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„Krabats“ geistiger Vater

Vor 100 Jahren wurde der aus Böhmen stammende Jugendbuchautor Otfried Preußler geboren – Zwei Ausstellungen zum Jubiläum

Ulrike Gentz
19.10.2023

Seine positive und liebevolle Einstellung Kindern und Jugendlichen gegenüber brachte Otfried Preußler mit folgendem Satz zum Ausdruck: „Manchmal wurde ich gefragt: ‚Warum schreiben Sie eigentlich Bücher für Kinder?' Ich antwortete: ‚Weil es mir Spaß macht.' Und genau so viel Spaß wie ich beim Schreiben habe, wünsche ich allen Lesern.“

Die Familie des am 20. Oktober 1923 in Reichenberg geborenen Jugendbuchautors stammt ursprünglich aus Böhmen, zumindest lassen sich seine Vorfahren – meist Glasmacher – bis ins 15. Jahrhundert dort nachweisen. Sein Vater, Josef Syrowatka, war nicht nur Lehrer, sondern auch Volkskundler und Heimatforscher. Er übernahm 1941 den Nachnamen seiner Vorfahren, die Preißler hießen, wandelte ihn aber in Preußler um.

Die Tendenz von Otfried Preußler, Geschichten und Erzählungen zu verfassen, wurde auch von seiner Großmutter unterstützt, die die Volkserzählungen und Sagen aus ihrer Heimat, dem Isergebirge in Böhmen, gut kannte. Entsprechend verarbeitete Preußler die Volkssagen, Legenden, Mythen und Erzählstoffe seiner Heimat in seinen späteren Geschichten.

Preußler glaubte, dass auch zwei Hexen zu seinen Vorfahren gehört hätten. Sein wichtigstes Buch war das virtuelle Geschichtenbuch seiner Großmutter. Nach seiner Aussage ist dieses großmütterliche Werk das einflussreichste Buch seines Lebens gewesen. Der junge Preußler ging in Reichenberg auf die Rudolphschule. Er bevorzugte Deutsch und andere Fächer, die sich mit Sprachen beschäftigten und wollte Professor für deutsche Landesgeschichte an der Karlsuniversität in Prag werden.

1942 machte Preußler sein Abitur, wurde danach als Soldat zum Dienst in den Zweiten Weltkrieg einberufen, kam in russische Kriegsgefangenschaft, war in fünf verschiedenen Kriegsgefangenenlagern in der tatarischen Republik, magerte bis auf 40 Kilo ab und erlitt Malaria, Typhus sowie Fleckfieber.

Vier Jahre nach Kriegsende wurde Preußler im Juni 1949 aus der russischen Kriegsgefangenschaft entlassen. In Rosenheim in Oberbayern traf er seine Verwandten wieder. Auch seiner Verlobten begegnete er wieder, die er noch im selben Jahr heiratete.

Preußler wollte ins Lehramt wie sein Vater. Während er studierte, verdiente er seinen Lebensunterhalt auch als Schriftsteller und lebte vom Schreiben und Erzählen von Märchen und Geschichten für den Kinderfunk, sowie als Lokalreporter.

Zusammenarbeit mit der Tochter
Nach seinem Studium widmete sich der Volksschullehrer seiner Karriere im Schuldienst und brachte es bis zum Rektor in Stephanskirchen, wo er an einer Schule unterrichtete, die später nach ihm in „Otfried-Preußler-Schule“ umbenannt wurde. Teilweise betreute er bis zu 52 Schüler. Seine Erzählkunst und seine zeichnerische Begabung motivierten, begeisterten und prägten die Kinder. So erzählte Preußler seinen Schülern immer wieder Märchen und Geschichten aus seiner Heimat, die er teilweise später sogar aufschrieb und dann publizierte.

Preußlers Laufbahn als Schriftsteller und Publizist beschränkte sich zunächst auf kleinere Erzählungen, Übersetzungen und Hörspiele für den Kinderrundfunk. Er ließ seinem finanziell sichereren Lehrberuf aber zunächst den Vorrang vor seinem Beruf als freier Schriftsteller. Preußler schrieb 32 Kinder- und Jugendbücher. Seine Werke existieren in 55 Sprachen mit mittlerweile 275 Übersetzungen. Seine Buchtitel haben eine Gesamtauflage von über 15,2 Millionen Exemplaren in deutscher Sprache. Bis heute zählt Preußler mit seinen phantasievollen, spannenden und zugleich humorvollen Kinderbüchern zu den bekanntesten deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren.

Mit „Der kleine Wassermann“ erschien im Jahre 1956 sein erstes Kinderbuch, für das er 1957 bereits den Deutschen Kinderbuchpreis erhielt. Ein Jahr später verfasste er „Die kleine Hexe“ und im Jahre 1962 schrieb er sein bekanntestes Werk, den „Räuber Hotzenplotz“. 1971 verfasste er sein bewegendstes Buch: „Krabat“, für das er im Jahr 1972 den Deutschen Jugendbuchpreis erhielt.

Eine der drei Töchter Preußlers, Regine Stigloher, arbeitete als Lektorin und – wie ihr Vater – als freie Publizistin. Gemeinsam mit ihm schrieb und veröffentlichte sie im Anschluss an den ersten Titel des „Kleinen Wassermann“ drei Fortsetzungsbände: „Frühling“, „Sommerfest“ und – posthum nach Preußlers Tod – „Herbst“. Als freier Schriftsteller lebte Preußler zuletzt in Haidholzen in der Nähe von Rosenheim, anschließend in Prien am Chiemsee, wo er am 18. Februar 2013 gestorben ist.

Über viele Jahre und Jahrzehnte gewährte er dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge großzügige finanzielle Unterstützung. „Im Gedenken an all seine Kriegskameraden, die er in den Kämpfen und in seiner fünf Jahre dauernden sowjetischen Kriegsgefangenschaft hatte sterben sehen“ unterstützte er tatkräftig diese Organisation.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, www.kulturstiftung.org

Ein bisschen Magier bin ich schon...“, Ausstellung bis 12. November im Sudetendeutschen Museum, Hochstraße 10, 81669 München. Bis zum 21. Oktober findet dort anlässlich des Preußler-Jubiläums eine Tagung und ein Geburtstagsfest statt:
www.sudetendeutsches-museum.de
Der Mensch braucht Geschichten“, Ausstellung bis 7. Januar im Stabi Kulturwerk, Unter den Linden 8, 10117 Berlin:
www.stabi-kulturwerk.de


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Kommentare

Ron Reinhardt am 21.10.23, 06:05 Uhr

Aufgewachsen mit dem Kleinen Wassermann und dem Kleinen Gespenst vor 50 Jahren,erzähle ich meiner kleinen Tochter heute Gute-Nacht-Geschichten,wie das Gespenst um Mitternacht den Wassermann besucht.
Wenn sie alt genug ist kaufe ich ihr Krabat.Hotzenplotz hat sie schon gelesen.
Mir fällt erst beim Lesen des Artikels auf,wie prägend Preusslers Bücher für meine Kindheit und Jugend waren und wie sie jetzt die nächste Generation prägen,sofern diese des Lesens mächtig ist.

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