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Julian Gembalski will der schlesischen Orgel wieder Geltung verschaffen
Zu dem wohl wichtigsten Ereignis für Orgelmusikfreunde zählt die internationale Konzertreihe „Non Sola Scripta“ in der Breslauer Stiftskirche zum Heiligen Kreuz. Hier erklingt im Schatten des Domes an jedem Augustsonntag jeweils um 19 Uhr Orgelmusik, die von namhaften Organisten dargeboten wird. Einer, der sich nicht nur der Orgelmusik selbst, sondern auch dem Erforschen schlesischer Orgelgeschichte verschrieben hat, ist der Komponist und Professor der Karol-Szymanowski-Musikakademie in Kattowitz, Julian Gembalski. „Schlesien ist unglaublich reich, wenn es um die Leistungen der Orgelmeister geht. Breslau war einst ein Zentrum der schlesischen Orgelbaukunst. Später verlor dieses Zentrum an Bedeutung, weil es nach 1945 in Breslau kaum mehr intakte Instrumente gab. Es fehlte auch an Menschen, die über das Wissen um diesen Reichtum verfügten“, sagte der Leiter der Fakultät für Orgel- und Kirchenmusik an der Kattowitzer Musikakademie. Im 18. Jahrhundert, so Gembalski weiter, war Breslau europaweit für die Orgelmusik und den Orgelbau berühmt. Dort wirkten große Meister wie der Breslauer Michael Engler (1688-1760) oder der Sorauer Eugen Casparini (1623-1706). „Breslau beeinflusste ganz Mitteleuropa. Doch das Wissen um die schlesische Orgelkultur war im Schlesien der Nachkriegszeit lange unbekannt; erst 30 Jahre nach Kriegsende haben sich polnische Musikologen langsam an das Thema herangetastet“, klagte der aus Laurahütte stammende Musikprofessor.
Der Verlust der kulturellen Kontinuität in Schlesien sei die stärkste Motivation für ihn, sich mit der schlesischen Orgelgeschichte zu beschäftigen, sagt er. „Durch die Nachkriegspolitik der Zerstörung, des Verschacherns von Kulturgütern und der mangelnden Pflege der verbliebenen Orgeln haben wir sehr viele Instrumente verloren. Es entstanden im gesamten Schlesien große Lücken auch im Wissen um die Orgelgeschichte“, betonte er. Gembalski möchte diese Lücken schließen, auch wenn vieles nicht mehr möglich ist. An seiner Fakultät in Kattowitz gründete er das Museum Schlesischer Orgeln. Dort zeigt er Orgelfragmente, die er während seiner Forschung in Oberschlesien vor dem Verfall retten konnte. Die Objekte ließ er minutiös katalogisieren und sanieren. Zahlreiche Dokumente und Bilder aus Ober- und Niederschlesien erzählen die Geschichte der schlesischen Orgelkunst. Er lässt es sich nicht nehmen, die Besucher selbst durch die Sammlung zu führen. Im Laufe der Zeit wurde sein Orgelmuseum um eine Werkstatt für historische Sanierungen und 2012 ein Archiv erweitert. Gembalski arbeitet seit fast zehn Jahren darauf hin, dass sein Archiv die wichtigste Dokumentationsquelle für schlesische Orgelkultur wird. Ebenfalls seit 2012 ist er der Kopf der Konferenz für Schlesische Orgeln an der Universität Oppeln. In diesem Jahr sprach er mit seinem langjährigen Mitstreiter, dem Geistlichen Grzegorz Poźniak, über das Schaffen der Orgelbaufirma Berschdorf aus Neisse, deren wichtigste Schaffensperiode in die Jahrhundertwende fiel. Ihr größtes Instrument ist die 1941 erbaute Orgel in der St. Barbara-Kirche im Oberschlesischen Beuthen.
Aktuelle Orgelkonzerte
Wer das musikalische Können des Orgelliebhabers erleben möchte, muss heute jedoch nach Ostpreußen reisen. Dort sind die Passenheimer (Pasłęk) Orgelkonzerte 2021 im vollen Gange. In der dortigen evangelischen St.-Bartholomäus-Kirche erklingt die 1719 vom Danziger Orgelbaumeister Andreas Hildebrandt erschaffene Orgel. Das einzigartige Instrument ist 2013 grundsaniert worden, und internationale Organisten erfreuen nun das Ohr der Musikfreunde. Am 14. August um 19.30 Uhr bringt Julian Gembalski barocke Musik sowie eigene Kompositionen und Improvisationen zu Gehör.
Orgelmusik in Schlesien kann man zur Zeit in Haynau bei Liegnitz genießen. In der dortigen Peter-und-Paul-Kirche werden am 15. und 28. August um 19 Uhr Orgelvirtuosen aus ganz Schlesien ihr Können unter Beweis stellen. Das Abschlusskonzert des Haynauer Sommer-Orgelfestivals ist für den 26. September anberaumt.