Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Bertelsmann-Stiftung schließt Vergrößerung des Parlaments auf um die 1000 Abgeordnete nicht aus
Derzeit gehören dem Deutschen Bundestag 709 Mandatsträger an. Hinzu kommen mehrere tausend Mitarbeiter. Das Parlament hat somit 111 Abgeordnete mehr als vorgesehen und kostet über eine Milliarde Euro im Jahr.
Das liegt vor allem an den sogenannten Überhangmandaten, die entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate und damit garantierte Sitze im Bundestag bekommt, als ihr nach ihrem Anteil an den Zweitstimmen zustehen würden. Davon profitiert vor allem die Union, die längst nicht mehr so gute Ergebnisse hat wie früher, aber in den meisten Wahlkreisen trotzdem noch stärkste Partei ist.
Im vergangenen September konnte sich die Regierung nur auf eine kleinere Reform einigen, die nach Expertenmeinung kaum Auswirkungen haben wird. Ende April wurde dann schließlich eine Kommission zur Änderung des Wahlrechts eingesetzt. Sie soll auch Fragen wie ein Wahlrecht ab 16 Jahren, eine Verlängerung der Wahlperiode und die gleiche Repräsentanz von Frauen und Männern im Bundestag behandeln. Doch das Problem der Überhangmandate wurde nur mit spitzen Fingern angefasst.
Überhang- und Ausgleichsmandate
Nach dem aktuellen Wahlrecht werden alle Überhangmandate ausgeglichen. Die anderen Parteien bekommen so viele zusätzliche sogenannte Ausgleichsmandate, dass ihr Anteil an den Mandaten dem an den Zweitstimmen entspricht. Künftig sollen bis zu drei Überhangmandate nicht mehr ausgeglichen werden. Das würde einerseits die Aufblähung des Parlaments nicht wirklich verhindern und andererseits dafür sorgen, dass nicht mehr alle Parteien entsprechend ihrem Zweitstimmenanteil im Hohen Haus vertreten sind.
Die Große Koalition habe das Thema „vergeigt“, sagt der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle. Friedrich Straetmanns von der Linken spricht von einer „reinen Hinhaltetaktik“ der Union. „Sie haben nach wie vor gar kein Interesse an einem modernen Wahlrecht.“ An Mahnungen hat es in der Vergangenheit nicht gefehlt. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte die Parteien wiederholt aufgefordert, die Arbeitsfähigkeit des Parlaments im Auge zu behalten.
Doch viele Abgeordnete treibt die Existenzangst. Der Stimmenanteil der Union droht bei der kommenden Wahl Richtung 30-Prozent-Marke zu sinken. Ein Einzug über die Landesliste ist eigentlich nur noch in den großen Bundesländern möglich. Bereits jetzt sind lediglich 15 Abgeordnete der CDU/CSU über die Zweitstimme eingezogen. 231 haben ihren Wahlkreis direkt gewonnen.
Die Forscher der Bertelsmann-Stiftung machen das taktische Wahlverhalten vieler Bürger für die vielen Überhandmandate verantwortlich. Viele Unions-Anhänger würden beispielsweise ihre Zweitstimme der FDP geben, um bessere Koalitionsmöglichkeiten zu haben. Da die Liberalen ebenso wie die AfD, die Linke und die Grünen bislang nur in wenigen Kreisen Chancen auf ein Direktmandat hatten, würde mit der Erststimme vieler ihrer Anhänger der Direktkandidat der Union gewählt werden.
Analog hätten sich bislang viele Wähler verhalten, die mit der Zweitstimme die Grünen gewählt haben. In SPD-Hochburgen seien ihre Erststimme an den jeweiligen sozialdemokratischen Direktkandidaten gegangen.
Mittels eines Prognose-Rechners sind die Bertelsmann-Mitarbeiter zu dem Ergebnis gelangt, dass der künftige Bundestag künftig fast 1000 Abgeordnete umfassen könnte, sollte es der Union gelingen, mehr als 280 der 299 Wahlkreise zu gewinnen.
„Gescheiterte Wahlrechtsreform“
Ein derartiger Erfolg der CDU/CSU ist nicht völlig ausgeschlossen, aber nicht sehr wahrscheinlich. Robert Vehrkamp von der Bertelsmann-Stiftung legte im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ denn auch Wert auf die Feststellung, dass die Rechnungen keine Prognosen darstellten. „Es geht nicht darum, vorherzusagen, wie groß der Bundestag wird, sondern zu zeigen, dass ein extrem großes Parlament überhaupt nicht unwahrscheinlich ist. Am Wahlabend sollten wir deshalb gleich beide Daumen drücken: Den einen für die Partei der eigenen Wahl, und den anderen für eine akzeptable Größe des Bundestags.“
Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass sich nichts Wesentliches ändert. Stimmen die aktuellen Wahlkreis-Prognosen, dann wird die CDU ähnlich viele Direktmandate wie 2017 erreichen. Die Folge wäre eine Parlamentsgröße wie bisher.
„Die traurige Lehre aus der gescheiterten Wahlrechtsreform dieser Wahlperiode lautet: Je größer der Bundestag, umso größer sind auch die Widerstände gegen seine Verkleinerung“, sagt Bertelsmann-Forscher Vehrkamp. Das sagt einem auch der gesunde Menschenverstand. Denn eine Verkleinerung des Parlaments vermindert die Chance des einzelnen Abgeordneten, auch weiterhin mit dabei zu sein. Und wie sagte schon der vielleicht umstrittene, aber doch weise einstige FDP-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff? „Man kann nicht erwarten, dass die Frösche den Sumpf trockenlegen.“
Michael Holz am 06.08.21, 15:20 Uhr
Es dürfte nicht mehr als 299 Abgeordnete im Bundestag geben, genausoviele wie es Wahlkreise gibt.
Bei der Bundestagswahl kommt der mit der absoluten Mehrheit gewählte Kandidat in den Bundestag. Gibt es keine absolute Mehrheit eines Kandidaten im Wahlkreis, geht es mit den zwei Kandidaten mit den meisten Stimmen in die zweite Runde. Dort zieht der ein, der die einfache Mehrheit der Stimmen bekommt. So einfach könnte es in einer Demokratie sein, aber wir haben keine und wie der alte Lamsdorf sagte, die Frösche werden den Sumpf nicht trocken legen,
Tom Schroeder am 03.08.21, 18:49 Uhr
Haetten wir ein richtiges Parlament, wären auch 5000 Abgeordnete kein Problem - das bisschen Geld wird halt gedruckt - ha,ha. Nur was nutzen Abgeordnete, die immer mit dem Kanzler die unsinnigsten Dinge abnickend beschließen? Kann man sich eigentlich sparen - ein Kanzler und ein paar Staatssekretäre reichen doch, oder doch nicht?