19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Rentenpolitik

In Rente, aber nicht im Ruhestand

Geplante Erhöhung der Altersbezüge reicht nicht aus, um die gestiegenen Kosten auszugleichen – Zudem werden viele Rentner steuerpflichtig

Norman Hanert
06.06.2022

Zum 1. Juli dieses Jahres erhalten die Rentner die stärkste Erhöhung ihrer Altersbezüge seit Jahrzehnten. Im Westen des Landes steigen die Renten um 5,35 Prozent, in den östlichen Bundesländern sogar um 6,12 Prozent. Als der Bundestag im Mai die Rentenanpassung debattierte, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: „Die meisten Rentner in Deutschland leben nicht in Saus und Braus.“ Der SPD-Politiker wies dabei darauf hin, dass Agenturmeldungen über die geplante Rentenerhöhung oft mit Fotos bebildert wurden, die Rentner zeigen, die „entweder auf einer Parkbank sitzen und braungebrannt sind oder Golf spielen“. Tatsächlich geht es vielen Menschen im Ruhestand oft weit weniger gut, als dies solche Bilder suggerieren. Die monatliche Durchschnittsrente betrug nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung hierzulande im Jahr 2020 lediglich 989 Euro pro Monat. Von den rund 21 Millionen Menschen, die eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, bekommt nur ein Bruchteil pro Monat 2000 Euro oder mehr überwiesen.

Rund 18 Prozent der über 65-Jährigen in Deutschland gelten im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung sogar als arm. Da die Rente so niedrig ist, dass es zum Leben nicht ausreicht, erhalten rund 600.000 Senioren sogar eine zusätzlich Grundsicherung. Für immer mehr alte Menschen in Deutschland ist es damit inzwischen längst Realität, nach dem Rentenbeginn weiter arbeiten zu gehen. Nicht immer, aber doch häufig und in zunehmenden Maße, spielen dabei vor allem finanzielle Gründe eine Rolle.

Nach Angaben der Bundesregierung waren im vergangenen Jahr 1,05 Millionen Beschäftigte in Deutschland 67 Jahre oder älter. Davon waren 217.000 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt und 835.000 hatten einen Minijob. Bekannt wurden diese Daten durch die Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linkspartei im Bundestag. Die Zahl von arbeitenden Rentnern hat damit in den letzten Jahren stark zugenommen. Im Jahr 2010 waren es nämlich deutschlandweit erst rund 685.000 Beschäftigte, die ein Lebensalter von 67 Jahre oder mehr hatten.

Besonders stark war der Anstieg im Ostteil der Bundesrepublik. Hier kletterte die Zahl der Berufstätigen im Rentenalter von etwa 90.500 im Jahr 2010 auf 162.000 im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: In den westlichen Bundesländern stieg die Zahl der erwerbstätigen Rentner im selben Zeitraum von knapp 600.000 auf 890.000. In etwa 80 Prozent der Fälle handelte es sich dabei um einen sogenannten Minijob. Der hohe Anteil von Minijobbern liegt vor allem an der Hinzuverdienstgrenze: Alles, was die Rentner über diese Grenze hinaus verdienen, wird zum Teil wieder von der Rente abgezogen.

Auch die kräftige Rentenerhöhung zur Jahresmitte wird ein Teil der Senioren vermutlich nur mit sehr gemischten Gefühlen sehen. Geschätzt etwa 100.000 Rentner werden mit der Rentenerhöhung nämlich mit ihren Gesamteinkommen in die Steuerpflicht rutschen. Für die betroffenen Senioren kann die Rentenerhöhung bedeuten, dass sie einen Teil ihrer Rente künftig an das Finanzamt abgeben müssen. Laut Berichten der Zeitungen der Funke-Mediengruppe kann das Bundesfinanzministerium mit rund 730 Millionen Euro mehr an Steuereinnahmen durch Rentner rechnen.

Die zunehmende Steuerpflicht auf Renten, hohe Mietnebenkosten, steigende Energie- und Lebensmittelpreise könnten bald noch mehr Senioren zwingen, sich nach einer Arbeit umzusehen, um über die Runden zu kommen.

Ausgerechnet die Rentner sollen nach den Plänen der Ampelkoalition nämlich nicht vom milliardenschweren Entlastungspaket profitieren. Um die gestiegenen Preise bei Benzin, Diesel, Gas und Öl für die deutschen Verbraucher abzufedern, will die Regierung neben einem Tankrabatt, einem Hartz-IV-Zuschuss, einem Neun-Euro-Ticket und einem Kindergeldbonus auch eine Energiepauschale von 300 Euro zahlen. Bereits im Mai warf der CSU-Sozialpolitiker Max Straubinger SPD, Grünen und FDP vor, die Energiepreispauschale den Rentnern vorzuenthalten.

Trotz wochenlanger Kritik hält die Ampelkoalition bislang daran fest, die Energiepreispauschale nicht an Ruheständler zu zahlen. Bei der Pauschale berücksichtigt werden allerdings die Senioren, die steuerpflichtig erwerbstätig sind. Immerhin kündigte Arbeitsminister Hubertus Heil im Fall lange andauernder Preissteigerungen weitere Entlastungen an: „Wenn die Preissteigerungen ganz lange dauern werden, dann werden wir auch weitere Maßnahmen ergreifen, auch für Rentnerinnen und Rentner.“


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

sitra achra am 09.06.22, 16:09 Uhr

Die Alternative wäre, eine Rentnerpartei zu gründen, in der die junge Generation als zukünftige Rentnergeneration solidarisch den Kurs mitbestimmt. In ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse. Leider wird letztere von den Schweinemedien gegen die ältere Generation aufgehetzt. Das folgt dem Prinzip divide et impera. Dabei ist diese Masche doch so leicht durchschaubar. Für die von mir definierte Rentnerunion sind die derzeitigen Parteien unwählbar geworden, einschließlich AfD.

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS