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Grenze zu Russland ist dicht – Ein im Eilverfahren verabschiedetes Notstandsgesetz macht’s möglich
Das Boot ist voll. Das registrieren nicht nur die finnischen Einwohner, sondern auch im Parlament war man sich dessen zunehmend bewusst. Genug ist genug. Es wurde Zeit zu handeln. Daher entschied man sich zu einem klaren, ehrlichen und ebenso deutlichen, aussagekräftigen Weg: „Dies ist eine starke Botschaft an Russland und Finnlands Verbündete“, sagte Premierminister Petteri Orpo im Nationalparlament. Finnlands „Ausnahmegesetz“ wurde daher auch mit einer Fünf-Sechstel-Mehrheit verabschiedet – nun können auf unbestimmte Zeit Migranten in dem EU-Land keinen Asylantrag an der Grenze mit Russland mehr stellen. Denn das Parlament hatte in dieser parlamentarischen Entscheidung beschlossen, dass ein Notstands-gesetz – das sogenannte Refoulement-Gesetz – im Eilverfahren verabschiedet werden kann.
Zeit für ein Dringlichkeitsgesetz
Nach einer langen und ebenso intensiven Debatte beschloss das finnische Nationalparlament Eduskunta dann aber erwar-tungsgemäß, dass ein Ausnahmegesetz, das sogenannte Abschiebungsgesetz, unter anderem als Dringlichkeitsgesetz ver-abschiedet werden kann. Dieses Gesetz erlaubt ab sofort die vorübergehende Aussetzung von Asylanträgen an der finnischen Grenze und die Zurückweisung von Einreisenden ohne Recht auf Einspruch.
Das Bemerkenswerte an diesem künftigen Vorgehen aber ist: Abgelehnte Asylanträge können nicht neu beantragt oder in Revision gehen. Die Entscheidung eines Grenzbeamten ist damit bindend, Widerspruch zwecklos. Diese Methode ist überaus zeitsparend. Zum einen weiß ein Asylsuchender sofort, ob er den erwünschten Status zugesprochen bekommt oder nicht. Und zum anderen werden Behörden wie Gerichte entlastet, die sich fortan nicht mehr mit immer wieder neu eingereichten Wider-sprüchen gegen eine bereits gefällte Entscheidung befassen müssen. So liefert das Gesetz Klarheit und Sicherheit auf beiden Seiten.
Diese Regelung ist zudem die Antwort Finnlands auf die russischen Bemühungen, Finnland insgeheim unter Druck zu setzen, indem es asylsuchende Migranten bewusst an die Grenze zu Finnland schickt und sie dort dazu animiert, Asyl zu beantragen. Mit dem Ausnahmegesetz möchte Finnland Russland obendrein die klare Botschaft übermitteln, dass es sich nicht mehr lohnt, Migranten nach Finnland zu drängen. Denn an Finnlands Grenze wird die Reise der Asylsuchenden künftig zu Ende sein. Es bleibt zu hoffen, dass diese Botschaft in Moskau auch ebenso deutlich ankommt.
Die nationale Sicherheit als Grund für Ausnahme
Das Notstandsgesetz hat in Finnland eine engagierte Debatte ausgelöst. Schließlich macht das Land damit eine Ausnahme von der Verfassung und den internationalen Abkommen, an die es gebunden ist. Vorgetragen werden Gründe der nationalen Sicherheit. Die Kontroverse hat viele Emotionen geweckt. Die Gegner des Gesetzes wurden als Landesverräter bezeichnet, während den Befürwortern vorgeworfen wurde, die Rechtsstaatlichkeit zu zerstören. Die hitzige Diskussion hinterlässt ein besorgniserregendes Bild von der Widerstandsfähigkeit der finnischen Gesellschaft, aber insbesondere der finnischen politischen Elite.
Einige Befürworter des Gesetzes haben argumentiert, dass die nun geschlossene Ostgrenze für den Verkehr geöffnet werden könnte. Aber die Regierung und der Präsident der Republik haben betont, dass Geheimdienstinformationen darauf hindeuten, dass Russland die Grenze in kurzer Zeit mit einer noch größeren Anzahl von Migranten überfluten wolle. Schon seit dem NATO-Beitritt Finnlands 2023 hatte Russland Gegenmaßnahmen angekündigt.
Seit Ende des vergangenen Jahres hat Finnlands Mitte-Rechts-Regierung die acht Grenzübergänge nach Russland geschlossen, da russische Beamte vorsätzlich Menschen aus Nahost und Afrika an die Übergänge geführt hatten. Eine „Hybridkampagne“ nannte dies Regierungschef Orpo, der die Oppositionsparteien beschworen hatte, an die „nationale Sicherheit“ zu denken. „Ein trauriger Tag für den finnischen Rechtsstaat“, sagte hingegen Li Andersson, Vorsitzender des Linksbündnisses, das zusammen mit den Grünen dagegen stimmte.
Vorbereitung für etwas noch Ernsteres
Der Abstimmung waren lange Diskussionen vorausgegangen. Die große Parlamentsmehrheit war notwendig, da das Recht auf Asyl in der finnischen Verfassung verankert ist, zudem ist es EU-Recht. Kritiker glauben, dass nun ein Prozess vor dem EU-Gerichtshof für Menschenrechte folgen könnte. Orpo habe jedoch nach eigenen Angaben die Unterstützung der EU-Kommission erhalten, es gibt noch keine EU-Rechtsprechung im Falle von „Hybridmaßnahmen“. Gegen den Entwurf waren lange auch einige Abgeordnete der Sozialdemokratischen Fraktion, die für die erforderliche Fünf-Sechstel-Mehrheit notwendig waren. Druck hatte vor allem Verteidigungsminister Antti Häkkänen gemacht – Finnland sei nun in der Situation wie die Ukraine vor zehn Jahren und müsse damit rechnen, dass die Hybridmaßnahmen Vorbereitungen für etwas noch Ernsthafteres seien. Finnland hat eine gemeinsame Grenze mit Russland von 1340 Kilometern. Eine Trennlinie, die sich kaum vollständig überwachen lässt, im Süden wird an einem 200 Kilometer langen Zaun gebaut. Moskau hat das Abkommen zur Kooperation der Grenzbehörden im Januar aufgekündigt.