29.04.2024

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Der Wochenrückblick

Kein Blick zurück

Was die Ampel immer empfindlicher macht, und wie ein Klima-Institut auf Maos Pfaden wandelt

Hans Heckel
06.04.2024

So ist das also: Nicht nur die Verbreitung von Falschnachrichten bedroht „unsere Demokratie“, sondern auch die der Wahrheit. Und Letztere ist womöglich noch viel gefährlicher als die abgefeimtesten Lügen. In einem Video klären uns Grünen-Chefin Ricarda Lang und Irene Mihalic, die für die Lang-Partei im Bundestag sitzt, über die weithin unterschätzten Risiken der Wahrhaftigkeit auf.

Von Mihalic hören wir den entscheidenden Satz: „Desinformation hat nicht unbedingt etwas mit Fake News zu tun, sondern dass es durchaus wahre Begebenheiten sein können, die dann so in die Öffentlichkeit gebracht werden, dass sie diese desinformierende und destabilisierende Wirkung haben können.“ „Destabilisierend“ kann man alles nennen, was den Regierenden und der von ihnen verfolgten politischen Linie in die Quere kommt. Man nennt das Kritik, und die löst, wenn sie Resonanz in der Öffentlichkeit findet, Debatten aus. Debatten aber können den ungestörten Durchmarsch zu den Zielen der Herrschenden empfindlich „destabilisieren“.

Einst lobten wir diese offene Diskussion und erklärten sie gar zum Kernbestand einer funktionierenden Demokratie. Das gilt offenbar nicht mehr. Nun ist es etwas Böses, der Regierung mit Fakten zu kommen. Also jedenfalls dann, wenn die Tatsachen der Regierung nicht ins Konzept passen, dann ist deren Nennung als „destabilisierend“ zu verurteilen. Klingt irgendwie komisch.

Aber warum? Vielleicht deshalb: Es weckt bei manchem Zeitgenossen Erinnerungen. Wer in der DDR allzu öffentlich anmerkte, dass dies oder das im Westen viel besser funktioniere als im Sozialismus, dem begegneten die Organe des Arbeiter- und Bauernstaates kaum je mit der Entgegnung, dass es in Wahrheit umgekehrt sei – die Autos der DDR besser, die Straßen glatter und die Luft sauberer etwa. Weil eine solche Entgegnung ein wenig zu weit hergeholt gewesen wäre, hielt man dem Bürger lieber vor, dass er mit derlei Aussagen nur dem Klassenfeind diene – was die Arbeiter- und Bauernmacht durchaus hätte „destabilisieren“ könne (und es am Ende ja auch tat). Von dort aus war es nicht mehr weit, die finsteren Motive der faktenbasierten BRD-Verklärung aufzudecken.

Wie so eine Attacke mit der Wahrheit aussehen kann, beklagt Katrin Göring-Eckardt gerade am Beispiel der Corona-Aufarbeitung: „Wie mit der Pandemie noch heute Stimmung gegen unsere parlamentarische Demokratie gemacht wird, besorgt mich!“ Sprich, wer Kritik an den Pandemie-Maßnahmen übt, will bloß „Stimmung gegen unsere parlamentarische Demokratie“ machen (Weiteres von „KGE“ auch auf Seite 1).

Die Kritiker der staatlichen Maßnahmen hatten, wie sich immer mehr herausschält, deutlich mehr Fakten auf ihrer Seite, als man es ihnen damals zugestehen wollte. Und da kommt wohl noch einiges ans Licht, wenn die ganzen RKI-Akten erst entschwärzt sind. Deshalb will sich Göring-Eckardt vorsorglich nach allen Seiten absichern: Egal, ob die Kritiker damals schon recht hatten oder ob sich dies jetzt erst erweist: Wichtig ist allein, dass deren Absichten nur übel sein können.

Da schwimmt sie mit ihrem Koalitionsfreund Karl Lauterbach auf einer Welle. Von einer Enquete-Kommission hält der SPD-Minister schon deshalb nichts, weil es nämlich „rechte Gruppen“ gebe, „die wollen sich das Thema zu eigen machen, auch die AfD will das machen“. Mit anderen Worten: Sobald ein Thema das Risiko birgt, dass die Opposition die Regierung damit irgendwie in Erklärungsnot bringen könnten, muss die Sache vom Tisch, Ende der Diskussion.

