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Der FDP-Politiker und kurzzeitige thüringische Ministerpräsident im Interview: Union „verrät ihre Werte“
Thomas Kemmerich erregte bundesweit Aufsehen, als er mit den Stimmen der AfD im Februar 2020 zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde. Kurz darauf hatte er das Amt unter massivem Druck nicht zuletzt vonseiten der damaligen Kanzlerin Merkel wieder abgegeben. Wie sieht der FDP-Politiker die Wahlen am kommenden Sonntag?
Bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September dürfte laut Umfragen die AfD mit Abstand stärkste Partei werden, während CDU und BSW dahinter fast gleichauf liegen. Wie erklären Sie Nicht-Thüringern solche Zahlen?
Die Thüringer (eigentlich alle Ostdeutschen) hatten immer genau dann Macht, wenn sie nicht das gemacht haben, was „die in Berlin“ wollten. Je mehr „die in Berlin“ die AfD bekämpfen und dabei die Verfassung biegen, wie beim vorerst gescheiterten Verbot von „Compact“, desto attraktiver wird die AfD. Beim BSW ist es anders. Es ist der Reiz des Neuen, mit einer charismatischen Frau an der Spitze, die im Osten auch noch sehr beliebt ist. Dass die CDU keine besseren Werte hat, liegt an ihrer Beliebigkeit. Fünf Jahre lang Rot-Rot-Grün zu Mehrheiten verholfen, jetzt jedem Alles versprechen und am Ende um jeden Preis regieren wollen. Das merken die Menschen.
Ihre FDP dümpelte zuletzt zwischen zwei und drei Prozent oder wurde von den Demoskopen gar nicht mehr ausgewiesen. Wie erklären Sie das?
Die FDP leidet unter der miserablen Performance der Ampel. Die Bundesthemen wie Migration, Inflation und Krieg dominieren den Wahlkampf. Ich bin aber überzeugt, dass die Thüringer Themen in den nächsten Tagen in den Vordergrund treten. Wenn es um den Unterrichtsausfall geht, wenn es um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum geht oder um die Unterstützung des Handwerks, da haben wir die besten Konzepte.
Die Ereignisse um Ihre Wahl zum Ministerpräsidenten und Ihren jähen Rücktritt von diesem Amt im Februar 2020 haben seinerzeit hohe Wellen geschlagen. Welchen Einfluss hatten die damaligen Ereignisse für die Entwicklung der politischen Landschaft in Thüringen und Deutschland?
Ehrlicherweise interessiert mich nur Thüringen. Hier in Thüringen haben die Menschen seitdem wieder die Gewissheit, dass die Vorsitzende der CDU bereit ist, die Verfassung zu brechen und eine demokratische Wahl rückgängig zu machen. Das hat aber nichts mit dem zu tun, für was die Menschen 1989 auf die Straße gegangen sind. Deshalb ist das große Misstrauen in die Politik hier besonders groß.
In den vergangenen Jahren hat insbesondere die Union die Abgrenzung zur AfD noch verschärft und sogar eine formelle „Brandmauer“ zu dieser Konkurrenzpartei verkündet. Während diese zur AfD mit allem Nachdruck verteidigt wird, wird das BSW bereits als möglicher künftiger Koalitionspartner gehandelt. Was sagen Sie dazu?
Die CDU verrät ihre Werte. Wer mit Postkommunisten ins Bett geht, um die Macht zu bekommen, wacht mit Putin in der Staatskanzlei auf.
Was erwarten Sie hinsichtlich der Entwicklung von Demokratie und Parteiensystem in Deutschland für die mittlere Zukunft?
Es wird ein vielfältiges Parteiensystem. Vielleicht sollten wir uns auch davon verabschieden, dass es immer eine parlamentarische Mehrheit für Regierungen braucht. Wichtig ist, dass die Ideen aus der Mitte ins Parlament kommen.
Mit Kemmerich sprach Theo Maass.