10.01.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Die deutsche Wirtschaft schrumpft um 0,3 Prozent laut Entwicklung des preisbereinigten BIP gegenüber dem Vorjahr
Bild: Statista, Quelle Statistisches BundesamtDie deutsche Wirtschaft schrumpft um 0,3 Prozent laut Entwicklung des preisbereinigten BIP gegenüber dem Vorjahr

Abwärtstrend

Kein Ende der Wirtschaftskrise

Nach der Rezession geht es kaum aufwärts. Die Arbeitslosigkeit wird steigen. Das Land steht vor gewaltigen Herausforderungen

Robert Mühlbauer
07.01.2025

Wirtschaftliche Hiobsbotschaften, wohin das Auge blickt. Deutschland steckte 2024 das zweite Jahr in Folge in einer Rezession und war Schlusslicht der großen Industrieländer der Welt. Die Wirtschaftsleistung schrumpfte. Und auch im gerade beginnenden Jahr zeichnet sich keine Besserung ab. Bundesbank, Forschungsinstitute und Unternehmen bleiben pessimistisch. Es gäbe „strukturelle Probleme“, im neuen Jahr sei bestenfalls eine Stagnation zu erwarten, so Bundesbankpräsident Joachim Nagel. Lediglich ein mageres Plus von 0,2 Prozent prognostizieren die Währungshüter. Damit liegt Deutschland abermals ganz hinten in Europa.

„Wirtschaftspolitisch war 2024 ein verlorenes Jahr“
Das von Wirtschaftsminister Robert Habeck bei Antritt der Ampelregierung in Aussicht gestellte „grüne Wirtschaftswunder“ – es will einfach nicht kommen. Vielmehr sind überall Klagen über hohe Energie-, Arbeitskosten und ausufernde Bürokratie zu hören. „Wirtschaftspolitisch war 2024 ein verlorenes Jahr“, sagt der Konjunkturexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Grömling. Laut der kurz vor Weihnachten veröffentlichten IW-Umfrage planen 44 Prozent der befragten Industriefirmen, Stellen abzubauen. Pessimismus herrscht auch bei den Dienstleistern. Insgesamt droht weiter steigende Arbeitslosigkeit. Zuletzt ist die Arbeitslosenquote zum ersten Mal seit acht Jahren über sechs Prozent gestiegen.

Aufgeschreckt hat viele, dass immer mehr klangvolle Unternehmen aus der Industrie, der innerste Kern der deutschen Wirtschaft, Notsignale senden. Die einst stolze deutsche Autoindustrie steckt in der Krise. Sie kämpft mit schwacher Nachfrage, die von der Politik gewollte Umstellung auf Elektroautos kostet viel, Kunden bleiben skeptisch. Volkswagen profitierte früher vom China-Geschäft, nun bläst dem Konzern der Wind eisig ins Gesicht. VW hat große Überkapazitäten und droht mit Werkschließungen, die Beschäftigten sollen Lohnkürzungen hinnehmen. Deutschlands größter Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel will 5000 Arbeitsplätze abbauen und Tausende Jobs ins Ausland verlagern. Die IG Metall sprach von einer „Katastrophe für die Beschäftigten und den Industriestandort NRW“.

„Wir befinden uns in einer strukturellen Krise“
Der gesamten Metall- und Elektroindustrie droht ein großer Stellenabbau. „Wir befinden uns in einer strukturellen Krise“, sagt Branchenverbandspräsident Stefan Wolf. „Ich erwarte, dass wir in der Metall- und Elektroindustrie in den nächsten fünf Jahren 250.000 bis 300.000 Arbeitsplätze verlieren könnten“, sagte der Gesamtmetall-Präsident. Der Maschinenbau-Verband fordert eine Kehrtwende der Politik. „Schluss mit der Überregulierung, Schluss mit engen technologischen Vorgaben und auch Schluss mit der viel zu hohen Kostenbelastung am Standort Deutschland“, so der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Bertram Kawlath.

Düster sieht es auch in der Chemie­industrie aus, die besonders unter den hohen Energiekosten leidet. BASF hat den größten Stellenabbau seit Jahrzehnten angekündigt, das riesige Werk in Ludwigshafen dürfte bluten.

Sorgen macht der exportorientierten Industrie, besonders den Automobilherstellern, auch der sich ankündigte Zollstreit mit Amerika. Der kommende US-Präsident Donald Trump, der am 20. Januar ins Weiße Haus einzieht, hat die Verhängung von zehn Prozent Zoll auf Autos aus Europa angekündigt. Trump will, dass Firmen wie BMW, Mercedes und Volkswagen ihre Produktion in die USA verlagern, um dort von niedrigeren Steuern, Energiekosten und weniger Regulierung zu profitieren. Sollte er mit einem harten Zollkurs ernst machen, könnte Deutschland auch 2025 in eine Rezession schlittern.

„Deutschlands Existenz als globale Wirtschaftsnation in Gefahr“
Aber es wäre zu billig, die deutsche Krise nun auf den neuen US-Präsidenten zu schieben. Das einstige Wirtschaftswunderland befindet sich schon seit Jahren in einer Abwärtsbahn. Der bekannte Wirtschaftsforscher und frühere Chef des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, warnt seit Längerem vor der Dramatik des Abstiegs. Er sieht „Deutschlands Existenz als globale Wirtschaftsnation in Gefahr“. Eine Reihe von Faktoren trägt dazu bei. Die kriegsbedingte Durchbrechung von Handelsketten mit dem Rohstoff- und Energielieferanten Russland, die demographischen Verwerfungen durch die Kinderarmut und die nun anstehende Verrentung der Babyboomer, ein schlechter werdendes Schulsystem und ein zu teurer Sozialstaat, der durch die Zuwanderung zusätzlicher Sozialfälle zusätzlich belastet wird.

All dies sind Gründe für die Krise. Aber als einen der wichtigsten Gründe sieht Ökonom Sinn die verfehlte deutsche Energiepolitik. „Wir Geisterfahrer“ lautet sein Fazit. Niemand auf der Welt folge dem deutschen Weg in der Energiepolitik, die den Strom hierzulande so teuer mache wie sonst in keinem Land.

Angesichts der Dauerschwäche der bundesdeutschen Volkswirtschaft fühlt sich der Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe von der Frankfurter Goethe-Uni schon entfernt an die DDR in den 1980ern erinnert. Ganz so schwarz sehen viele Fachleute die Lage dann doch nicht. Die Optimisten verweisen auf eine alte deutsche „Lust am Untergang“ (Friedrich Sieburg), die verfehlt sei. Aber unbestreitbar ist: Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

Albert Nola am 09.01.25, 14:09 Uhr

„Wir befinden uns in einer strukturellen Krise“ und "die Arbeitslosigkeit wird steigen". Das heißt, die Zahl derjenigen, die nicht arbeiten wollen oder können wird steigen. Die Demografie oder besser gesagt die Dekadenz unserer verwöhnten Gesellschaft wirkt.

Gregor Scharf am 08.01.25, 18:11 Uhr

Das muss man positiv sehen, weil wir dadurch „unsere“ CO2-Ziele erreichen und das Weltklima retten. Das ist viel wichtiger als so ein bisschen Rezession . . . Wirtschaft braucht doch eh keiner, denn die Supermarktregale füllen sich von selbst.
„Ruinen schaffen ohne Waffen“ ist das Motto.

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS