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Der Wochenrückblick

Ja, so geht „böse“

Wie Wolfgang Kubicki in der grünen Wunde bohrt, und wer noch alles mit wem verwandt ist

Hans Heckel
27.05.2023

Wolfgang Kubicki war vollständig in seinem Element. Der alte Fuchs aus dem Norden begriff natürlich sofort, was man aus dem Graichen-Desaster schnitzen kann, um so tief wie's geht in den Wunden des verhassten grünen Koalitionspartners zu bohren. Dabei packte der Freidemokrat das gesamte Sortiment von List und Häme aus, wozu er nur ganz wenige Sätze benötigte. Er kann es eben – und er liebt es!

Zunächst bekundet Kubicki, er „respektiere“ die Entscheidung zum Rücktritt des Grünen-Staatssekretärs Patrick Graichen und hoffe für Habeck, dass dessen Ressort nun in „ruhigeres Fahrwasser“ komme, um sogleich für das genaue Gegenteil von „Ruhe“ zu sorgen: „Allerdings glaube ich, dass die Turbulenzen der vergangenen Wochen im Ministerium auch Auswirkungen haben könnten auf den Zeitplan des Gebäudeenergiegesetzes.“ Und wenn Habecks Erklärung stimmen sollte, dass Graichens Fachkunde „unersetzlich“ für die Energiewende sei, „dann dürfen wir bedauerlicherweise daran zweifeln, dass das Parlament eine zügige Entscheidungsfindung vornehmen kann“.

Kubicki hat tatsächlich „bedauerlicherweise“ gesagt, obwohl jeder weiß, dass die FDP die Entscheidung um jeden Preis aufschieben will, weil man dort gemerkt hat, wie das Gesetz bei der eigenen Wählerschaft ankommt. Und dann erdrosselt er Habeck auch noch mit dessen eigenen Worten zur „Unersetzbarkeit“ des geschassten Staatssekretärs. Ja, so geht „böse“ – herrlich! In der Grünen-Zentrale müssen sie sich den Wutschaum vom Mund gewischt haben.

Immerhin ist Graichen jetzt frei von dem Theater. Oder nicht? Kaum ist er raus aus dem Amt, nimmt man seinen Doktortitel unter die Lupe. Aber ist das wirklich noch so eine große Nummer? So einen Titel zu führen, obwohl man ihn eigentlich gar nicht ... also das gehört im deutschen Politikbetrieb doch fast schon zur Routine. Außerdem bekommt er drei Monate lang sein volles Gehalt von etwa 15.000 Euro weiterbezahlt. Danach winkt ein Ruhegeld von immerhin rund 10.000. Es mag einen belasten, Staatssekretär zu sein, aber Staatssekretär gewesen zu sein, das ist schon eine prima Sache.

Dabei ist sehr fraglich, ob es zu diesem „Danach“ überhaupt kommt. Im weitverzweigten grünen Versorgungswerk wird sich für Graichen zeitnah ein neuer lukrativer Posten finden lassen. Sein bisheriger Staatssekretärskollege Udo Philipp könnte doch mal seine privaten Firmenbeteiligungen durchforsten, ob ein Betrieb dabei ist, wo man den Graichen unterbringen könnte. Philipp könnte aber auch der nächste Graichen werden. Er hat dem Habeck-Ministerium einen Berater angedient, in dessen Fonds er selbst investiert ist.

Wir würden gern erfahren, wo eigentlich das Ende dieses grünen Filzteppichs zu finden ist. Man will uns mit der Information stilllegen, dass jener Berater „ehrenamtlich“ für das Ministerium arbeite. Wie sollen wir das einordnen? Ist es ansonsten also üblich, dass man für das Geschenk einer derart reizvollen Einflussposition im Hause Habeck auch noch Geld bekommt?

Wie weit die Maßstäbe in unserem Land ins Rutschen geraten sind, offenbart ein ansonsten tadelloser Autor, der hinter dem ganzen Kram bloß eine Kampagne gegen den Klimaminister wittert. Und der deshalb beinhart zurückbolzt. Zum Vorwurf der Vetternwirtschaft schreibt er: „Nur liebe Familienunternehmer: Was ist eigentlich Vetternwirtschaft? Dem Schwager einen Posten zu versprechen? Dem Freund einen Auftrag? Bei wem das nicht so läuft, der werfe den ersten Stein.“

Der „Spiegel“ ist jetzt „rechtsextrem“
Somit ist also ein mit Steuergeldern betriebenes Bundesministerium auch nichts anderes als ein aus privaten Einnahmen finanziertes Familienunternehmen? Und daher sollen sich diese selbstgerechten Unternehmer mal nicht so aufplustern? Meint er das ernst? Diese Gleichsetzung von Staats- und Familienwesen hatten wir eigentlich mit dem Ende der Feudalherrschaft begraben. Nun ist sie mit verblüffender Selbstverständlichkeit wieder aufgetaucht. Wenn demnächst jemand fragt, wie diese Filzokraten eigentlich ticken, heißt die Antwort: Schlag nach im Barock.

