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Der Nachfolger von Donald Trump will wieder stärker mit den Bündnispartnern in Europa kooperieren. Doch schon vorab erweisen sich Brüssel und Berlin in der Frage verbesserter Beziehungen als kurzsichtig
Wer von einem „Putsch“ spricht, der in den USA 14 Tage vor der Inauguration des 46. Präsidenten Joe Biden versucht worden sei, überschätzt die strategische Intelligenz des vermeintlichen Drahtziehers. Zwar handelte es sich um radikale Anhänger von Donald Trump, die am 6. Januar nach einer aufpeitschenden Rede des Noch-Präsidenten gewaltsam das Kapitol stürmten, Verwüstungen anrichteten und damit den Tod von fünf Menschen auslösten.
Aber nichts deutet auf einen Plan hin, auf eine Idee, wie man durch diese Aktion der Demokratieverachtung und des Vandalismus die Macht hätte übernehmen oder die Amtszeit des Wahlverlierers Trump hätte verlängern können. Trump hatte zwar aufgerufen, „lasst uns die Pennsylvania Avenue runtergehen“, die Magistrale zwischen Weißem Haus und Kongress, um dort die zögerlichen unter den Republikanern dazu aufzurufen, gegen die Anerkennung des Wahlsiegs von Biden zu stimmen. Aber was dann passierte, wurde zwar von Trump offenkundig gern gesehen (das seien eben Entwicklungen, zu denen es komme, wenn man ihm einen „erdrutschartigen Sieg stehle“, twitterte er), doch konzipiert worden war dieser anarchische Ausbruch von ihm nicht.
Tiefe Gräben
Jetzt gilt es, nach vorne zu blicken. Trump verrückte die Welt und Trump verrückte die USA – und Joe Biden hat versprochen, die Nation wieder zusammenzuführen. Wird jetzt also wieder alles gut in Amerika und alles einvernehmlich in der internationalen Politik und im transatlantischen Verhältnis gerade auch zwischen Washington und Berlin?
Blicken wir zunächst auf die Vereinigten Staaten: Jedes faktische Zwei-Parteien-System neigt zur Polarisierung. George W. Bush (weniger durch den Irak-Krieg als durch die anhaltende Verstrickung der US-Truppen in diese Kampfarena) und Barack Obama (durch eine notwendige, aber in ihren Grundlagen von einem Großteil der Bevölkerung als „sozialistisch“ empfundene Gesundheitsreform) haben den Antagonismus zwischen Republikanern und Demokraten verschärft. Endgültig zum Schimpfwort wurden Kompromisse durch Trump.
Und während die Republikaner nach rechts gerückt sind, wanderten die Demokraten nach links. Biden jedoch ist ein gemäßigter Demokrat, sein Appell zur Aussöhnung ist erkennbar ernst gemeint. Für Biden heißt das: Er darf keine radikalen Reformen angehen, wie sie vom linken Flügel um Abgeordnete wie Alexandria Ocasio-Cortez oder Senatorin Elizabeth Warren und den formal unabhängigen „demokratischen Sozialisten“ Bernie Sanders in Sachen Green New Deal und Steuererhöhungen gefordert werden.
Biden versprach eine Erhöhung der Einkommenssteuer für Jahresverdienste oberhalb von 400.000 Dollar. Das wird in manchen Bundesstaaten, die bereits hohe Steuersätze haben wie Kalifornien oder New York, zu einer Belastung der Spitzeneinkommen von bis zu 62 Prozent führen. In einer Zeit, in der sich die US-Wirtschaft aus den Corona-Verheerungen herauskämpfen muss, ist dies nicht sehr klug.
Folgen für die Verbündeten
Zur Außenpolitik: Der nächste Präsident ist ein überzeugter Transatlantiker. Biden wird die NATO nicht länger in Frage stellen – aber seine Verbündeten weiterhin an die Selbstverpflichtung erinnern, zwei Prozent des Bruttosozialprodukts für die Verteidigung auszugeben. Deutschland (2019: 1,36 Prozent) muss da also deutlich zulegen, will es sich auch langfristig des strategischen Rückhalts durch die USA versichern.
Biden will zudem zurückkehren in das Pariser Klima-Abkommen, das von Barack Obama unterzeichnet und von Trump aufgekündigt wurde. Ob es ihm gelingt, einen neuen gemeinsamen Nenner mit Russland, China und den Europäern in Sachen eines modifizierten Atomabkommens mit dem Iran zu finden, ist hingegen zweifelhaft – schon wegen der Spannungen zwischen Washington und Peking.
