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Weder Strafverschärfungen noch die Beobachtung der Klima-Extremisten zeichnen sich ab
Bundesweit laufen derzeit mehr als 3000 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Aktionen der „Letzten Generation“. Die Vorwürfe gegen die radikalen Aktivisten lauten zumeist auf Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Nötigung von Verkehrsteilnehmern oder Verstöße gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat Ende April eine Unterstützerin der „Letzten Generation“ zu einer viermonatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt.
Die 24-Jährige hatte sich zusammen mit einer weiteren Aktivistin am 25. August 2022 in einer Gemäldegalerie am Holzrahmen eines Werks des Malers Lucas Cranach festgeklebt. Das Gericht wertete dies als gemeinschädliche Sachbeschädigung. Zudem war die junge Frau auch an einer Straßenblockade beteiligt gewesen. Aus Sicht des Gerichts war dies der Versuch einer Nötigung. Wie eine Gerichtssprecherin mitteilte, hatte die Frau auch angekündigt, mit den Aktionen weitermachen zu wollen.
Bislang sind Haftstrafen noch immer seltene Ausnahmen. Oftmals enden die Ermittlungsverfahren gegen die Straßenblockierer ohne eine Gerichtsverhandlung mit einem Strafbefehl. Dieser ist zumeist mit einer Geldstrafe verbunden. Lediglich wenn die Betroffenen Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen, kommt es zu einer mündlichen Verhandlung.
DPolG-Vize: „Unverantwortlich“
Bei einer Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages hatten sich im Januar geladene Experten mehrheitlich gegen schärfere Strafen für Klima-Extremisten wegen Straßenblockaden und der Beschädigungen von Kunstwerken ausgesprochen. Auch der Deutsche Anwaltverein und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnten Strafrechtsverschärfungen ab. Die Unionsfraktion fordert, die Bürger „besser vor mutwilligen Blockaden öffentlicher Straßen zu schützen“. Nach den Vorstellungen von CDU/CSU sollen bei Tatbeständen wie dem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr oder der Behinderung von hilfeleistenden Personen die Strafen angehoben werden oder mit Mindeststrafen ergehen. Rückendeckung für eine Verschärfung gab es für die Unionsfraktion von Sachverständigen der Opfervereinigung „Weißer Ring“ und von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Deren Vizechef sagte, die hohe Inanspruchnahme der Polizei und anderer Einsatzkräfte seien unverantwortlich und schadeten der inneren Sicherheit.
Tatsächlich sind allein bei der Berliner Polizei im vergangenen Jahr durch Aktionen der „Letzten Generation“ 233.000 Einsatzstunden zusammengekommen, so Innensenatorin Iris Spranger im Januar. Die SPD-Politikerin, mittlerweile auch im neuen Senat wieder für das Innenressort zuständig, wertete die Protestaktionen zwar als „politisch motivierte Straftaten“, die „Grenze zum Extremismus“ sah Spranger dennoch nicht überschritten.
Auch die derzeitige Einschätzung der „Letzte Generation“ durch die deutschen Verfassungsschutzbehörden ist bemerkenswert. Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, sagte im März, der Verfassungsschutz von Bund und Ländern sehe „keine hinreichenden Anhaltspunkte, um die Klimabewegung ,Letzte Generation' als extremistisch einzuschätzen“. Berlins Innenverwaltung hatte bereits im vergangenen Herbst erklärt, sie sehe in den Aktionen kein verfassungswidriges Handeln.
Vor Kurzem sagte auch Bayerns Verfassungsschutz, er sehe die „Letzte Generation“ und auch die noch radikalere Gruppe „Extinction Rebellion“ nicht als Extremisten an. Laut dem bayerischen Verfassungsschutzpräsidenten Burkhard Körner begehen die Klimakleber zwar Straftaten, sie hätten aber nicht das Ziel, „sich gegen den Staat, die Demokratie oder die Würde des Menschen zu richten“. So seien die Aktivisten „nicht geprägt oder gesteuert durch Linksextremisten, sondern immer noch im bürgerlichen Potential verankert“.
