16.09.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Vorbild aus dem Norden: Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei Kanzler Scholz 2023 in Berlin
Foto: ullstein bild - snapshot-photographyVorbild aus dem Norden: Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei Kanzler Scholz 2023 in Berlin

Einwanderungsbegrenzung

Kopenhagen zeigt, dass es geht

Dänemarks sozialdemokratische Regierung betreibt eine restriktive Asylpolitik

Sverre Gutschmidt
05.09.2024

Der islamistische Messeranschlag von Solingen hat die politischen Wogen in Wallung gebracht. Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sprechen eine eindeutige Sprache, und die Wahlen in Brandenburg stehen bevor. All das geschah unter dem Eindruck der brutalen Messertat eines Syrers, der schon lange hätte abgeschoben werden müssen. Ähnliche Taten lassen den Staat mittlerweile regelrecht hilflos erscheinen. Das fürchtet die Union.

Aufforderung, jetzt zu handeln
CDU-Chef Friedrich Merz geht daher die Themen Asyl und Zuwanderung im großen Stil grundlegend als „Notlage“ an, schnörkellos und direkt wie kaum zuvor ein Politiker. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dem er vorwirft, ihm entgleite das komplette Land, schlug er nicht weniger vor, als die Koalition mit FDP und Grünen zu umgehen, um endlich nötige Gesetze mit Mehrheiten zusammen mit der CDU/CSU-Fraktion rasch durchzubringen: Nationaler Notstand mit Grenzkontrollen an deutschen EU-Grenzen, Asylstopp für Syrer und Afghanen, Abschiebungen auch in diese Länder. Der Tenor ist dabei: Was gesetzlich nicht möglich ist, erfordert halt neue Gesetze – jetzt und sofort. Scholz bleibt damit die Wahl zwischen einem Koalitionsende oder einem für alle sichtbaren Ende politischer Vernunft. Entsprechend hat Scholz binnen Stunden den Spieß umgedreht mit einem Gegenentwurf der Koalition.

Die politische „Komfortzone“, wie Oppositionsführer Merz es nennt, zu verlassen, heißt für ihn, sich ein Beispiel an Dänemark zu nehmen. Das Land, das kurz vor Solingen in vielen deutschen Medien wegen seiner aktuellen „Abschiebelager ohne Ausgang“ als nahezu abschreckend vorgeführt wurde. Die Kernforderungen von Merz nach mehr Kompetenz für die Polizei, Änderungen des Aufenthaltsrechts und der Asylbewerberleistungen sind dort nämlich längst Realität. Die Stadt Aarhus schickt beispielsweise Asylbewerber, die keine Arbeit finden, zum gemeinnützigen Putzen und Reinigen öffentlicher Einrichtungen, Parks und Plätze. Der Stadtrat erklärt dazu: „Die Kinder in den Familien sollen sehen, dass Arbeit den Alltag bestimmt, nicht Stütze.“

Dialog und harte Hand gehören dabei in dem Modellprojekt für das ganze Land zusammen. Ein Programm, IS-Rückkehrer direkt anzusprechen und im Rahmen des sogenannten inländischen Terrorismus Prävention zu leisten, sieht die Stadt nicht als Widerspruch zum konsequenten Umgang mit den entsprechenden Straftätern.

Wohlfühlen nicht gewünscht
Die Prüfung von Asylanträgen für Dänemark in Drittländern ist für Deutschlands nordischen Nachbarn ebenso Realität wie Abschiebeeinrichtungen, „in denen man sich nicht wohlfühlen soll. Schließlich sollen diese Menschen wissen, dass sie nicht beziehungsweise nicht mehr willkommen sind“, so der für Zuwanderung zuständige dänische Minister, der Sozialdemokrat Kaare Dybvad Bek.

Sein Vorgänger bis 2022, der Sozialdemokrat äthiopischer Abstammung Mattias Tesfaye bilanzierte im Januar jenes Jahres: „Die Hälfte der Asylbewerber in Europa ist in keiner Weise schutzbedürftig, und es sind mehrheitlich junge Männer.“ In Kopenhagen lässt die sozialdemokratische und somit eher „linke“ Regierung ein ganzes Stadtviertel umgestalten, weil Kriminalität, Arbeitslosigkeit und die Gewalt dort Dänen abschreckten – „so etwas werde ich nie in meinem Leben zulassen“, ließ Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen dazu verlauten: „Das Getto wird abgerissen, Punkt.“

Abkehr von SPD-Werten
Spontanes Asyl ist in Dänemark abgeschafft. Es gibt kein Asyl mehr an der Landesgrenze, externe Auffangzentren sind vorgesehen, strenge Regeln bei Familienzusammenführung insbesondere von Ehepartnern bestimmen den Alltag – die Liste dessen, was die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung noch vor Monaten am dänischen Weg massiv anprangerte, liegt nun aber auch für Deutschland auf dem Tisch der politischen Wirklichkeit. Denn was in Dänemark eine breite Mehrheit
– einschließlich der politischen Linken – gutheißt, ist EU-weit die Blaupause für entsprechende neue Gesetze, nur in Deutschland bisher nicht.

Die „bemerkenswerte Abkehr von sozialdemokratischen Werten“, welche die besagte Stiftung ihren nordischen Kollegen vorhält, geht weiter, als Bundeskanzler Scholz' aktueller „Gegenvorschlag“ zu Merz. Das dänische Ausreisezentrum Ellebæk, laut Anti-Folter-Komitee des Europarats (CPT) angeblich nicht für Menschen geeignet und „schlimmer als russische Einrichtungen“ steht aktuell besonders im Fokus. Dänemarks zuständiger Minister konterte, es solle ja auch nicht „behaglich“ sein.

Sozialstaat bedroht
Mit Rückkehrprämien, permanenten Grenzkontrollen – auch zur deutschen Grenze hin, der Einstufung von Syrien als „sicherer“ Staat und somit Abschiebeland setzt Dänemark dem handlungsunfähigen Asylsystem Deutschlands ein Modell entgegen. Die Entscheidungen begründen Regierungskreise in Kopenhagen keineswegs nur mit Rechtshoheit und Handlungsfähigkeit – für die Dänen geht es bereits um sehr viel mehr. Denn ein funktionierender Sozialstaat könne nicht mehr aufrechterhalten werden, wenn er durch unkontrollierte Zuwanderung erodiert werde. Die neue Konsequenz kann somit auch als linkes europäisches Projekt verstanden werden.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS