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Plant offenbar umfangreiche Veränderungen an der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth
Foto: imago/Future ImagePlant offenbar umfangreiche Veränderungen an der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth

Kultur

Kein Verständnis für Preußen

René Nehring
23.11.2022

Bislang sind es nur unbestätigte Berichte. Vor wenigen Tagen meldeten mehrere Medien, dass Kulturstaatsministerin Claudia Roth umfassende Veränderungen an der Stiftung Preußischer Kulturbesitz plane. Diesen Plänen zufolge, so die Berichte, soll unter anderem die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss ihre Eigenständigkeit verlieren und in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) aufgehen – und bei letzterer wiederum soll das Wort „Preußen“ aus dem Namen gestrichen werden.

Ausdruck einer tiefen Unkenntnis

Wie gesagt: Bis dato entstammen diese Informationen nur Medienberichten, eine offizielle Aussage seitens der Kulturstaatsministerin dazu ist nicht bekannt. Gleichwohl passen diese Berichte zu jüngsten kulturpolitischen Äußerungen Frau Roths, in denen sie unter anderem zu dem Vorhaben, die historische Inschrift der Kuppel des wiederaufgebauten Berliner Schlosses zu überblenden, sagte: „Unser Grundgesetz und unsere Demokratie stehen in der Traditionslinie der demokratischen Bewegungen von 1848 und 1849 sowie der Paulskirchenverfassung und nicht in der Traditionslinie eines repressiven Königs- und Kaisertums, das seinen Machtanspruch allein auf Gott begründete und eben nicht auf die Macht und Selbstbestimmung des Volkes. Dieser demokratischen Traditionslinie sehen sich diese Bundesregierung wie auch ich selbst eindeutig verpflichtet.“

Aus Äußerungen wie diesen und anderen spricht eine große Unkenntnis sowohl der preußischen Geschichte allgemein als auch der Entwicklung Preußens im 19. Jahrhundert im Besonderen – sowie nicht zuletzt der staatlichen Kontinuitäten, in denen sich die Bundesrepublik Deutschland befindet. Preußen war in seinen großen Jahren, als es in wenigen Generationen von einem nachrangigen Agrarstaat zu einer prägenden Großmacht Europas wurde, gerade nicht reaktionär, sondern – unter anderem mit dem Aufbau einer effektiven Verwaltung, einer durchgehenden Alphabetisierung bis in die letzten Dörfer des Hohenzollernstaates hinein und nicht zuletzt einer konsequenten Rechtsstaatlichkeit auf allen Ebenen – der in vielerlei Hinsicht modernste Staat seiner Zeit.

Eine wesentliche (beileibe nicht die einzige) Grundlage dieses Erfolgs war das Königtum. Preußens Monarchen waren zwar längst nicht alle den Gedanken der Aufklärung verbunden wie Friedrich der Große, aber sie achteten durchgehend die Freiheit ihrer Untertanen. Der beste Beleg dafür sind die Migrationsströme vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert. Die Salzburger Protestanten und die französischen Hugenotten, die orthodoxen Philipponen aus Russland und die Juden aus den verschiedensten Himmelsrichtungen wählten mit Preußen als Zufluchtsort kein Land, in dem ihnen neues Ungemach gedroht hätte, sondern ein neues Zuhause, das ihnen neben Wohlstand vor allem auch Sicherheit bot.

Ein bedeutender Nebeneffekt der Entwicklung Preußens hin zu einem führenden Kulturstaat war die Entstehung großartiger staatlicher Sammlungen an Gemälden, Skulpturen und sonstigen Kulturgütern, deren Mittelpunkt die Museumslandschaft auf der Berliner Spreeinsel ist. Diese sind vielleicht der schlagendste Beleg für den hohen Stand, den das alte Preußen auf nahezu allen Feldern des gesellschaftlichen Lebens hatte. Dass aus diesen Sammlungen im Laufe der letzten Jahrzehnte die größte Kultureinrichtung der Bundesrepublik Deutschland erwuchs, nämlich die nun im Fokus der Kulturpolitik stehende Stiftung Preußischer Kulturbesitz, belegt ebenfalls die herausragende Stellung Preußens in der deutschen Geschichte.

