Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Ob Stadtführung oder Kajaktour auf der Mottlau – Die Hansestadt ist immer eine Reise wert
Seit meinem ersten Besuch in der Stadt sind viele Jahre vergangen. Die Erinnerungen daran sind ebenso blass wie die längst vergilbten Schwarz-Weiß-Fotografien von damals.
Gut erinnern kann ich mich aber noch an das Krantor, das Wahrzeichen der Stadt. Mit seinen roten Backsteintürmen und dem schwarzen hölzernen Hebewerk prägt es die Silhouette der Uferpromenade und ist als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten auf fast allen Postkarten zu sehen.
Dort treffe ich Aleksandra Bejowicz für eine Stadtführung. Das nach einer grundlegenden Renovierung gerade wiedereröffnete Museum imponiert sehr. „Schauen Sie nach oben“, fordert sie auf, „da sehen sie die imposanten hölzernen Treträder. Meist waren es Strafgefangene, die den beeindruckenden Hebemechanismus bewegen mussten. Mit dieser Technik wurden nicht nur tonnenschwere Lasten gehoben, sondern es war auch möglich, Schiffsmasten aufzurichten.“
Schnelles Be- und Entladen der Koggen und anderer Schiffe war auch damals schon wichtig. Der Ostseehandel machte Danzig unermesslich reich. Diesen Reichtum zeigten die Kaufleute nur allzu gerne. Überall entstanden in dieser goldenen Zeit der Stadt prächtige Patrizierhäuser mit bunten und verspielten Fassaden. Nur ein Beispiel dafür ist der Lange Markt. Der langgestreckte Platz ist auch im Herbst bis spät in den Abend mit Leben erfüllt. Einheimische und Touristen sitzen in den Restaurants und Bars. Junge Leute aus aller Welt machen Musik und manchmal tanzen sogar die Zuhörer mit. Die Stimmung könnte besser nicht sein.
Der Artushof ist das wohl eindrucksvollste Haus des Platzes. Er war der Treffpunkt für die Kaufleute, die hier ihre Geschäfte abwickelten. Beliebte Fotomotive sind die von der Decke der sternengewölbten Halle herabhängenden Modelle von Segelschiffen sowie der zwölf Meter hohe und reich verzierte Kachelofen.
Nicht zu übersehen ist das Rechtstädtische Rathaus mit seinem markanten, 81 Meter hoch aufragenden Turm, von dessen Aussichtsplattform sich ein faszinierender Blick auf die Stadt ergibt.
Im Rathaus sind auch Bilder ausgestellt, welche die nach 1945 fast komplett zerstörte Innenstadt zeigen. „Nach dem Ende des Krieges fuhren Züge mit den aus Danzig vertriebenen Deutschen in Richtung Westen. Am gleichen Bahnhof kamen aus dem Osten Züge mit polnischen Menschen an, die wiederum aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Und diese Menschen, die das alte Danzig ja gar nicht kannten, entschieden sich für den Wiederaufbau nach historischem Vorbild“, berichtet Aleksandra und nennt das ein wirklich großes Wunder.
In alter Schönheit ist auch die Frauengasse wiederaufgebaut worden. Ihr Kennzeichen sind die typischen Beischläge, eine Terrassen-Treppenkombination vor den Häusern. Heute befinden sich hier schöne Cafés und vor allem Läden, die Bernsteinschmuck anbieten. Die Auswahl ist riesig, Kaufentscheidungen fallen schwer. Ein Besuch im Bernsteinmuseum, das sich in der Großen Mühle auf der Radaune-Insel befindet, vermittelt auf anschauliche Weise alles Wissenswerte um das Gold der Ostsee.