„Bürgerräte“ am Parlament vorbei
Im Kontrast zu dieser Verortung im Bürgertum steht eine Sprüh-Aktion der „Letzten Generation“ vom 22. April auf dem Berliner Kurfürstendamm. Dabei waren zehn Personen über Berlins Luxus-Boulevard gezogen und hatten Schaufenster und Eingänge von Geschäften mit leuchtender Farbe beschmiert. Begleitet war dies von Parolen wie: „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten.“
Erstaunlicherweise ignorieren die Verfassungsschützer bei ihrer Einschätzung bislang einen sehr wichtigen Aspekt: Die Straßenblockaden sind nämlich nicht nur ein Versuch, Autofahrern den Willen der „Klimaschützer“ aufzuzwingen. Erklärtes Ziel der „Letzten Generation“ ist es, die Gründung eines sogenannten „Gesellschaftsrates für Klimapolitik“ zu erzwingen. Beenden will die Gruppe ihre Aktionen erst, wenn die Bundesregierung den Forderungen nachkommt. Dieses Vorgehen kann als Nötigungsversuch von Verfassungsorganen gewertet werden. Auch ein näherer Blick auf den „Gesellschaftsrat“ fördert Alarmierendes zu Tage. Bereits im Februar erklärte die Aktivistin Aimée van Baalen in einer ARD-Talkshow, die „Bürgerräte“ sollten Gesetze erarbeiten und auch beschließen können. Faktisch würde damit eine gesetzgebende Parallelinstanz zum demokratisch gewählten Bundestag geschaffen.
sitra achra am 10.05.23, 11:14 Uhr
Wenn die "Letzte Generation" sich freiwillig selbst kastrieren und sterilisieren würde, könnten wir davon ausgehen, dass sie ihr Versprechen wahr macht und uns fürderhin mittelfristig nicht mehr auf den Keks geht.
Ansonsten müssen wir die Zähne zusammenbeißen und bei den nächsten Wahlen mehr auf unsere Interessen achten.
Tua res agitur!
Ralf Pöhling am 09.05.23, 15:47 Uhr
Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ist das nicht, wenn diese Leute sich an Bilder festkleben. Eher wohl eine Gefahr für die Freiheit der Kunst und auch für die Versicherungswirtschaft. Anders sieht es hingegen aus, wenn diese Leute den Verkehr stundenlang blockieren und massive Gegenreaktionen auslösen. Da ist eine echte Gefährdung der öffentlichen Ordnung bereits erkennbar. Was hinzu kommt: Jeder, der im Sicherheitsbereich ein wenig Erfahrung hat, kann die Entwicklung von hart indoktrinierten Überzeugungstätern absehen, wenn ihre politischen Vorstellungen politisch letztlich doch nicht(!) umgesetzt werden. Und das ist bis zu einem gewissen Grad absehbar: Der einzige Grund, warum wir uns hier in Deutschland noch eine kritische Sicht zur Atomkraft leisten können, ist der massive Ausbau der Atomkraft in Frankreich, das uns alsbald stark unter die Arme greifen muss, wenn der Solar- und Wind- Flatterstorm hier die Lichter ausgehen lässt. Eine umfangreiche Elektrisierung des Autoverkehrs bei gleichzeitiger Demontage der Grundlastfähigkeit der deutschen Energieversorgung muss unweigerlich im Zusammenbruch dieses Landes enden. Das wollen die Aktivisten aus dem Öko-Weltuntergangslager aber nicht hören. Oder vielleicht doch? Vielleicht ist ja gerade das genau beabsichtigt, das dieses Land zusammenbricht, damit man eine neue kommunistische Ordnung installieren kann. Und ob das wirklich beabsichtigt ist, sollte man nun eigentlich herausfinden wollen. Bei der AfD unterstellt man das mit der angestrebten "Neuen Ordnung" ja auch, obwohl diese tendenziell ja politisch eher in genau die gegenteilige Richtung zielt und eher die alte Ordnung bewahren will. Bei den Weltuntergangsbeschwörern wird die Neue Ordnung hingegen ja nicht nur beschworen, sie wird sogar schon aktiv umgesetzt. Stichwort: Energiewende. Also wenn die AfD professionell überwacht wird, dann sollte das nun erst recht für die Klimakleber und ihr politisches Umfeld gelten, oder nicht?
Sven Rothe am 09.05.23, 14:59 Uhr
Das alte Muster: Linke Gewalt, ist keine gar keine Gewalt, okay ein bißchen ist sie es vielleicht schon, dann ist sie aber nicht so schlimm… und überhaupt: sie dient der guten und gerechten Sache. Daher muß sie legitim sein und damit ist alles gut.
Bernhard Meier am 09.05.23, 04:02 Uhr
Es heißt hier: Faktisch würde damit eine gesetzgebende Parallelinstanz zum demokratisch gewählten Bundestag geschaffen.
Wieviel Demokratie ist tatsächlich vorhanden, wenn die Bürger nicht einmal Wahlversprechen einklagen können. Faktisch wählen wir demokratisch eine Parteiendiktatur.