09.07.2025

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Sterblichkeit

Kaum bekannte Todesfallen umlauern uns im Alltag

Vom Essen über Reinigungsmittel bis hin zum „gebrochenen Herzen“: Längst nicht nur Krankheit, Unfall oder Verbrechen bergen eine Gefahr für das menschliche Leben

Wolfgang Kaufmann
30.06.2025

Während angebliche Gesundheitsexperten Panik wegen Schnupfenviren oder „lebensgefährlichen“ Temperaturen von mehr als 25 Grad Celsius verbreiten, gibt es eine Vielzahl von Dingen, die uns Menschen ebenfalls zum Verhängnis werden könnten, ohne dass sie im öffentlichen Bewusstsein in vergleichbarer Weise präsent sind. Beispielsweise ist der Spruch „Sport ist Mord“ weniger absurd, als es auf den ersten Blick scheint. Wenn intensive körperliche Anstrengungen eine Rhabdomyolyse auslösen, dann sterben Muskelzellen ab, woraufhin ihre Hülle aufplatzt und der Inhalt nach außen quillt. Die Folge sind starke Schwellungen im Gewebe, welche die Blutzirkulation unterbrechen und schlimmstenfalls Amputationen nötig machen. Parallel dazu setzen die Zellen schädliche Stoffe frei, die zum tödlichen Nierenversagen führen können.

Aber auch scheinbar harmlose Tätigkeiten wie die Aquarienpflege können Risiken bergen. So produzieren die beliebten Krustenanemonen in Salzwasserbecken manchmal Palytoxin, das zu den wirksamsten organischen Giften überhaupt gehört. Ebenso schädlich sind Mycobakterien, welche die Fischtuberkulose auslösen.

Darüber hinaus können bestimmte Essgewohnheiten oder Nahrungsmittelvorlieben zum Tode führen. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Genuss von aufgewärmtem Reis. Dabei liegt das Problem nicht im Aufwärmprozess, sondern in dem Umstand, dass sich vor der Zubereitung aufgrund unzureichender Kühlung Keime der Art Bacillus cereus im Reis vermehrt haben. Denn diese Erreger produzieren den hitzestabilen Giftstoff Cereulid mit potentiell letaler Wirkung.

Selbst Vitamine können töten
Und dann wäre da noch die Lakritze. Eine beliebte Leckerei aus dem Wurzelextrakt des Süßholzes, die den Wirkstoff Glycyrrhizin enthält. Der verleiht der Lakritze ihren charakteristischen Geschmack, kann aber in hohen Dosen zu Kaliummangel und daraus resultierenden Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand sowie zum Nierenversagen führen. In Deutschland produzierte „Starklakritzen“ mit hohem Glycyrrhizin-Gehalt müssen daher entsprechend gekennzeichnet sein, für importierte Produkte gilt dies allerdings nicht. Gefährlich hierbei ist, dass der Wirkstoff noch nach Wochen Symptome auslösen kann.

Ansonsten bestehen teilweise tödliche Risiken beim Verzehr von Muscheln und Schnecken. Letztere sind manchmal von Rattenlungenwürmern befallen, die bei einigen Menschen gefährliche Hirnhautentzündungen verursachen. Dies gilt in Europa besonders für Schnecken auf den Balearen und Kanaren. Daher sollten die Weichtiere gründlich durchgegart werden. Muscheln wiederum enthalten von Fall zu Fall regelrechte Biokampfstoffe wie Saxitoxin, das tausendmal tödlicher wirkt als das Nervengift Sarin. Meist liegt die Ursache in einer Algenblüte, in deren Verlauf die Muscheln die Toxine gespeichert haben. Mollusken, welche für den Konsum bestimmt sind, werden jedoch engmaschig kontrolliert, sodass in der Regel nur dann Gefahr droht, wenn man die Muscheln selber sammelt.

Fatale Folgen kann der Verzehr von rotem Fleisch, Innereien oder Milchprodukten haben, wenn eine Allergie namens Alpha-Gal-Syndrom besteht. Dann reagiert der Körper auf das tierische Galaktose-Antigen mit Immunattacken, die bei geschwächten Personen mit Vorerkrankungen unter Umständen in einen tödlichen Schockzustand münden. Auslöser sind die Bisse von Zecken wie der Amerikanischen Waldlaus und dem Gemeinen Holzbock. Ein weiteres Problem stellen Nahrungsergänzungsmittel dar, wenn sie dem Körper in zu großen Mengen zugemutet werden. So gab es bereits etliche Tote aufgrund einer massiven Überdosierung von Vitamin D, welche die Konzentration von Kalzium im Blut erhöht.

Der letale Lottogewinn
Dazu kommen weitere Gefahren. Starkes Niesen führte in extremen Fällen zu Gehirnblutungen, Augenschäden sowie Rissen von Hauptschlagadern oder der Milz. Ebenso traten beim Unterdrücken des Niesens Schäden auf, darunter Luftröhrenrisse und Frakturen im Gesichtsbereich. Nicht zu unterschätzende Risikofaktoren sind des Weiteren Kontaktlinsen und Nasenduschen. Amöben der Gattung Acanthamoeba, die sich auf unsauberen Kontaktlinsen ansiedeln, können zur Erblindung oder sogar zu einer tödlichen Hirnhautentzündung führen. In Nasenduschen wiederum tummeln sich im ungünstigsten Falle „hirnfressende“ Amöben der Art Naegleria fowleri, die im Gegensatz zu den Acanthamoeba-Einzellern eine warme Umgebung bevorzugen.

Parallel birgt der Haushalt etliche echte Todesfallen. Das beginnt mit Putzmitteln, die keinesfalls mit anderen Chemikalien kombiniert werden dürfen. In einer Bar in Massachusetts vermischten die Mitarbeiter Flüssigkeiten zur Reinigung und Desinfektion, die Natriumhypochlorid, Phosphorsäure und Salpetersäure enthielten. Daraufhin entstand Chlorgas, das eine Person tötete und 13 weitere ins Krankenhaus brachte.

Ganz gefahrlos sind nicht einmal Teflonpfannen. Wenn man diese auf mehr als 400 Grad erhitzt, bildet sich Carbonylfluorid, das bei Kontakt mit den Schleimhäuten die hochgiftige Flusssäure freisetzt. Und selbst von Betten gehen ernsthafte Gefahren aus, sofern es sich um klappbare Modelle oder die beliebten Boxspringbetten handelt. Durch Einklemmen und die damit verbundene unnatürliche Überstreckung des Genicks oder schlichtes Ersticken sind schon etliche Menschen zu Tode gekommen – wobei meist jedoch Alkohol mit im Spiel war.

Ebenso kann man tatsächlich an einem gebrochenen Herzen sterben. Verantwortlich hierfür ist das Takotsubo-Syndrom: Bei hochemotionalen negativen Erlebnissen oder starkem Stress verformt sich das Herz bauchig, wodurch seine Pumpleistung sinkt. In drei bis vier Prozent der Fälle fallen die Veränderungen so gravierend aus, dass die Betroffenen sie nicht überleben. Das Heimtückische daran ist, dass auch positive Momente wie ein Lottogewinn oder der Sieg der Lieblingsfußballmannschaft das Takotsubo-Syndrom auslösen können.

Indes: All die vielfältigen Gefahren für unser Leben animieren Verbotsfanatiker hoffentlich nicht dazu, durch hektische „Schutzmaßnahmen“ unsere Freiheit weiter einzuschränken.


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