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Medizin

Klimanetzwerke greifen nach der Gesundheitsforschung

Das Thema Klimamedizin dringt in die deutsche Forschungslandschaft ein. Schon sind eigenständige Lehrstühle entstanden – Doch die wissenschaftliche Basis entpuppt sich als denkbar dünn

Wolfgang Kaufmann
04.07.2023

Vor einigen Wochen wandte sich der Freiburger Orthopäde und Chirurg Michael Staiger mit einem sehr kritischen offenen Brief an das „Deutsche Ärzteblatt“, in dem er unter anderem schrieb: „Auch dem flüchtigen Leser Ihres Periodikums kann es nicht entgangen sein, dass das neueste, durch das medizinische Dorf getriebene Einhorn die sogenannte Klimamedizin darstellt ... , deren zukünftige alternativlosen Vorschläge (bald Weisungen?) zur Bekämpfung des sogenannten menschengemachten Klimawandels, einschließlich Forderung nach zum Beispiel CO₂-emissionsfreien Arztpraxen und dergleichen, uns zunehmend beschäftigen werden.“

Und tatsächlich hatte sich das Ärzteblatt schon mehrmals für die Etablierung und den Ausbau des Faches Klimamedizin eingesetzt. So beispielsweise im August 2020 durch den Abdruck eines langen Artikels aus der Feder von Claudia Traidl-Hoffmann, Inhaberin des Lehrstuhls für Umweltmedizin an der Universität Augsburg. Darin hieß es unter anderem: „So wie der Klimawandel den Globus attackiert, attackieren dessen Folgen den menschlichen Organismus.“ Dazu komme, „dass alle extremen Wetterereignisse auch psychische Probleme mit sich bringen“. Also sollten die Mediziner Vorkämpfer sein, wenn es um die „Transformation der Gesellschaft“ zwecks Begrenzung der Erderwärmung sowie die „Überwindung von Widerständen“ dagegen gehe. „Nicht zuletzt die Coronakrise zeigt, zu wie vielen Anpassungen unsere Gesellschaft fähig ist. Die wissenschaftliche Evidenz und wichtige Impulse kamen aus der Medizin. Genauso kann es beim Klimawandel sein.“

Dabei war die Lobbyarbeit zugunsten der Klimamedizin zu dem Zeitpunkt bereits recht erfolgreich gewesen. Davon zeugen die Verabschiedung der „Heidelberger Standards der Klimamedizin“ und groß aufgezogene Tagungen wie die des Marburger Bundes Berlin-Brandenburg zum Thema „Das Klima macht uns krank“.

Die Gates-Stiftung finanziert mit
Außerdem wurden 2019 zwei spezielle Professuren für Klimawandel und Gesundheit an der Universität Augsburg und an der Berliner Charité eingerichtet. Der Augsburger Posten ging an die Geographin und Klimatologin Elke Hertig und der in Berlin an die Ärztin und Epidemiologin mit einer Spezialisierung auf den Bereich Weltgesundheit Sabine Gabrysch.

Gabrysch ist dabei zugleich ein hervorragendes Beispiel für die weitläufige Vernetzung der klimamedizinischen Avantgarde. So leitet sie parallel auch die Forschungsabteilung Klimaresilienz am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Außerdem saß Gabrysch, die zu den Mitbegründern der Deutschen Allianz für Klima und Gesundheit (KLUG) gehört und sich zusätzlich noch in der Initiative Scientists for Future zur Unterstützung der Klimaschutzbewegung Fridays for Future engagiert, bis 2022 im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU).

Zudem fungierte sie vor dem Wechsel an die Charité als stellvertretende Leiterin des Instituts für Weltgesundheit am Universitätsklinikum Heidelberg. Hier wurde ihr aufwendiges Fünf-Jahres-Projekt zum Thema „Gender, Landwirtschaft und Vermögenswerte“ unter anderem von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung finanziert.

Was Wissenschaftlerinnen wie Hertig und Gabrysch eint, ist ein ausgeprägtes Sendungsbewusstsein. Hertig hält ihr Forschungsgebiet für absolut zukunftsträchtig, weil es die Grundlage für eine „Lebensstil- und Verhaltensänderung“ von uns allen sei. Und Gabrysch will nicht mehr und nicht weniger, als maßgeblich dazu beitragen, dass „gesunde Menschen auf einem gesunden Planeten“ leben.