Traditionslinien der Republik

Womit wir bei den Kontinuitäten wären. Frau Roth hat zweifelsohne Recht, wenn sie die Traditionslinien der Bundesrepublik zu den demokratischen Bewegungen von 1848 und 1849 betont. Zugleich ist jedoch unstrittig, dass das heutige Deutschland staatsrechtlich in direkter Fortsetzung des 1871 unter preußischer Führung gegründeten deutschen Nationalstaats steht. Selbst die besondere Stellung des deutschen Sozialstaats, dem sich gerade die Mehrheit der Parteien der aktuellen Bundesregierung verpflichtet fühlt, hat seine Wurzeln im von Preußen begründeten Kaiserreich.

Insofern ist die besondere Stellung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in der heutigen Bundesrepublik kein Zufall und schon gar keine zu beseitigende Zumutung für jedes demokratische Empfinden, sondern der sichtbare Ausdruck einer Kontinuität, ohne die das heutige Deutschland auf vielen Feldern deutlich ärmer wäre.

Der große Staats- und Verwaltungsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde hat 1964 den Satz geprägt, dass „der freiheitliche, säkularisierte Staat (...) von Voraussetzungen (lebt), die er selbst nicht garantieren kann“. Diese Aussage lässt sich, leicht abgewandelt, auch auf die Kulturpolitik übertragen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist die institutionelle Erinnerung daran, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht aus dem Nichts entstanden ist, sondern in Entwicklungslinien steht, ohne die es diese Republik schlichtweg nicht gäbe.

Wo bleibt Scholz?

Gefragt ist in dieser Angelegenheit auch der Bundeskanzler. Das Amt des, beziehungsweise der „Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien“ – so die offizielle Bezeichnung – ist kein eigenständiges Ministerium, in dem ein Ressortchef schalten und walten kann, wie er will. Es ist faktisch ein Staatssekretärsposten, dem insbesondere die Entwicklung der Rahmenbedingungen der Kultur- und Medienpolitik, die Förderung von Kultureinrichtungen und die Vertretung des Bundes gegenüber den Bundesländern obliegt. Dass dieser Staatssekretärsposten im Kanzleramt angesiedelt ist, zeigt, bei wem die Letztverantwortung für die Kulturpolitik des Bundes liegt.

Frau Roth hat dieses Amt im letzten Jahr nicht etwa aufgrund einer strategischen Entscheidung der Koalitionspartner übertragen bekommen, sondern aufgrund der Tatsache, dass ein Flügel der Grünen zur Wahrung der inneren Statik der Regierung noch einen halbwegs respektablen Kabinettsposten brauchte. Schlimm genug. Es kann und darf jedoch nicht sein, dass sie mit diesem schwachen Mandat nun Hand an eine elementare Institution des deutschen Kulturstaats anlegt.


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Kommentare

Ralf Pöhling am 03.12.22, 17:39 Uhr

Wunderbarer Artikel. Das Fundament, auf dem unser Kultur- und Wissensschatz, und damit auch die Arbeits- und Existenzgrundlage von links tickenden Leuten wie Claudia Roth stehen, haben die Preußen gelegt.
Wenn Roth das jetzt demontiert, sägt sie an dem Stuhl, auf dem sie selbst und ihre Mitstreiter sitzen und von dem sie auch finanziell zehren. Oder direkter ausgedrückt: Die Preußen haben Leuten wie Roth & co. ihrer Karrieren überhaupt erst ermöglicht. Und genau dieser Kreis an Leuten, kann es mit der Kritik an ihren Förderern nicht seien lassen. Wie sagt der Volksmund so treffend? Undank ist der Welt Lohn.

Jaan Brandenburg am 30.11.22, 10:12 Uhr

Das sind die Auswüchse einer übersättigten Wohlstandsgesellschaft. Dieses aggressive , gegen die deutsche Kultur und grundsätzlich alles Deutsche gerichtete Denken ist so tief in den Köpfen der „Grünen“ verankert, dass sie nicht anders können.
Dies ist aber nicht nur bei dieser Bundestagsvizepräsidentin und Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die bereits vor vielen Jahren unter einem Transparent mit der Aufschrift „Deutschland du mieses Stück Scheiße“ skandierte, so. Das ist durchgängig in der Partei fest etabliert.
So haben zuvor andere Grüne schon unglaublich deutschfeindliche Sprüche abgesondert, wie z. B. Josef Martin Fischer mit „Deutsche Helden müsste die Welt, tollwütigen Hunden gleich, einfach totschlagen“ oder „Deutschland muss von außen eingehegt werden und innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi verdünnt werden“.
Herr Josef Martin Fischer wurde Außenminister unter der Regierung Schröder und hat deutsche Interessen im Ausland vertreten!
Ein Herr Robert Habeck, z. Zt. im Kabinett Olaf Scholz, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klima sonderte folgendes ab: „Patriotismus, Vaterlandsliebe also, fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht“ - was er heute eindeutig unter Beweis stellt.
Ganz offensichtlich ist dieser Herr nur Ideologie getrieben und dem Amt, wie die meisten in dieser Regierung Schlolz, einfach nicht gewachsen.