Wobei die familiären Verbindungen zwischen den damaligen Herrscherfamilien nicht selten weit über politische Gräben hinwegreichten, weshalb selbst eng verwandte Herrscherhäuser Krieg gegeneinander führten. Krieg kann man auch das nennen, was FDP und Grüne derzeit in der Ampel aufführen. Dennoch hat FDP-Verkehrsminister Volker Wissing versucht, Stefan Birkner als neuen Chef der Autobahn GmbH durchzudrücken. Und der ist verheiratet mit der Schwester der Ehefrau von: Robert Habeck.

Wobei wir allerdings davon ausgehen können, dass die verwandtschaftlichen Bande nicht ausschlaggebend waren für Wissings Vorstoß. Birkner hatte im vergangenen Jahr als FDP-Landeschef und Spitzenkandidat die Niedersachsen-Wahl in den Sand gesetzt – 4,7 Prozent, parlamentarische Todeszone – und stand seitdem karrieretechnisch wohl etwas auf dem Schlauch. Da wollte der Parteifreund in Berlin sicherlich behilflich sein, ging die Sache aber ziemlich blöde an.

Der Verkehrsminister hat nämlich nur ein Vorschlagsrecht für den Posten des Geschäftsführers der Autobahn GmbH, das er normalerweise diskret ausübt. Wissing aber machte seine Empfehlung für Birkner sogleich öffentlich, vielleicht wollte er damit ein wenig Druck ausüben auf den Aufsichtsrat der GmbH. Der aber ließ den Minister auflaufen und knallte Birkner mit zornigen Worten die Tür vor der Nase zu.

Wissing wird's verkraften, und für Birkner findet sich bestimmt etwas anderes, also alles halb so wild. Bei den Grünen dagegen geht der Katzenjammer immer weiter. Nicht nur, dass sie bei der jüngsten INSA-Umfrage schon drei Punkte hinter der AfD liegen (14 zu 17 Prozent). Nun macht sich auch noch der „Spiegel“ über sie lustig. Sie haben das Titelbild vielleicht am Kiosk gesehen: Habeck als verzweifelter Handwerker vor einer demolierten Heizung mit einer noch verpackten Wärmepumpe hinter ihm, Überschrift: „Operation Wärmepumpe. Teuer und umstritten: Mit grünem Übereifer ins Chaos.“

Das war zu viel. Sogenannte Klima-Journalisten und grüne Blogger heulen auf vor Schmerz. Sie schimpfen über eine „fossile Kampagne und Lügenpropaganda“, nennen den „Spiegel“ giftig „rechtsextrem“. Selbstironie? Helmut Kohl („Birne“) unterhielt seine Gäste weiland damit, dass er ihnen Kohl-Witze erzählte. Kinder, ist das lange her!

Und der „Spiegel“-Titel ist noch gar nicht verdaut, da überrascht uns der Erdoğan-Herausforderer Kemal KılıÇdaroğlu mit der Ankündigung, bei einem Wahlsieg Millionen syrische Flüchtlinge in deren Heimat zurückzuschicken. Er werde das Land nicht denen überlassen, die „heute zehn Millionen Flüchtlinge unkontrolliert zu uns gebracht haben“, so der Sozialdemokrat, womit er Erdoğan meint. Das Entsetzen in der linken deutschen Presse kann man sich vorstellen.


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Kommentare

Hubert Holzner am 31.05.23, 16:44 Uhr

Kubicki mag der "alte Fuchs" aus dem Norden sein - aber für mich ist er typische dampfplaudernde Mr. Nutzlos im Parlament. Immer mal wieder so tun, als sei er gegen den idiotischen Mainstream - wenn es drauf ankommt, beim Abstimmungsverhalten ist er beim antiliberalen, grüntotalitären Mainstream dennoch. Wer nicht merkt, dass dieser Mann ein Blender aus einer sich selbst ad absurdum führenden Partei ist, dem ist nicht zu helfen.

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