Einen Ausflug in die jüngere Geschichte bietet das 2017 eröffnete Museum des Zweiten Weltkriegs. Anliegen des Museums ist es, zu zeigen, wie das polnische Volk den Zweiten Weltkrieg erlebt hat – erst den Einmarsch durch Truppen des nationalsozialistischen Deutschlands und dann der stalinistischen Sowjetunion. Eindrücklich werden Ursprünge und Folgen auf Opfer und Täter vorgeführt. Wohl jeder Besucher verlässt die Ausstellungsräume mit beklemmenden Gefühlen.
Auch in der Marienkirche, die zu den größten Backsteinkirchen der Welt zählt, erlebe ich bedrückende Momente. Aleksandra zeigt mir im Gotteshaus nicht nur die Astronomische Uhr, sondern auch das mit frischen Blumen geschmückte Grab von Paweł Adamowicz. „Er war ein Bürgermeister mit Visionen“, meint die Stadtführerin. 2019 wurde er ermordet. Die Hintergründe des Attentats sind bis heute nicht restlos geklärt.
„Adamowicz hat das Bild der Stadt verändert“, sagt Aleksandra, „Er wollte Danzig nicht nur als alte Hansestadt begreifen. Mit der Bebauung der Speicherinsel, dem Bau des Shakespeare-Theaters und des Fußballstadions und vor allem mit dem Europäischen Zentrum der Solidarität setzte er ganz neue Akzente.“
Es war seine Idee, auf dem Gelände der ehemaligen Lenin-Werft ein multimediales Museum einzurichten, das den Kampf der Werftarbeiter und ihrer Gewerkschaft Solidarność gegen das kommunistische Regime zeigt. Unter dem Motto „Wege zur Freiheit“ wird hinter einer eindrucksvollen Fassade aus rostbraunem Stahl und Glas der opferreiche Kampf der Arbeiter anhand von Filmausschnitten, Flugblättern und Installationen gezeigt. Er leitete den Untergang des Kommunismus in Polen und im ganzen Ostblock ein.
Heute werden auf dem Gelände der einst fünftgrößten Werft der Welt nur noch kleine Schiffe und Windräder gebaut. Einen anderen Teil des Areals hat die Danziger Clubszene für Konzerte und Partys erobert.
Lukasz Darski vermittelt eine ganz andere Sicht auf Danzig, nämlich vom Wasser aus. Ich treffe ihn bei einem Bootsverleih an der Mottlau am Anleger Poggenpfuhl [Zabi Kruk]. Schnell sitzen wir in den knallroten Kajaks, und los geht es zu der zweieinhalb Stunden langen Tour, die auch für Anfänger gut geeignet ist. „Du hast ein ganz anderes Gefühl, wenn du die Stadt vom Wasser aus siehst“, sagt Lukasz. Und tatsächlich, ich kann Danzig jetzt aus der Perspektive eines ankommenden Seefahrers betrachten und fast ohne Touristentrubel. Dazu bekomme ich jede Menge interessante Informationen etwa über das Grüne Tor, das den Langen Markt zur Mottlau abschließt, die Bleihof-Insel, das Museumsschiff „Soldek“ und vieles andere mehr.
Ungekrönte Sommerhauptstadt der Republik Polen ist Zoppot. Mit seinen schönen Sandstränden ist das einstige Fischerdorf heute wieder ein mondänes Seebad. Nur zwölf Kilometer von Danzig entfernt und gut mit der Schnellbahn erreichbar, ist Zoppot bei schönem Wetter von Touristen überlaufen. Sie promenieren in der Fußgängerzone und deren Verlängerung, der mit 500 Metern längsten Seebrücke Europas. Sehen und gesehen werden – das ist hier das Motto. Es gibt auch viele Cafés und Restaurants, die zum Einkehren einladen.
Wer es ruhiger mag, nimmt die Fähre hinüber zur Halbinsel Hela mit wunderbaren Sandstränden, Dünen und Kiefernwäldern. Viele Wege laden zum Wandern und Radfahren ein. Zahlreiche Stände bieten frisch geräucherten Fisch – einfach mal probieren. Er schmeckt köstlich!