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Ausgebleicht von karibischer Sonne: Peruginos „Schutzmantelmadonna“ wurde 1987 im italienischen Bettona gestohlen und vier Jahre später auf Jamaika aufgespürt
Foto: imago images/InsidefotoAusgebleicht von karibischer Sonne: Peruginos „Schutzmantelmadonna“ wurde 1987 im italienischen Bettona gestohlen und vier Jahre später auf Jamaika aufgespürt

Kultur

„Italiens größter Maestro“

Vor 500 Jahren starb der Renaissance-Maler Pietro Vannucci, genannt Perugino – Perugia ehrt ihn mit einer Sonderausstellung

Helga Schnehagen
23.02.2023

Von den Giardini Carducci in Perugia führt der Corso Vanucci direkt zum Palazzo dei Priori, in dem sich heute die Galeria Nazionale dell'Umbria befindet. Wie auf einem Pilgerweg nähert man sich auf diese Weise in nur wenigen Minuten Umbriens Malerfürsten von seinem genau vor hundert Jahren aufgestellten Denkmal in den Carducci-Gärten bis zu seinen Werken in der Nationalgalerie an der Hauptstraße Nr. 19. Bereits Raffaels Vater Giovanni Santi hatte den umbrischen Malerkollegen voll Anerkennung als „göttlich“ bezeichnet.

Perugino wurde als Pietro Vannucci um 1448 in Città delle Pieve, etwa 50 Kilometer südwestlich, in der Provinz Perugia geboren. In Fontignano, etwa auf halbem Weg, starb er im Frühjahr 1523 an der Pest. Die Annunziata-Kirche birgt seinen Grabstein ohne genaues Todesdatum. Begraben wurde er wohl wie andere Pestopfer auf einem ungeweihten Feld, dessen Ort nicht bekannt ist.

Mit Bezug auf seine Herkunft nannte er sich Perugino. „Ein Künstlername“, so Andrea Romizi, Bürgermeister von Perugia, „mit einem so starken Identitätsgefühl, dass er im Laufe der Jahre zu einem Symbol der Stadt Perugia selbst geworden ist.“ Zu Ehren seines 500. Todestages widmet die Nationalgalerie ihm vom 4. März bis 11. Juni die Sonderausstellung „Italiens größter Maestro. Perugino und seine Zeit“. Der Titel ist einem Brief vom 7. November 1500 entnommen, in dem Agostino Chigi, einer der führenden Kunstmäzene seiner Zeit, Perugino als Italiens größten Meister bezeichnete.

Mit Ausbruch des 16. Jahrhunderts hatte der Meister inniger Heiligkeit und mystischer Melancholie, der klaren Perspektive und ausgewogenen Komposition, der prächtigen Architektur und der ins Unendliche führenden Landschaft seinen Zenit erreicht. In seinem Spätwerk fingen Motive und Typen an, sich zu wiederholen. Sein Name reduzierte sich immer mehr auf den als Lehrer Raffaels. Schon vor rund elf Jahren hatte München mit einer bemerkenswerten Schau dazu beigetragen, den etwas in Vergessenheit geratenen Künstler neu zu ehren. Nicht ohne Grund: Die Alte Pinakothek besitzt mit der „Vision des heiligen Bernhard“ von 1489 ein 1,73 mal 1,70 Meter großes Meisterwerk von Perugino, das in keiner einschlägigen Publikation fehlt.

Die Ausstellung in Perugia konzentriert sich auf Peruginos Glanzzeit bis um 1504. In dieser Zeit arbeitete er an drei Aufträgen: der „Kreuzigung mit Heiligen“ für die Chigi-Kapelle in der Kirche Sant'Agostino in Siena, dem „Kampf zwischen Liebe und Keuschheit“, früher in Mantua und jetzt im Louvre in Paris, und vor allem der „Hochzeit der Jungfrau“ für die Kapelle des Heiligen Rings in der Kathedrale von Perugia, jetzt im Musée des Beaux-Arts in Caen (Frankreich).

Peruginos Arbeiten sind heute nicht nur in den großen Kunstsammlungen von Florenz, Paris, Wien, London und New York oder Berlin, Altenburg (Thüringen) und München zu sehen. Ausgehend von seinen Werkstätten in Perugia und Florenz ist er vielerorts in Italien nicht nur museal zu entdecken. Auch in seinem Geburtsort hat er einige Fresken hinterlassen. Doch man muss gar nicht so weit reisen. Schon in Perugia machte Perugino die Sala dell'Udienza, den Audienzsaal der Geldwechsler, zu einem der schönsten profanen Innenräume der italienischen Renaissance. Als Teil des Collegio di Cambio, dem Sitz der damaligen Bankiers, befindet er sich ebenfalls im Priorenpalast, Eingang Corso Vannucci Nr. 25.

Hier zeigt sich, dass das damalige Nonplusultra inniger Heiligenmalerei durchaus in der Lage war, auch andere Themen gekonnt umzusetzen. Das Programm hatte offenbar der Humanist Francesco Maturanzio entwickelt, der nach Tätigkeit als Professor in Vicenza und Venedig um 1498 in die Heimat zurückgekehrt war. Es thematisiert die Verschmelzung der antiken und christlichen Kultur. Die Arbeiten begannen am Gewölbe, wo in den sieben Gewölbekappen allegorische Figuren der Planeten Mond, Merkur, Mars, Saturn, Jupiter und Venus um den Sonnengott Apollon kreisen. Dabei stehen sie oder sitzen auf Wagen, die von ihren geweihten Tieren gezogen werden.

Die Wände sind den Tugenden vorbehalten. In zwei der insgesamt fünf Bogenfelder stehen den allegorischen Vertreterinnen der vier weltlichen Tugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung zu ihren Füßen die Idealgestalten von zwölf griechischen und römischen Helden gegenüber, von denen jeweils drei eine der genannten weltlichen Tugenden verkörpern. Die übrigen drei Felder versinnbildlichen die christlichen Tugenden Glaube, Liebe Hoffnung. Als Vertreter der Bürgertugenden gesellt sich in einer Nische neben der Tür die Figur des Cato dazu.

Den Großteil dieser Fresken hatte Perugino selbst ausgeführt. Um den Auftrag zu bewältigen, hatte er sich allerdings auf einige Assistenten stützen müssen, die seine Vorgaben umsetzten und die er streng kontrollierte. Sich selbst hat er in einem kleinen Bild an der trennenden Scheinsäule an der linken Wand verewigt.

In der nahen Kapelle S. Severo, Piazza Raffaello, vollendete Perugino hoch betagt Raffaels Dreifaltigkeits-Fresko. Dessen Darstellung im oberen Teil mit der Trinität und den heiligen Maurus, Placidus und Benedikt ergänzte der Meister nach Raffaels Tod 1521 durch sechs darunter stehende Heilige.

Höhepunkt seines Erfolges war zweifelsohne die Arbeit in der Sixtinischen Kapelle in Rom. Ihre Wände wurden zwischen 1481 und 1483 von den berühmtesten umbrischen und toskanischen Künstlern freskiert – vermutlich unter seiner Leitung. Zu den schönsten gehört mit Sicherheit Peruginos ganz eigenes Werk „Die Schlüsselübergabe“, in dem Christus Petrus die Schlüssel zum Himmelreich übergibt.

• Perugino-Ausstellung „Il meglio maestro d'Italia“ in der Nationalgalerie von Perugia. Internet (auf Italienisch und Englisch): www.gallerianazionaledellumbria.it


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