Debatte von vornherein abwürgen
Hier scheint auch die nicht ganz unrealistische Befürchtung mitzuschwingen, dass es Themen, über welche das Regierungslager nicht so gern öffentlich debattieren möchten, demnächst noch eine ganze Menge geben könnte. Sich über die Folgen ihrer Asyl-, Energie- oder Wirtschaftspolitik offener Kritik auszusetzen, dürfte für die Ampelparteien zunehmend schmerzhaft ausfallen. Daher ist es durchaus naheliegend für die Koalitionspartner, jetzt schon Mittel und Wege zu ersinnen, wie man solche Debatten von vornherein abwürgen kann.

Da greifen sie sogar zu dem alten Trick, der uns schon so oft begegnet ist: Göring-Eckardt barmt, man dürfe jetzt nicht die damals Verantwortlichen „diffamieren“, sondern „für die Zukunft lernen“. Das sagen Politiker immer, wenn sie Mist gebaut haben: Lasst uns die alten Geschichten vergessen und gemeinsam in die Zukunft schauen!

Wichtig ist dabei nicht allein die Blickrichtung in „die Zukunft“, damit das Fehlverhalten der Vergangenheit im Schatten bleibt. Entscheidend ist auch das Wörtchen „gemeinsam“. Denn damit soll jeder, der im Gewesenen wühlt, als Spalter der Gesellschaft und als schmutziger „Diffamierer“ gebrandmarkt werden.

Aber hieß es nicht seit Jahrzehnten, für die Zukunft könne man nur lernen, wenn man die Vergangenheit gründlich aufgearbeitet hat? Weil man dann viel besser erfährt, wo die Abgründe lauern?

Ja, doch! Also zumindest teilweise. Bei manchen Sachen kann es hilfreicher sein, wenn die Leute die Vergangenheit vergessen haben. Das Grünen-nahe Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) dürfte recht froh darüber sein, dass die zeitgeschichtliche Bildung der Deutschen ziemlich unter die Räder gekommen ist. Das Institut fordert die Schaffung einer von der Politik (und damit von demokratischer Kontrolle) weitestgehend unabhängigen Instanz, die in der ganzen EU die CO₂-Ziele durchpeitschen soll. Sie nennt diese Instanz „Europäische Kohlenstoff-Zentralbank“ (ECCB), deren Unabhängigkeit wohl jener der Europäischen Notenbank EZB ähneln soll.

Und was genau soll die ECCB vorbei an Parlament und „Lobbygruppen“, also den Vertretern von Bürgern und Wirtschaft, durchboxen? Das PIK nennt den Plan allen Ernstes den „Grünen Sprung“ nach vorn in die klimaneutrale Welt. Hier wird auch klar, warum das Institut Volkswillen und Wirtschaftsinteressen möglichst aussperren will aus den quasi hoheitlichen Entscheidungen der angestrebten ECCB.

So einen „Sprung“ hat die Welt nämlich schon einmal gesehen. Auch damals ging es darum, vorhandene wirtschaftliche Strukturen komplett unterzupflügen, um Platz zu machen für die strahlenden Zukunft.

Es war nicht der „Grüne“, sondern der „Große Sprung“ des Mao Zedong. Er ruinierte die chinesische Landwirtschaft und trieb Millionen in den Hungertod. Millionenfachen Hungertod würde der PIK-Plan wohl nicht hervorrufen, ziemlich sicher aber den Tod größter Teile der deutschen und EU-weiten Wirtschaft.

Kommen Sie nicht auf die Idee, das anzuprangern, sonst werden Sie als „Destabilisierer“ entlarvt. Und wenn dereinst alles in Trümmern liegt und jeder sieht, welche Katastrophe die grünen Ideologen angerichtet haben, werden wir uns darauf einigen, nur noch „in die Zukunft zu blicken“, gell?


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