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Jörn Pekrul, Jörg Geerlings, Bärbel Beutner (v.l.o.), Marta Einars, Arnold Piklaps, Rasa Miuller (v.l.u.) – alle Referenten bestachen durch hochwertigste Fachreferate
Foto: Eckard JagallaJörn Pekrul, Jörg Geerlings, Bärbel Beutner (v.l.o.), Marta Einars, Arnold Piklaps, Rasa Miuller (v.l.u.) – alle Referenten bestachen durch hochwertigste Fachreferate

Festveranstaltung/Düsseldorf

Jubiläum der Ostpreußen in NRW

Seit 75 Jahren die Interessen der Vertriebenen im Fokus – Der wehmütige Blick zurück wurde zum mutigen Ausblick nach vorn

Bärbel Beutner
13.11.2024

Die Landsmannschaft Ostpreußen, Landesgruppe NRW beging am Sonnabend, den 19. Oktober ihr 75-jähriges Bestehen. Gründungsdatum war der 25. April 1949. Die Feier fand im Gerhart-Hauptmann-Haus (vormals das Haus des deutschen Ostens), gegründet auf Initiative durch Erich Grimoni, erster Vorsitzender der Landesgruppe, in Düsseldorf statt.

Am Donnerstag, den 17. Oktober, kamen Arnold Piklaps und Rasa Miuller vom Simon-Dach-Haus aus Memel an. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag traf der Schülerchor des Hermann-Sudermann-Gymnasiums in Memel mit den Lehrerinnen Asta Alminé und Marta Einars ein.

Für die Gäste fand am Freitag ein Vorprogramm in Düsseldorf und Solingen statt. Jörg Geerlings MdL, CDU-Fraktion, führte die Gruppe durch den Landtag und stellte im Plenarsaal das politische System in Nordrhein-Westfalen vor. Es entwickelte sich ein reger Meinungsaustausch zwischen dem Referenten und den Gästen. Die Gedenkstätte auf Schloss Burg wurde anschließend besucht. Der Tag wurde durch eine Bergische Kaffeetafel abgerundet.

Ostpreußische Spezialitäten
Die Gedenk- und Kulturveranstaltung am 19. Oktober sollte um 13 Uhr beginnen. Um dies zu schaffen, erfolgte die Vorbereitung bereits ab 9 Uhr. Das anspruchsvolle Programm verlangte eine funktionierende Technik, der Chor probte, für das leibliche Wohl wurden Geschirr, Getränke und Gebäck bereitgestellt. Am Eingang des Saales entstand eine Theke, auf der ostpreußische Spezialitäten angeboten wurden. Die Besucher konnten Bärenfang, Nikolaschka und Marzipan, aber auch Bücher und Postkarten sowie alte Fotos erwerben. Das Angebot fand großen Anklang. Geschickte Hände dekorierten zudem die Bühne und die bereitgestellten Stehtische mit allerlei an Früchten, Nüssen, Kürbissen und Äpfeln – ein wahrhaftiger Erntedank.

Das Programm eröffnete die Gruppe „Geigenleut“ unter Leitung von Winfried S. Küttner mit einem musikalischen Schritt ins Memelland. Der Vorsitzende der LO NRW, Klaus-Arno Lemke, begrüßte die Anwesenden zu einem Fest, das nicht nur „zum Jubeln“ einlud. Auch in ein „Jubiläum“ dringt der Schmerz über den Heimatverlust vor nunmehr 80 Jahren. Andererseits habe die Landesgruppe NRW seit 75 Jahren unermüdlich für die Belange der Vertriebenen, für das heimatliche Erbe, für die grenzüberschreitende Kulturarbeit, für Versöhnung und Freundschaft mit den heutigen Bewohnern und damit für Frieden in Europa gearbeitet. Somit sei ein solcher Tag eben ein Grund zu einer festlichen Veranstaltung.

Hoffnung in dunklen Zeiten
Gedankt wurde für die übermittelten Grußworte von Heiko Hendriks, Beauftragter für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern des Landes NRW, Jochen Ott, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag, Jörg Geerlings für die CDU-Fraktion, Rudi Pawelka, Vorsitzender des BdV Landesverbandes NRW. Vorgetragen wurde das Grußwort des Sprechers der Landsmannschaft Ostpreußen, Stephan Grigat. Hierin erinnerte der Sprecher: Als die Landesgruppe NRW im April 1949 gegründet wurde, gab es die Bundesrepublik Deutschland noch nicht.

Das Kantjahr 2024 soll auch in NRW gebührend begangen werden, betonte der Vorsitzende und begrüßte den Referenten Jörn Prekul aus Berlin, der einen zweiteiligen Vortrag über den Philosophen Immanuel Kant (1724–1804) halten sollte. Mit einigen Kant-Zitaten stimmte Lemke das Publikum darauf ein und versprach, dass die Landsleute in NRW weiterhin ihre Pflicht für die Heimat und für den Frieden wahrnehmen werden.