Karl-Jürgen Koch am 29.11.22, 17:45 Uhr

Zurecht hat der Vorwurf Bedeutung, dass diese häufig in Unkenntnis der historischen Abläufe handelnden RGG - Regierung mit Frau Roth den Gärtner zum Bock gemacht hat. Sie ist dem Anspruch dieses Amtes nur noch unzumutbar und überflüssig.

Federico Castell-Delmonte am 27.11.22, 11:10 Uhr

Im scharfen Gegensatz zu dem, was wir hierzulande jetzt gerade bekommen, war der preußische Staat nicht dem Wetter verpflichtet, sondern dem Recht! Und das galt für alle gleich! Es ist von daher nur konsequent, daß diejenigen, die jetzt dem neuen alten Ungeist mit all Ihrer Macht Bahn brechen wollen, die Erinnerung daran tilgen möchten. Man sollte sich davon aber nicht blenden lassen, denn die große Mehrheit der Menschen wird sich an die gute Zeit des preußischen Rechtsstaats noch erinnern, wenn die Nazi-Zigaretten-Enkel*Innen die derzeit scheinbar den öffentlichen Diskurs bestimmen, und denen vorallem Junge Menschen einmal mehr buchstäblich auf den Sekunden-Leim zu gehen scheinen, längst und zu Recht im Orkus der Geschichte verschwunden sein werden!

Heiko Rübener am 25.11.22, 17:12 Uhr

Ich habe eine Weile überlegt. Eingefallen ist mir keine Person, die - zumindest während meiner Lebensspanne - soviel Unflat abgesondert hat, wie die neue Staatsministerin für Dingsbums.
Sonst mutmaßt man im allgemeinen, daß jemandem Schlimmes widerfahren sein muss, um so verbittert zu werden, um so Gift und Galle um sich zu spucken.
Da haben die Radaukommunisten und Jubelsozialisten der DDR in Kulturhistorie mehr Fingerspitzengefühl gehabt. Der letzte Kulturbanause war Ulbricht, der in Leipzig die Universitätskirche der Alma Mater Lipsiensis, der ältesten ohne Unterbrechung betriebenen deutschen Universität nach Heidelberg, sprengen ließ.
Unglaublich tief muss der Hass sein.

Gregor Scharf am 25.11.22, 13:00 Uhr

Das eigene Erbe und die verblichene, alles befruchtende Hochkultur verleugnend sowie verzerrend darzustellen, ist man sichtlich bemüht und mit Übereifer dabei, die Unkultur der Verwahrlosung und Übermoral zu etablieren.
Ruhm, Ehre, Ordnung, Pflichtbewusstsein, Respekt waren gestern. Dabei völlig vergessend, dass wir noch heute dank preußischer Strukturen überhaupt als Staat und zum Teil als Volk funktionieren. Die völlige Entwurzelung der Teutschen wird somit Stück für Stück weiter voran getrieben. Äußerlich mag es gelingen und viele passen sich aus opportunistischen Gründen an. Doch die Wahrheit wird auch hier nicht zu übertünchen sein. Das Aufwachen der Verblendeten wird dann um so heftiger ausfallen, wenn die Söhne des Teut ihre Rechte zurück fordern. Der Zeitgeist ist ein Ungeist und vergänglich. Die Jahrtausende währende Geschichte eines Volkes hat sich in den „Genen“ verankert. Aber woher wollen sie es denn wissen, diese Besserwisser. Dabei sagen selbst die australischen Ureinwohner von uns, „Ihr seid die Veränderten“. Was für ein Schaden an den Menschen im Kern damit angerichtet wird, ficht die o.g. Klientel nicht an. Ihr Hohn und Spott wird sie zu Fall bringen. Kultur ist eben mehr als ein Diktat eines übereifriger Ministerchenchen.

Klaus Schricker am 24.11.22, 15:57 Uhr

Das ist das Ergebnis, wenn man die "sogenannte" Bildung auf breiter Front herunterfährt und der Dummheit Tür und Tor öffnet!

Gregor Scharf am 24.11.22, 15:40 Uhr

Gib einem Menschen Macht und du erkennst seinen Charakter.

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