Dies ist einer der wichtigsten Punkte der künftigen US-Außenpolitik: Trump hatte auf diesem Feld in zwei Regionen Erfolge. Er brachte Bewegung in die Nahost-Politik, wo die USA eine Normalisierung der Beziehungen Israels zu Bahrain, Sudan, Emiraten und zuletzt Marokko vermittelten. Das ist mehr als alle Präsidenten seit George H.W. Bush gemeinsam an Fortschritt in dieser Region erreichten. Und Trump fokussierte den Blick auf den aktuellen Wettkampf mit China um die globale Dominanz. Aber Trump war auch zu arrogant und uneinsichtig, um die Europäer zur Beteiligung an seiner Strategie einzuladen.
Unruhige Zeiten
Jetzt jedoch, wo Biden die Hand zur Zusammenarbeit ausstreckt, verweigern sich Europa und namentlich Deutschland. Unmittelbar vor dem Jahreswechsel unterzeichneten die EU und China ein Investitionsabkommen. Dabei hatte der künftige Präsident durch seine Emissäre dringlich darum gebeten, dies bis nach seiner Amtseinführung aufzuschieben und dann eine gemeinsame Strategie gegenüber Peking zu entwickeln. Doch man wollte sich in Berlin nicht die Preise für die deutsche Wirtschaft im Reich der Mitte durch strategische Konzessionen an Washington verderben. Und so richtig es ist, dass der gigantische chinesische Markt für deutsche Exporteure unverzichtbar ist, so kurzsichtig ist es, dass Brüssel und Berlin Joe Biden unmittelbar vor dessen Einzug ins Weiße Haus in einer zentralen Frage der künftigen internationalen Politik die kalte Schulter zeigten.
Washington wird künftig wieder auf die enge Abstimmung mit Europa setzen. Verweigert man sich auf dieser Seite des Atlantiks, geht die Welt möglicherweise schwierigeren Zeiten entgegen, als wir sie unter dem skrupellosen Narzissten Donald Trump erlebten.
• Ansgar Graw ist Herausgeber des Debattenmagazins „TheEuropean.de“. Er war bis 2020 viele Jahre in leitenden journalistischen Funktionen für „Welt“ und „Welt am Sonntag“ tätig, unter anderem als politischer Chefkorrespondent in Washington D.C. (2009–2017). Zudem ist Graw Autor verschiedener Bücher, zuletzt „Trump verrückt(e) die Welt. Was nun?“ (Langen Müller 2020).
www.theeuropean.de
Siegfried Hermann am 16.01.21, 16:03 Uhr
Aktualisierung:
Es kursieren im Netz Berichte, wonach Biden die Atomraketen-Codes an die Chinesen verkauft hat und nach Amtseinführung übergeben wird.
Das wird die Generalität auf keinen Fall zulassen! link. Pelosi.
btw Trump
Trump ist der erste US-Präsident in der Neuzeit überhaupt, der KEINEN Krieg angezettelt hat und einige hochgradige Konflikte gelöscht bzw. beruhigt hat.
Mi. werden wir weiter sehen.
Andreas Prieß am 14.01.21, 14:54 Uhr
Bin sehr gespannt wie lange der senile Biden Präsident ist. Von vielen schon vergessen,Donald Trump hat uns Europäern den TTIP erspart. Er ist gegen die Globalisierung und One World und musste deshalb weg. Ohne den Wahlbetrug wäre er noch sicherlich im Amt geblieben. Viele werden sich bald schon wundern,was sie sich mit Biden und Harris eingehandelt haben. Ich erwähne nur Ukraine ,Syrien und Iran. Dort wird es schon bald krachen.Mit der Aussage ,dass Trump ein skrupelloser Narzisst ist ,erfährt man, in welcher Schule der Autor sein Handwerk gelernt hat. Trump mag ein Trampeltier sein, aber sicherlich der beste und friedlichste Präsident der USA seit Kennedy.
sitra achra am 14.01.21, 11:07 Uhr
Die USA sind tief gespalten. Beide Seiten stehen sich unnachgiebig gegenüber.
Dieser Sachverhalt wird den Riesen lähmen und seinen Einfluss in der Welt einschränken.
Europa tut recht daran, sich nicht durch erpresserische Drohungen von jenseits des Atlantiks einschüchtern zu lassen und seine Interessen selbst in die Hand zu nehmen.
Eine Annäherung an die Russische Föderation wäre der nächste sinnvolle Schritt.
Jan Kerzel am 13.01.21, 16:47 Uhr
Was die " Amerikaner" wollen und das, was gemacht wird, sind zwei Paar Stiefel. Wir sollten uns nicht an der künstlichen und für uns irrelevanten Feindessuche der USA beteiligen, sondern unsere (wenigen) Optionen nach dem Prinzip des gegenseitigen Nutzens realisieren. Die USA als Ordnungsmacht in Europa , fraglich, die Ergebnisse sind desolat, der Nutzen geht gegen Null. Ich hoffe, die Zeiten sind vorbei, wo die USA den Klingelbeutel herumreicht, um Pinke für ihre völkerrechtswidrigen Kriege zu sammeln.