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Brandenburgs Verfassungsschutzchef fristlos entlassen
Der saarländische Verfassungsschutz hatte seit seiner Gründung im Jahr 1957 sechs Amtsleiter. In Brandenburg wird demnächst Innenministerin Katrin Lange (SPD) bekannt geben, wer der neunte Chef des dortigen, erst 1991 gegründeten Verfassungsschutzes wird. Mitten in der aufgeheizten Debatte um ein AfD-Verbot hat Brandenburgs Innenministerin am
6. Mai Jörg Müller, den seit 2020 amtierenden Verfassungsschutzchef, fristlos entlassen. Lange begründete den Schritt mit fehlendem Vertrauen.
Verspätete Benachrichtigung
Einen Tag später bestätigte die Innenministerin im Potsdamer Landtag, dass Brandenburgs Verfassungsschutz den AfD-Landesverband bereits am 14. April als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat. Nach Darstellung Langes ist sie davon aber erst am 5. Mai vom Verfassungsschutzchef informiert worden.
Obwohl ausdrücklich von „fehlendem Vertrauen“ und einer „fehlerhaften Kommunikation“ die Rede ist, deuten viele Kommentatoren den Rauswurf des Verfassungsschutzchefs als Folge von grundsätzlichen Differenzen zwischen der Innenministerin und dem bisherigen Verfassungsschutzleiter: Hier der „profilierte“ Chef des Verfassungsschutzes, der den AfD-Landesverband vom Verdachtsfall zu „gesichert rechtsextremistisch“ hochgestuft hat, dort die erst seit letztem Herbst als Innenministerin amtierende Katrin Lange, die die AfD „politisch stellen will“.
Mittlerweile liegen von Politikern der Grünen und der Linkspartei Rücktrittsforderungen vor: „Katrin Lange ist als Innenministerin keinen Tag länger tragbar!“, so Brandenburgs Linke-Parteichef Sebastian Walter.
Der Sender rbb wirft Lange sogar vor, sie sei früher und umfänglicher über eine Hochstufung der AfD informiert worden, als von ihr behauptet. Die CDU-Fraktion hat Akteneinsicht verlangt, um diesen Vorwurf aufzuklären.
Bereits der Vorgänger des nun in den Ruhestand geschickten Verfassungsschutzchefs war 2019 vom damaligen Innenminister Michael Stübgen (CDU) in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Stübgen war gerade fünf Wochen im Amt, da wurde der damalige Verfassungsschutzchef „mit sofortiger Wirkung“ von der Dienstausübung entbunden. Stübgen begründete dies mit ähnlichem Wortlaut wie seine aktuelle Nachfolgerin mit „nicht ausreichend vorhandenem Vertrauen“.
Diese Begründung ist tatsächlich ausreichend. Deutschlandweit werden die Verfassungsschutzämter von sogenannten politischen Beamten geführt. Diese können jederzeit in den Ruhestand versetzt werden, wenn der jeweilige Innenminister den Eindruck hat, dass die grundsätzlichen politischen Ziele und Ansichten des Beamten nicht mit denen der Regierung übereinstimmen.
Hans-Georg Maaßen, Ex-Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, sprach in einem Interview mit Apollo-News vor diesem Hintergrund sogar davon, dass „jedes Bauamt“ mehr Unabhängigkeit habe als der Verfassungsschutz. Maaßen sprach sich auch dafür aus, dass sich der Inlandsgeheimdienst um Kernaufgaben wie die Terrorabwehr kümmern, die Beobachtung von Parteien aber beenden solle.
Zweifelhafte Beweislage
Die Geschichte des Verfassungsschutzes Brandenburg belegt auch, wie unterschiedlich die Bewertung von Parteien ausfallen kann. Dieter Pfaff, in den 90er Jahren der erste Leiter des Dienstes, räumte seinerzeit in einem „taz“-Interview ganz offen ein, dass sich der märkische Verfassungsschutz bewusst gegen eine Beobachtung der PDS entschieden habe. In anderen Bundesländern, etwa Bayern, stand die vormalige SED-Nachfolgeorganisation dagegen sehr wohl im Visier des Verfassungsschutzes.
Auch was derzeit als Begründung für eine Beobachtung der AfD angeführt wird, kann durchaus verschieden ausgelegt werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stützt sich sehr stark auf Äußerungen einzelner Parteimitglieder. Aus dem Parteiprogramm lässt sich nämlich nicht ableiten, dass die AfD etwa die Demokratie abschaffen wolle. Stark polarisierende Äußerungen von Mitgliedern lassen sich vermutlich in jeder Partei finden. Man denke nur an radikale Wortmeldungen einiger Nachwuchspolitiker der Grünen Jugend oder der Jungsozialisten der SPD.
Bei der Linkspartei hat sogar die Bundestagsfraktionschefin, Heidi Reichinnek, gerade erst den Systemwechsel zum Sozialismus in Deutschland gefordert und sich für die Abschaffung des Kapitalismus ausgesprochen. Die Linke-Politikerin sagte: „In den heutigen Zeiten muss man radikal sein.“ Fragen zur Verfassungstreue Reichinneks sind bislang ausgeblieben.