Allerdings weisen die bisherigen klimamedizinischen Studien im Kontrast zu solcherart hochfliegenden Absichtserklärungen samt und sonders eklatante methodische Schwächen auf. Hierzu zwei typische Beispiele.

Fragwürdige Berechnungen
In ihrer im August 2019 im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlichten Arbeit „Assoziation von Klimafaktoren mit Wundinfektionsraten“ behaupteten einige mehrheitlich an der Berliner Charité tätige Mediziner, dass die vom Menschen verursachte Erderwärmung zu mehr Wundinfektionen nach Operationen führe. Dabei basierten ihre Aussagen aber auf einer haarsträubend unprofessionellen Vorgehensweise: Zum Ersten brachten sie Daten zu Wundinfektionen innerhalb von 17 Jahren, deren genauen Entstehungszeitpunkt sie nicht kannten, mit Temperaturwerten in Zusammenhang.

Zum Zweiten gingen die Autoren stillschweigend davon aus, dass Wundinfektionen lediglich von der Außentemperatur und keinen anderen Faktoren wie beispielsweise Ärztepfusch beeinflusst werden. Und zum Dritten stehen die präsentierten Daten auch im krassen Widerspruch zu ihrer Interpretation: Das Risiko von postoperativen Wundinfektionen aller Art lag 2000 ganz eindeutig höher als 2016, obwohl die Temperaturen im Verlauf der untersuchten Zeitspanne angeblich gestiegen sind.

Von ähnlicher Qualität war die gleichfalls im „Deutschen Ärzteblatt“ abgedruckte klimamedizinische Studie mit dem Titel „Zukünftige Häufigkeit temperaturbedingter Herzinfarkte in der Region Augsburg. Eine Hochrechnung auf der Grundlage der Zielwerte der Pariser UN-Klimakonferenz“. Darin verkünden die Autoren, welche diesmal vor allem von den Universitätskliniken München und Augsburg kamen, genau wie ihre Kollegen in Berlin, dass die Erderwärmung zu mehr dramatischen gesundheitlichen Ereignissen führe.

Allerdings verblüfft auch hier die methodische Unbedarftheit: Die prognostizierte Zunahme innerhalb der kommenden, immer „heißer“ werdenden Jahre fällt statistisch in keiner Weise signifikant aus. Dies bedeutet, dass es durchaus auch zu einem Rückgang der Herzinfarkte bei höheren Temperaturen kommen könnte.

Die Klimamediziner sind den Beweis ihrer wissenschaftlichen Brillanz also bislang schuldig geblieben. Letztlich konnten sie vorerst nur die Fähigkeit demonstrieren, sich ohne Wenn und Aber ins Heer der Klimahysteriker einzureihen, welche eine Erderwärmung behaupten und daraus allerlei Panikszenarien ableiten.


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Kommentare

Gretel Thunfisch am 09.07.23, 11:35 Uhr

Also ich finde ja, daß wir dringend auch unsere Nationalhymne an den gefühlten Klimawandel anpassen sollten, denn dann können wir endlich auch wieder die erste Strophe singen:

"Klima, Klima über alles..."

(Ironie an!)

Annegret Kümpel am 04.07.23, 20:38 Uhr

Ich kann das Wort "Klima" nicht mehr hören!!
Klima ist kein Ereignis, Wetter ist ein Ereignis.
Warum spricht man nicht vom Wetter und vom Umweltschutz?

Kersti Wolnow am 04.07.23, 06:58 Uhr

Nicht das Klima macht uns krank, es sind die Uhrenumstellungen, die unseren Lebenrhythmus willkürlich 2x im Jahr verändern. Man kann Steuergelder in reale Bauprojekte, wie Brücken- oder Straßenbau investieren oder in ideologisch gefärbte Wahnideen, wie Vogelhäcksler, die Strom nicht speichern können .
Überhapt sollte jedes Land für sich seine Finanzen verwalten, was hat die Gates Stiftung bei uns zu suchen?
Ich kann das Wort "Welt" oder "global" nicht mehr hören.

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