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Königsberg

Johannes Briesmann lutherisierte Preußen

Der treue Gefolgsmann des Wittenberger Reformers heiratete sogar als erster evangelischer Prediger im alten Ordensstaat

Martin Stolzenau
16.09.2024

Albrecht von Brandenburg- Ansbach fungierte ab 1511 als Hochmeister des Deutschen Ordens. Dabei regierte er den schon länger schwächelnden Ordensstaat und litt zugleich unter den drückenden Bedingungen der im Jahr 1521 ausgehandelten Waffenstillstandsvereinbarungen mit dem übermächtigen Nachbarn Polen.

Deshalb suchte er auf einer Reise Unterstützung bei verschiedenen deutschen Reichsfürsten. Doch das blieb ohne Erfolg. Parallel erschloss er sich die Schriften Martin Luthers, mit dem er sich heimlich traf, um dessen Rat einzuholen. Der Reformator riet ihm, „er möge die thörichte und verkehrte Ordensregel bei Seite werfen, in den Ehestand treten und den Ordensstaat in einen weltlichen Staat verwandeln“. Albrecht folgte diesem Rat.

Luther indes schickte dem neuen Verbündeten evangelische Prediger, „evangelische Tractate“ und weitere Ratschläge. Einer der ersten Luther-Vertrauten, die im Ordensland für die Verbreitung des Neuen Glaubens sorgten, war Johannes Briesmann. Der vormalige Franziskaner genoss das besondere Vertrauen des Wittenberger Reformators und spielte in der Folge bei der Konsolidierung des neuen Herzogtums im lutherischen Glauben eine Schlüsselrolle. Damit wirkte er auch über seinen Tod vor 475 Jahren hinaus in Preußen nach.

Johannes Briesmann wurde am 31. Dezember 1488 in Cottbus geboren. Er entstammte einer angesehenen Bürgerfamilie der Stadt. Sein Großvater ist als zweiter Bürgermeister überliefert. Auch der Vater hatte städtische Ämter inne. Sohn Johannes jedoch war für die kirchliche Laufbahn vorgesehen. Aber der kirchliche Prunk und die Pfründewirtschaft der Kirchenoberen stießen ihn schon in seiner Jugend ab. Deshalb verwundert es nicht, dass Briesmann 1510 dem Orden der Franziskaner beitrat. Der Orden, der von Franz von Assisi gegründet worden war, hatte in Cottbus einen wichtigen Stützpunkt für die Lausitz. Er verkörpert das Armutsideal und gilt als erster Bettelorden.

Enges Band zu Luther
Der überzeugte Franziskaner Briesmann erlangte im Orden zusätzliche Bildung, studierte ab 1518 in Frankfurt/Oder unter Konrad Wimpina hauptsächlich Theologie und erlebte 1519 als Zuhörer die berühmte Leipziger Disputation, in der Martin Luther seine Ansichten verteidigte. Der Franziskaner aus Cottbus wurde nun Lutheraner, setzte sein Studium in Wittenberg unter Luther fort und promovierte schließlich in der Lutherstadt zum Dr. theol. Er wurde anschließend von der Theologischen Fakultät als Lehrkraft übernommen. Doch während Luthers Aufenthalt auf der Wartburg kam es zur „Wittenberger Bewegung“, die Veränderungen einleitete, die teilweise über die Absichten des Reformators hinausgingen. Das reichte von der „Bilderstürmerei“ bis zur Ausweisung des lutherischen Ex-Franziskaners Briesmann. Der kehrte nach Cottbus zurück, wo er mit seiner lutherischen Agitation und der Lutherschrift „Unterricht und Ermahnung“ für beträchtliches Aufsehen sorgte. Doch lange blieb Briesmann nicht in seiner Vaterstadt. Luther sorgte noch Ende 1522 für die Rückkehr nach Wittenberg.

Der Reformator hatte inzwischen die Wogen in seiner Hochburg geglättet und wählte Briesmann unter seinen Anhängern als Hilfe für den Hochmeister Albrecht aus. Nach kurzem Briefwechsel mit Königsberg wechselte der Lutherjünger im Juni 1523 nach Preußen, wo er vom Hochmeister und dessen Bischof Georg von Polenz, der ebenfalls mit der Neuen Lehre sympathisierte, schon erwartet wurde. Man stimmte sich ab und handelte. Albrecht nahm die politische Umwandlung des Ordensstaates in ein Herzogtum in Angriff. Briesmann und Polenz betrieben die Einführung der lutherischen Lehre. Der Luther-Vertraute hielt am 27. September 1523 seine erste öffentliche Predigt, die viel Beachtung und Aufmerksamkeit fand. Weitere folgten in schneller Folge. Sie waren nach Berichten von Zeitgenossen überaus geistvoll sowie überzeugend, sorgten für einen Massenansturm und begleiteten die Säkularisation des Ordensstaates. Briesmann leitete Mitstreiter an, entwickelte in Anlehnung an sein Wittenberger Vorbild ein 110-Thesen-Papier, das sich mit der Freiheit des Christenmenschen befasste, und erhielt aus Wittenberg Prediger- Verstärkung. Sie reichte von Paul Speratus bis zu Johann Poliander.

Kirchenordnung Preußens
Nun ging es Schlag auf Schlag. Albrecht erklärte den Ordensstaat zum weltlichen Herzogtum und führte noch 1525 die Neue Lehre offiziell ein. Briesmann erarbeitete mit Polenz eine neue Kirchenordnung, wurde Mitglied des Regierungskollegiums und heiratete als erster evangelischer Prediger des Herzogtums. Seine Frau war die vorherige Äbtissin des Marienklosters Löbenicht bei Königsberg. Ab 1527 sorgte er von Riga aus als Domprediger für die Durchsetzung der Reformation in Livland. Nach seiner Rückkehr nach Königsberg war er in vielen Führungsämtern tätig. Er überarbeitete seine erste Kirchenordnung für Preußen, gehörte darüber hinaus zu den Vätern der neuen Königsberger Universität und lehnte stets lukrative Angebote aus dem Reich ab. Denn er wollte sein Werk in Preußen vollenden. Doch die engagierte Arbeit forderte zu guter Letzt Tribut. Briesmann erkrankte. Dazu kam die Pest.

Briesmann zählte zu ihren Opfern. Er starb am 1. Oktober 1549 in Königsberg und erhielt im Chor des Königsberger Doms seine letzte Ruhe.

Weiterführende Literatur: Heinz Endermann: Johannes Briesmann – ein Reformator aus Cottbus. In: Geschichte und Gegenwart des Bezirkes Cottbus. Band 22. Cottbus 1988)


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