantiker Joseph Freiherr von Eichendorff (1788–1857) ist die Galionsfigur der deutschen Volksgruppe in Oberschlesien. Als die Deutschen in der Nachwendezeit ihre Sprache und Kultur wieder offiziell pflegen durften, schossen in Oberschlesien nach Eichendorff benannte Einrichtungen wie Pilze aus dem Boden. So wurde ganz selbstverständlich in Lubowitz [Łubowice], dem Geburtsort des Dichters, neben einer Gedenkstube auch ein Eichendorff-Begegnungszen-trum eingerichtet. Schulen, Chöre oder die Zentrale Caritas-Bibliothek haben Eichendorff zum Patron gewählt. Nach einigem Hin und Her durfte das nach dem Krieg abgetragene Eichendorff-Denkmal zurück nach Ratibor, wo es 1994 im Beisein des Herzogs von Ratibor und Fürsten von Corvey, Franz-Albrecht Metternich-Sándor, feierlich eingeweiht wurde.

Erst 30 Jahre später und ohne Hochadel, dafür im Beisein von Geschichts- und Literaturwissenschaftlern, bekam eine Eichendorffbüste im Oppelner Universitätsmuseum endlich auch ihren Ehrenplatz. Die von Georg Latton aus der Nähe von Ratibor geschaffene Büste soll dazu beitragen, dass sich Studenten in Oppeln verstärkt mit Eichendorff auseinandersetzen. „In Lubowitz, seinem Geburtsort, und in Neisse [Nysa], wo er begraben ist, wird des Dichters seit Jahren auf verschiedene Weise gedacht. Es ist die Aufgabe einer Universität, regionale Persönlichkeiten zu präsentieren, unabhängig von ihrer Nationalität“, sagte Andrzej Szczepaniak vom Historischen Institut der Universität Oppeln. Die Zeit sei reif für Eichendorff, denn der Dichter „war viele Jahrzehnte aus dem Gedächtnis verschwunden. In dieser demokratischen, europäischen Welt sollte eine so bedeutende Persönlichkeit wie Eichendorff an der Universität Oppeln gewürdigt und den zahlreichen Besuchergruppen vorgestellt werden“, sagte er, nannte jedoch keinen Grund dafür, dass man ganze zwölf Jahre seit der Museumsgründung gebraucht hat, bis dem Romantiker dort endlich ein Platz geschenkt wurde. Ohne die Penetranz von Joanna Rostropowicz müsste man wohl noch viele weitere Jahre auf Eichendorff in Oppeln warten.

Die in Deschowitz [Zdzieszowice] geborene Historikerin und Dozentin für klassische Philologie an der Universität Oppeln setzt sich seit der friedlichen Revolution dafür ein, dass das deutsche Erbe Oberschlesiens nicht vergessen wird. Mit ihrem durch Heirat erworbenen ostpolnischen Familiennamen konnte sie viel mehr erreichen, denn so vermutete man nicht sofort oberschlesische Wurzeln bei ihr. Seit ihrer Studienzeit habe sie immer wieder gehört, Oberschlesier seien ein einfaches Volk und es gäbe keine herausragenden Persönlichkeiten in Oberschlesien. Das wollte und konnte die damals junge Wissenschaftlerin nicht so hinnehmen. Rostropowicz nahm sich die alten Griechen und Römer zu Hilfe: „Was hat zum Beispiel Plutarch gemacht? Er hat Lebensbilder hervorragender Griechen und Römer geschrieben. Und so sagte ich mir: ‚Ich werde es ihm gleichmachen!'“ Mit der politischen Wende in Polen gründete sie einen oberschlesischen Verband, der sich des künstlerisch-literarischen Erbes annahm. Sie ist Mitbegründerin und Vorsitzende der Eichendorff-Stiftung für Wissenschaft und Kultur in Lubowitz und Herausgeberin zahlreicher Periodika. Seit 20 Jahren erscheint ihr deutsch-polnisches Lexikon „Schlesier von den frühesten Zeiten bis zur Gegenwart“, in dessen letztem, siebtem Band 70 bedeutende, aber oft vergessene Schlesier porträtiert wurden. Doch am bekanntesten sind ihre Eichendorff-Hefte, die oberschlesische Geschichte und Kultur zum Schwerpunkt haben.

Rostropowicz hat noch viel geplant
Die Professorin ist sich auch nicht zu fein, diese bei Veranstaltungen in Lubowitz selbst an den Mann zu bringen. Auch für die feierliche Enthüllung der Eichendorffbüste im Universitätsmuseum hat sie die Werbetrommel gerührt, denn sie habe noch Weiteres vor, versprach sie. Sie vermisse nämlich noch viele weitere oberschlesische Persönlichkeiten im Oppelner Universitätsmuseum am Kopernikusplatz 11 in Oppeln. Eichendorff sei erst der vierte Schlesier im Museum nach dem christlichen Archäologen Joseph Wilpert (1857–1944) aus Bauerwitz [Baborów], dem Oppelner Hans-Adolf von Moltke (1884–1943), einem Botschafter in Polen, sowie dem aus Strehlen [Strzelin] stammenden Mediziner und Nobelpreisträger Paul Ehrlich (1854–1915). Doch bald schon soll der Oppelner Wilhelm Kuhnert, der für seine Tierweltmalerei bekannt ist, folgen. An seiner Ehrung arbeitet Rostropowicz bereits mit ihrem Kollegen Andrzej Szczepaniak.


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