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„Das nenne ich verlogen“: Katrin Lange mit Dietmar Woidke bei der Bekanntgabe ihres Rücktritts
Bild: imago/Martin Müller„Das nenne ich verlogen“: Katrin Lange mit Dietmar Woidke bei der Bekanntgabe ihres Rücktritts

Brandenburg

Katrin Lange liest der SPD die Leviten

Zurückgetretene Innenministerin zeichnet verheerendes Bild der märkischen Sozialdemokratie

Hermann Müller
22.05.2025

Vergangenen Herbst konnte Brandenburgs SPD-Chef und Ministerpräsident Dietmar Woidke bei den Landtagswahlen noch einmal die SPD ganz knapp zum Wahlsieger vor der AfD machen. Nun steckt das Regierungsbündnis aus Sozialdemokraten und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) jedoch in einer veritablen Krise.

Die bisherige Innenministerin Katrin Lange (SPD) hat am 16. Mai überraschend ihren Rücktritt erklärt. Nachdem Lange den Chef des Verfassungsschutzes, Jörg Müller, entlassen hatte, war sie in der eigenen Partei unter Druck geraten. Vordergründig war es um die Frage gegangen, wann der Chef der Verfassungsschutzabteilung im Innenministerium Lange darüber informiert hat, dass die AfD in Brandenburg vom Verdachtsfall auf den Status „gesichert rechtsextrem“ hochgestuft wurde (Die PAZ berichtete in Nummer 20/25).

Teile der SPD und der Jusos nahmen Lange vor allem übel, dass sie nicht viel von einem Verbotsverfahren gegen die AfD hielt, sondern die Partei mit politischen Mitteln stellen wollte. Mit Blick auf die AfD komme es darauf an, „durch entsprechende Angebote den Souverän dazu zu bewegen, bei der nächsten Wahl anders zu entscheiden“, so die Ministerin bei ihrem Rücktritt: „In der Politik gehöre ich mit einer solchen Auffassung heute zu einer Minderheit. Dort setzt man zunehmend einseitig auf die Instrumente Parteiverbot, Repression, Überwachung und Ausgrenzung. Man gibt die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD bereits verloren.“

„Schäbigkeit und Niedertracht“
Lange räumte ein, „durch den zeitlichen Ablauf der Ereignisse“ die SPD-Landtagsfraktion „vor den Kopf gestoßen“ zu haben. Allerdings übte sie auch scharfe Kritik, dass in der Diskussion um sie in der SPD Brandenburg auch „mit Unterstellungen und Diffamierungen mir gegenüber gearbeitet wird, die bis ins Persönliche gehen. Einen solchen Umgang von denjenigen, die sonst ständig von ‚Respekt', ‚Toleranz' und ‚Wertschätzung' reden, bin ich nicht länger bereit zu akzeptieren.“ Sie moniert, in der SPD werde mit gezielter Desinformation gegen sie intrigiert, ihr schlage offener Hass entgegen. „Es gibt auch in der heutigen Politik Grenzen der Schäbigkeit und Niedertracht, die ich nicht bereit bin zu akzeptieren“, so Lange.

Auch Grünen und Linkspartei warf die zurückgetretene Ministerin vor, „mit haltlosen Unterstellungen“ Stimmung gegen sie zu machen: „Ausgerechnet die Partei, die den Verfassungsschutz abschaffen will, schwärmt jetzt plötzlich von der Behörde, ‚die unsere Verfassung und damit die Demokratie schützen soll'. Das nenne ich verlogen. Und die CDU Brandenburg macht dabei mit.“

Rückendeckung erhielt Lange vom Landrat von Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt. Sie sei „eine couragierte, kluge, ostdeutsche Frau, die durch schmutzige Intrigen gestürzt“ worden sei. Der Landrat, selbst SPD-Mitglied, sprach zudem von einem „Tiefpunkt für die brandenburgische Sozialdemokratie und für die Kultur in Deutschland“. Mit Langes Rücktritt sehen Beobachter auch die Macht von Ministerpräsident Woidke beschädigt. Woidke hatte sich im Streit um die Entlassung des Verfassungsschutzchefs bis zum Schluss hinter die Innenministerin gestellt.

Unruhe auch beim BSW
Die Ex-Ministerin dankte Matthias Platzeck, Karl-Heinz Schröter, Katrin Schneider und auch Dietmar Woidke. Sie sagte: „Brandenburg kann sich glücklich schätzen, einen solchen Ministerpräsidenten zu haben.“ Woidke sei ein echter „roter Preuße“, so die SPD-Politikerin. Lange wurden bislang große Chancen eingeräumt, Nachfolgerin des 63-jährigen Woidke als Brandenburgs Ministerpräsident zu werden. Diese Option ist mit dem Rücktritt unwahrscheinlich geworden. Lange kündigte auch an, sie wolle nicht mehr für das Amt der stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden kandidieren. „Ämter sind Macht auf Zeit, plötzliche Veränderungen gehören dazu“, so die 53-Jährige. Ihre Arbeit als Abgeordnete im Landtag will sie indes fortsetzen. Sie kündigte an, die dabei anstehenden politischen Vorhaben konstruktiv und kritisch zu begleiten.

Die Einbindung Langes in die Landtagsfraktion ist für das Weiterbestehen der Koalition aus SPD und BSW überlebenswichtig. Im Landesparlament hat das Regierungsbündnis nur eine hauchdünne Mehrheit von zwei Stimmen. In der BSW-Fraktion stand am 13. Mai erneut der Umgang mit dem Abgeordneten Sven Hornauf auf der Tagesordnung.

Der Jurist aus Frankfurt (Oder) hatte am 7. Mai im Innenausschuss zunächst einem Änderungsantrag der AfD-Fraktion zugestimmt und anschließend sich bei der Abstimmung über den Haushaltsentwurf der Regierungskoalition der Stimme enthalten. Das zog ihm den erheblichen Zorn seiner eigenen Partei zu. Die BSW-Fraktion entschied sich gegen einen Ausschluss von Hornauf, allerdings entzog sie ihm alle Sitze in Landtagsausschüssen.


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