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Leipziger Rechtsprofessor warnt vor Unterwanderung durch „extreme politische Kräfte“
An den Amts- und Landgerichten wirken über 60.000 Schöffen an der Entscheidungsfindung in Strafverfahren gegen Erwachsene mit. Sie sollen Lebensnähe, gesunden Menschenverstand und soziales Wissen einbringen, das den Berufsrichtern manchmal fehlt. Letztere sehen in den Schöffen oft aber nur unbequeme Elemente. Daraus resultiert die neuerdings immer lauter werdende Forderung nach einer Abschaffung der Laienrichter.
Besonders entschieden wurde diese nun in einem Beitrag in dem juristischen Online-Magazin „Legal Tribune Online“ (LTO) vorgebracht. Darin bezeichnet Oliver Harry Gerson, derzeit Inhaber der Professur für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht, Strafrechtsvergleichung und Rechtsphilosophie an der Universität Leipzig, die Schöffen als „überholte Ornamente des Misstrauens“ gegenüber den Berufsrichtern in ihrer Eigenschaft als Repräsentanten der Dritten Gewalt.
Im Einzelnen bemängelt Gerson dabei die mangelhafte Beherrschung der juristischen Fachsprache durch die Schöffen, was deren Beteiligung an der Anwendung von Rechtsnormen „wertlos“ mache. Darüber hinaus fehle es den Schöffen vielfach auch an „Fachwissen, Intelligenz und Urteilskompetenz“. Ihr Beitrag zur Urteilsfindung sei „bestenfalls subjektiv“ und von „individuellen Einschätzungen geprägt ... Der Mann ... ‚von der Straße' hat zu den etwaigen Geschehnissen auch eine Meinung, nicht zwangsläufig allerdings eine weiterführende Ahnung.“ Deshalb gelte für die Schöffen: „Das Bauchgefühl von Dritten genießt keinen Sonderstatus unter den übrigen verfahrensfremden subjektiven Meinungen.“
Gerson kritisiert das Auswahl- und Bestätigungsverfahren für Schöffen und meint: „Ein weiterer demokratietheoretischer Missstand offenbart sich in der negativen Symbolkraft der Institution Schöffe. Ihre Existenz basiert auf einem historisch gewachsenen, prinzipiellen Argwohn gegenüber der Justiz. Sie bilden eine Reminiszenz an vergangene Tage, in denen der Bürger dem Staat so skeptisch gegenüberstand, dass er ... lieber von seinen Nachbarn als von einem ihm völlig fremden Richter verurteilt werden wollte.“
Danach vergleicht der Jurist die Schöffen mit Telefonzellen: „Was einst sinnvoll und praktikabel war, hat sich ... überlebt und ist in seiner Funktion sogar pervertiert worden.“ Nicht selten seien Laien in der Justiz „offene Flanken für Angriffe von extremen politischen Kräften“.
So bestehe die akute „Gefahr, dass politische Parteien und Interessengruppen, darunter auch demokratie- und rechtsstaatsfeindliche Akteure, Schöffenlisten ‚kapern', um auf diese Weise ideologisch munitionierte Personen in die Justiz einzuschleusen“. Mit dieser Formulierung will Gerson wohl belegen, dass auch der „Kampf gegen rechts“ eine Abschaffung der Schöffen und die „,Kontrolle' des Gerichts“ durch „andere, weitaus geeignetere Protagonisten“ gebiete. Das sollen kurioserweise vor allem die Staatsanwälte sein.