26.01.2025

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Hermann Ehlers

Kein Bundespolitiker verstarb in einem höheren Staatsamt

Vor 70 Jahren starb mit dem damaligen Präsidenten des Bundestags ein Mann an der Schnittstelle von Kirche und Politik

Manuel Ruoff
28.10.2024

Von den Bundespräsidenten der Bundesrepublik ist kein einziger im Amt gestorben. Für die Inhaber des zweithöchsten Amtes in der Bundesrepublik, jenem des Bundestagspräsidenten, gilt das fast auch. Die eine Ausnahme ist Hermann Ehlers. Es war schon ein Schock, als dieser Mann am 29. Oktober 1954 und damit nur wenige Wochen nach seinem 50. Geburtstag in einem Krankenhaus im niedersächsischen Oldenburg den Folgen einer Mandelvereiterung erlag.

Im Gegensatz zu späteren Nachfolgern, für die das protokollarisch hoch angesiedelte, aber politisch als vergleichsweise unbedeutend geltende Amt der Dank des Parteienstaates für eine erfolgreiche Parteikarriere war, schien Ehlers mitten im Leben zu stehen. Manche sahen in ihm schon den Nachfolger Konrad Adenauers. Er schien auf dem besten Wege, Ministerpräsident Niedersachsens zu werden, wo im folgenden Jahr Landtagswahlen anstanden. 1952 wurde er auf dem dritten Bundesparteitag der CDU mit so vielen Stimmen wie Adenauer zum Vorsitzenden zu dessen Stellvertreter gewählt. Auch außerhalb seiner Partei erfreute sich der Politiker großer Beliebtheit. Davon zeugt, dass der zweite Bundestagspräsident 1953 mit 467 von 487 abgegebenen Stimmen im Amt bestätigt wurde. Dies war das beste Ergebnis bei der Wahl eines Bundestagspräsidenten.

Ehlers Beliebtheit resultierte wohl nicht zuletzt aus seinem Tatchristentum. Das bedeutete für ihn, sich sowohl in der kirchlichen als auch in der politischen Gemeinde zu engagieren. Seine Biographie ist geprägt von kirchlichen wie staatlichen Ämtern. In der Zwischenkriegszeit fand der politisierende Protestant folgerichtig den Weg in die Reihen des Christlich-Sozialen Volksdienstes, dieses von 1929 bis 1933 bestehenden Versuchs, ein protestantisches Pendant zum erfolgreichen katholischen Zentrum zu schaffen.

Ein Jahr nach Kriegsende wurde der am 1. Oktober 1904 in Schöneberg bei Berlin geborene engagierte Christ Mitglied der neugegründeten Christlich Demokratischen Union Deutschlands. In dieser formal überkonfessionellen, aber faktisch stark katholisch geprägten Partei gründete Ehlers noch im Jahr seines Eintritts mit anderen die Evangelische Tagung der CDU und sechs Jahre später den Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK). Dessen erster Vorsitzender war er bis zu seinem Tod.

Beruflich entschied sich der Sohn eines protestantischen Postbeamten für die weltliche Seite, wurde Jurist. Der gebürtige Brandenburger promovierte über Preußen. „Wesen und Wirkungen des Reichslandes Preußen“ lautete das Thema seiner Dissertation. 1931 endete seine Berufsausbildung mit der großen juristischen Staatsprüfung.

Der Ausbildung folgten Tätigkeiten im erlernten Beruf in Staat und Kirche. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten erschwerten ihm sein Engagement in der Bekennenden Kirche und seine Weigerung, der NSDAP beziehungsweise einer ihrer Gliederungen beizutreten, eine Tätigkeit im Staatsdienst und machten sie ihm schließlich unmöglich. Im Sommer 1939 wurde er aus dem Staatsdienst entlassen und wechselte zu einer Anwaltskanzlei in Berlin. Ab 1940 war er Wehrmachtssoldat.

Wenige Monate nach Kriegsende wurde er Oberkirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. 1949 zog der CDU-Politiker in den Bundestag ein, der ihn bereits im darauffolgenden Jahr als Nachfolger des zurückgetretenen Erich Köhler zu seinem Präsidenten wählte.


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