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Veranstaltungen für Groß und Klein im Dohnaturm – Das Bernsteinmuseum zeigte anlässlich des Festtags seltene Exponate
Am 21. Juli organisierte das Bernsteinmuseum in Königsberg ein traditionelles Sommerfest für Gäste jeden Alters – den „Tag des Bernsteins“. In mehreren Museumsräumen fanden Konzerte, Ratespiele mit Preisen für Kinder und Erwachsene, Handwerks-kurse, ein Markt der örtlichen Bernsteinschmuck-Designer, ein Vortrag über die Geschichte der Königsberger Staatlichen Bernsteinmanufaktur und vieles mehr statt. Die Teilnahme an den meisten Veranstaltungen erfolgte mit einer normalen Eintrittskarte ins Museum, es gab aber auch freie Veranstaltungen auf dem anliegenden Gelände.
Die musikalische Einstimmung des Feiertags begann vor den Toren des Dohnaturmes mit einem Jazz-Konzert. Anschließend erhielten die Gäste Broschüren zu einer interessanten Quiz-Führung durch die Ausstellung und konnten durch die Beantwortung von Fragen kleine Geschenke gewinnen. Um 11 Uhr öffnete im Innenhof des Museums ein Kreativbereich für Kinder und Eltern. Junge Besucher konnten mit eigenen Händen unter Anleitung von erfahrenen Kunsthandwerkern Spielzeuge und Amulette aus Bernstein herstellen.
Für diejenigen, die mehr über Bernstein erfahren wollten, gab es im Souterrain einen Rundgang durch die Ausstellung „Bernstein vereinigt die Welt“ über die Traditionen der Bernsteinverarbeitung in verschiedenen Ländern Europas und Asiens.
Vortrag zur Geschichte der Bernsteinmanufaktur Königsberg
Einer der Höhepunkte des Festtages war der Vortrag „Geschichte der Königsberger Staatlichen Bernsteinmanufaktur (SBM)“ von Victoria Restschikowa, der Forscherin und wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Bernsteinmuseums. Sie berichtete über die Geschichte des Industrieriesen SBM in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, über die wichtigsten Künstler und Produkte des Unternehmens.
Die Staatliche Bernsteinmanufaktur Königsberg wurde 1926 als Aktiengesellschaft mit Niederlassungen in Berlin und Danzig gegründet und hat sich danach zum weltweit größten Unternehmen für die Gewinnung und Verarbeitung von Bernstein entwickelt. Der Bernsteinabbau erfolgte damals wie heute in Palmnicken, wo auch die primäre Verarbeitung und Sortierung des Bernsteins stattfand. Königsberg wurde zum Zentrum der Endverarbeitung. Hier befand sich auch die Direktion der Manufaktur.
Das hohe künstlerische Niveau ihrer Massenproduktion trug maßgeblich zur Popularisierung von Bernsteinprodukten weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bei. Seit den frühen 1930er Jahren wurde eine breit angelegte Werbekampagne gestartet, um das „deutsche Gold“ weltweit bekannt zu machen. In Palmnicken wurde schon damals der „Tag des Bernsteins“ gefeiert, wo im Rahmen eines farbenfrohen Umzugs riesige Nachbildungen hergestellter Produkte wie Olivenketten oder Mundstücke vorge-führt wurden.
In vielen Vitrinen des Bernsteinmuseums werden auch heutzutage zahlreiche SBM-Produkte gezeigt: Schmuckschatullen, Schreibutensilien, Kerzenständer und Pokale, die mit harmonisch ausgewählten Bernsteinstücken dekoriert sind. Die Kunst-objekte zeichnen sich durch eine klare, schlichte und elegante Form aus.
Der berühmte ostpreußische Künstler Hermann Brachert ist vor allem als Bildhauer bekannt. Aber einen wichtigen Abschnitt seines Lebens stellte seine Tätigkeit als künstlerischer Berater für die Staatliche Bernsteinmanufaktur in Königsberg dar. Er wurde engagiert, um in der späten Weimarer Zeit die Bernsteinindustrie wiederzubeleben. Für den Bildhauer war dies eine völlig neue Aufgabe. Brachert war an der Entwicklung des Designs von Bernsteinprodukten beteiligt und schuf zahlreiche Modelle und Skulpturen. Zu Bracherts Vorschlägen zur „Wiederbelebung“ des Interesses an Bernstein gehörten: die Verbesserung der Qualität von Industrieprodukten, die Darstellung der Eigenheiten des Schmucksteins in einem günstigen Licht, seine Kombina-tion mit Silber, Porzellan, Holz und Leder.
In der schwierigen politischen Zeit von 1933 bis 1935 wurde Bracherts Tätigkeit als Berater der Bernsteinmanufaktur aus politischen Gründen eingestellt. Doch Ende 1935 erhielt die SBM den Auftrag, Sportpokale und Auszeichnungen für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin herzustellen, und in dieser Situation waren Bracherts Talent und Erfahrung erneut gefragt – er wurde auf seine bisherige Position zurückgeholt. Die neue Periode in der Manufaktur wurde zur fruchtbarsten im Schaffen des Künstlers.
Brachert hat es geschafft, die Bernsteinproduktion auf moderne Art und Weise neu aufzubauen und mit hochqualitativen und vor allem modernen künstlerischen Erzeugnissen neue Bernsteinfans zu gewinnen. Die 1930er und 1940er Jahre sind als zweites goldenes Zeitalter der Bernsteinverarbeitungskunst nach ihrem „200-jährigen Stillstand“ in die Geschichte eingegangen, so Restschikowa.
Nach dem Vortrag konnten Besucher eine neue einzigartige illustrierte Publikation des Bernsteinmuseums – das Buch „Geschichte der Königsberger Bernsteinmanufaktur“ von Victoria Restschikowa erwerben.
Bernsteinschale von Brachert
Unbedingt sehenswert war an dem Tag ein einzigartiges Exponat auf einem Ehrenplatz – eine Bernsteinschale von Brachert aus den 30er Jahren, die das Bernsteinmuseum – laut Werbung – nur einen Tag lang der Öffentlichkeit präsentieren hatte. Die Schale ist aus Silber gefertigt und mit 150 sorgfältig aufeinander abgestimmten Bernsteinstücken verziert. Das Museum hat die Schale vor einigen Monaten bei einer Versteigerung von einem Privatsammler erworben. Inzwischen wurde sie von Kunstexperten untersucht und von Restauratoren gepflegt.
Nachdem sie in die Sammlung und Kataloge des Museums aufgenommen worden war, hat die Museumsleitung beschlossen, die Schale am „Tag des Bernsteins“ öffentlich zu präsentieren. Die Ankündigung, dass sie nur an diesem einen Tag zu sehen sei, ist eher ein Werbegag, um an diesem heißen Sonntag noch mehr Besucher ins Museum zu locken. Denn die Schale soll offenbar bald Teil der Dauerausstellung werden.
Die Jugendveranstaltungen des „Bernsteintages“ fanden auf dem Gelände des grünen Schutzwalls hinter dem Bernsteinmuseum statt. Eine weitere Outdoor-Aktivität waren Exkursionen zur Aussichtsplattform auf dem Dach des Dohnaturms.
Den krönenden Abschluss des Festtag-Programms bildete das „Konzert auf dem Dach“ vor dem Hintergrund der untergehenden Sonne. Der Komponist und Preisträger internationaler Wettbewerbe Larion Djakow ist mit seinem Originalprogramm „Es war einmal“ auf der Aussichtsplattform aufgetreten.