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Kontroverse

Israel-Hass erfasst Berliner Hochschulen

„Mob von Antisemiten“: Heftiger Streit um „Protestcamp“ auf dem Gelände der Freien Universität

Hermann Müller
17.05.2024

Fast 150 pro-palästinensische Demonstranten haben am 7. Mai versucht, an der Freien Universität Berlin (FU) einen Innenhof zu besetzen und Zelte aufzubauen. Ziel der Demonstranten war es offenbar, nach dem Vorbild von Besetzungen von Unis in den USA auf dem Gelände der FU ein Protestcamp einzurichten. Die Protestierer forderten die Universitäten in Berlin unter anderem dazu auf, sich für eine Waffenruhe im Gazastreifen einzusetzen und Israel „akademisch und kulturell“ zu boykottieren.

Nach Angaben der Berliner Polizei war es bei der versuchten Uni-Besetzung auch zu „volksverhetzenden Aufrufen“ gekommen. Insgesamt wurden 80 Strafermittlungsverfahren eingeleitet. Der Lehrbetrieb wurde an der FU für den Tag sogar weitgehend eingestellt. Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) stellt nach der Protestaktion in Frage, ob es sich bei den Akteuren tatsächlich ausschließlich um Studenten gehandelt hat.

Weil die Leitung der Universität das Gelände von der Polizei räumen ließ, sieht sie sich scharfer Kritik ausgesetzt. Etwa 300 Lehrkräfte verschiedener Berliner Hochschulen stellten sich hinter die Protestaktion an der Freien Universität. In dem Schreiben der Dozenten heißt es: „Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt.“ Die Lehrkräfte fordern die Universitätsleitungen zudem auf, „von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen“.

Inzwischen hat die Unterstützer-Erklärung der Berliner Hochschuldozenten für die pro-palästinensischen Proteste scharfe Reaktionen ausgelöst. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zeigte sich empört und fassungslos. Dass es sich bei den Unterstützern der Proteste um Lehrkräfte handele, sei „eine neue Qualität“, so die FDP-Politikerin. Gerade sie müssten „auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andrea Lindholz, bezeichnete den Protestbrief der Dozenten sogar als einen „Tiefpunkt für die deutsche Wissenschaft“. Lindholz sagte, sie habe kein Verständnis dafür, „wenn Professoren und Dozenten einen Mob von Antisemiten und Israelhassern verteidigen“.

Aus den USA herübergeschwappt
Als Vorbild für den Protest an der FU sehen Beobachter die Besetzung der Colombia-Universität in den USA. An der New Yorker Hochschule hatte Ende April nach der Eskalation pro-palästinensischer Proteste ein Großaufgebot der Polizei das Gelände von protestierenden Studenten geräumt. Mehr als hundert Studenten nahm die Polizei dabei in Gewahrsam. Die Leitung der Universität erklärte nach der Räumung, dass „die Arbeit der Universität nicht endlos durch Demonstranten gestört werden kann, die gegen die Regeln verstoßen“. Auch an anderen Universitäten der USA sorgt der Krieg in Gaza seit Wochen für Spannungen. Angesichts der Studentenproteste wächst bei den US-Demokraten inzwischen die Sorge, die Entwicklung an den Universitäten könnte Joe Biden im Herbst den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen kosten. Senator Bernie Sandes (Demokraten) zog beispielsweise Parallelen zur Amtszeit des Präsidenten Lyndon B. Johnson. Unterstützung für Israel könnte seiner Präsidentschaft ähnlich schaden wie der Vietnamkrieg Johnson in den 1960er Jahren geschadet habe.

Gegenüber dem Nachrichtensender CNN sagte er: „Dies könnte Bidens Vietnam werden.“ Nicht nur laut der Darstellung von Sanders, der dem radikal-linken Flügel der Biden-Partei zugeordnet wird, entschied sich der Demokrat Johnson im Jahr 1968 wegen der Opposition gegen seine Ansichten zum Vietnamkrieg dafür, auf eine nochmalige Präsidentschaftskandidatur zu verzichten.

Auch wenn Biden sich im August auf dem Parteikonvent der US-Demokraten entscheidet, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, kann ihn sein Verhalten gegenüber Israel und der Umgang mit den Studentenprotesten möglicherweise den Sieg kosten. Selbst wenn Bidens Haltung zu Israel nur von einer Minderheit unter den Wählern der Demokraten kritisch gesehen wird, kann dies bei der Präsidentschaftswahl im November wahlentscheidend sein.

Gleiches gilt für den Fall, dass Biden die Proteste an den Universitäten weiter laufen lässt. Gerade bei Wähler nder politischen Mitte könnte nämlich der Eindruck entstehen, dass Biden es zulässt, dass Elite-Einrichtungen wie die Columbia-Universität nach den Übertreibungen der Woke-Ideologie und der Critical-Race-Theorie endgültig im Chaos versinken und aufhören, Stätten von Forschung und Lehre zu sein.

Auch in dieser Hinsicht folgen viele deutsche Hochschulen, auch in Berlin, dem bedenklichen Vorbild der US-Universitäten.


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