Winfrid S. Küttner, Musiker und Pastor, hielt eine bewegende Andacht, in der er an das Leid der deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen erinnerte, welches sich leider in der heutigen Welt wiederholt. Er nannte zugleich Beispiele der Hoffnung und des Lebenswillens. Alles kleine Wunder, die es auch in schlimmsten Zeiten immer wieder gibt. An die Andacht schloss sich die Totenehrung an. Hier wurde, stellvertretend für alle Heimgerufenen, an den im Januar verstorbenen Ehrenvorsitzenden Ehrenfried Mathiak gedacht. Das bewegende Musikstück „Der Traum“ wurde gleichsam zur Brücke zum zweiteiligen Vortrag von Pekrul „Königsberg und Kant – bis heute gemeinsam für die Aufklärung“.

Mit Kant auf Streifzug
Als „Doppelbiographie“ war der Vortrag im Programm angekündigt – „doppelt“ insofern, als die Geschichte der Stadt Königsberg vorgestellt wurde und der Philosoph Kant, der mit seiner Vaterstadt „eine Einheit“ bilden würde wie selten jemand anderes in der Geschichte.

Mit reichem Bildmaterial nahm Pekrul seine Zuschauer mit auf die Reise nach Königsberg. Da ging es zunächst in die Ordenszeit, dann trat Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach auf (1490–1568), der letzte Hochmeister des Ordens, der das Ordensland in ein weltliches Herzogtum umwandelte und die Reformation einführte. Unter Herzog Albrecht entstand ein geistiges und kulturelles Zentrum am Pregel. Ein erster Höhepunkt war schließlich die Gründung der Universität im Jahr 1544.
Pekrul ging auf die Frühaufklärung ein und hob – sozusagen als „Laune der Geschichte“ – hervor, dass die drei Teilstädte Altstadt, Kneiphof und Löbenicht im Geburtsjahr Kants 1724 unter eine gemeinsame Verwaltung gestellt wurden. Königsberg sollte zum Zentrum der Aufklärung werden.

Im zweiten Teil des Vortrags folgte das Publikum den Wegen Kants durch seine Vaterstadt. Dabei schilderte der Referent das Leben des Philosophen, seine Herkunft, seine akademische Laufbahn, seine verschiedenen Fachbereiche, seine Genialität und ebenso seine Eigenarten. Der überaus lebendige Vortrag mit Gedichteinlagen und Anekdoten „zauberte“ Kant und das Königsberg des 18. Jahrhunderts geradezu nach Düsseldorf. Der Schritt ins Heute, die Aktualität Kants angesichts der modernen Medien, wie KI, sorgte für viel Gesprächsstoff bei den überaus begeisterten Zuhörern.

Emotionales Liedgut
Die Musik prägte den weiteren Verlauf des Programms. Die Freude über die jungen Gesichter und Stimmen des Schülerchores aus Memel sah man dem Publikum an. Die Lieder „Zogen einst fünf wilde Schwäne“ und „Ännchen von Tharau“ bewegten die Seelen. Rasa Miuller stellte Simon Dach, den Dichter des „Ännchen“ vor, der dem Haus des Deutschen Vereins in Memel und dem Brunnen am Theaterplatz den Namen gegeben hat. Ein sehr informativer Vortrag, zu dem eine kleine Ausstellung mitgebracht worden war. Als Arnold Piklaps über die Geschichte und die Aktivitäten des Deutschen Vereins berichtete, gab es ebenso nachdenkliche wie erfreute Gesichter. Die ostpreußische Kultur erreicht im Osten selbst eine breite Öffentlichkeit und wird hochgeschätzt.

Der Chor sang „Sag mir, wo die Blumen sind“ und „Über sieben Brücken musst du gehen“ – Lieder, die zu dem Beitrag von Marta Einars passten, die an der Geschichte ihres Vaters das Schicksal der Wolfskinder in Litauen schilderte. Doch Hoffnung, Freude und Gottvertrauen, das alles überwog bei dem vielfältigen Repertoire. Das fröhliche „Veronika, der Lenz ist da“ wischte einige Tränen über die Wolfskinder fort. Ja, der Lenz kommt immer wieder.

Das Ostpreußenlied bildete den Abschluss der Feier. Asta Almine, die Leiterin des Schülerchores, begleitete am Flügel einen kräftigen, erhebenden Gesang.


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Kommentare

sitra achra am 13.11.24, 15:47 Uhr

Die Westdeutschen haben den "wahren Osten" schon längst abgeschrieben (Mitteldeutschland wird von ihnen gar als Ostdeutschland ausgegeben) und warten nicht mehr lange auf das Aussterben der vertriebenen Erlebnisgeneration. Dann kann der Mantel des immerwährenden Schweigens über den Verlust der seit dem 1."Wk" kleptokratisch entwendeten Hälfte des deutschen Staatsgebietes gebreitet werden.
Die dem geplanten Ethnozid knapp entkommenen Vertriebenen sind ja nun wundersam "integriert", was auch immer das heißen mag. Jedenfalls ist man noch einmal gerade so mit dem nackten Leben davongekommen. Und jetzt leben unsere aus West- und Ostpreußen stammenden Familien schon in der 3.Generation in der Diaspora.
In dieses sinnentleerte kulturelle und geschichtliche Vakuum der westdeutschen Verdrängungsgesellschaft kann man sich nicht integrieren, ohne seine Identität zu verlieren. Aber ohne Ranküne oder Schadenfreude muss man feststellen, dass die Westdeutschen dabei sind, sich durch unkontrollierte Masseneinwanderung selbst abzuschaffen. Doch wohin sollen sie sich wenden, wenn einmal der Dachstuhl brennt?

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