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Heilsberg

Kreisverkehr erhält den Namen eines Deutschen

Wegen seiner Bedeutung für die Stadt wurde der Heilsberger Pfarrer Alfons Maria Buchholz postum geehrt

Edyta Gładkowska
18.10.2020

Der Kreisverkehr an der Kreuzung Olsztyńska- und Kopernikus-Straße in Heilsberg wurde Ende September nach dem Pfarrer Alfons Maria Buchholz benannt. Die Benennung ging auf eine Initiative des deutschen Vereins „Ermland“ in Heilsberg und vor allem der Vereinsschatzmeisterin Ewa Huss-Nowosielska zurück, die sich an vielen kulturellen Projekten beteiligt. Im Rahmen der offiziellen Enthüllung des Verkehrsschilds fand ein Vortrag über das Leben und Werk Pfarrer Buchholz' statt, den Beata Błażejewicz Holzhey in der Orangerie in Heilsberg hielt.

Das Publikum, dessen Größe wegen der Corona-Pandemie begrenzt war, erfuhr, dass Alfons Maria Buchholz am 18. Dezember 1874 in Knopen bei Guttstadt als viertes Kind von Johann Buchholz und Pauline Poetsch geboren wurde. Nach dem Abitur studierte er Theologie am Braunsberger Gymnasium. Danach wurde er von Bischof Andreas Thiel in der Kathedrale von Frauenburg zum Priester geweiht. 1920 wurde Buchholz zum Pfarrer der St.-Peter-und-Paul-Kirche in Heilsberg berufen.

Während seiner 17-jährigen Tätigkeit trug er maßgeblich zur Entwicklung der Stadt bei und war an der Festigung des katholischen Glaubens im Ermland beteiligt. Nach 1933 wurde Buchholz von der Gestapo wegen seiner Aktivitäten verfolgt und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Er trat als Frauenburger Domherr zurück.

Nach der Entlassung aus dem Gefängnis in Stuhm arbeitete Buchholz als Kaplan im Krankenhaus von St. Georg in Breslau. Im Juni 1945, aus Breslau ausgewiesen, übernahm er die Seelsorge im Flüchtlingsheim in Miltenberg am Main (Bayern). Buchholz starb am 1. Juli 1957 in Gerlachsheim/Lauda (Baden-Württemberg).

Buchholz' Verdienste um die Stadt sind nicht zu übersehen. 1923 forderte er eine gründliche Restaurierung des Schlosses in Heilsberg und gründete am 31. März 1925 einen Schlossbauverein. Die Arbeiten begannen 1928. Die Bestätigung des Engagements für die zwölfjährige Wiederherstellung des Schlosses lieferte eine Zeitkapsel mit der Liste der Namen der Gründungsmitglieder des Schlossvereins, die 2015 im höchsten Burgturm gefunden wurde. Der Name von Alfons Maria Buchholz war unter den Gründern mitaufgelistet.

In den Jahren 1925 bis 1927 wurde auf Initiative des Erzpriesters Buchholz in einem großen Teil des ehemaligen Bischofsgartens ein neuer katholischer Friedhof angelegt. Der Friedhof war weniger als 2,5 Hektar groß. Er war eingezäunt und zwei Friedhofstore gewährten Einlass. Das Gebäude, das heute als Orangerie bekannt ist, diente als Leichenhalle.

Buchholz dachte auch an diejenigen, die an ihrem Lebensabend allein lebten, und ordnete im Jahr 1935 den Bau eines Altersheims an. Die Einrichtung hatte komfortable Einzelzimmer und eine eigene Kapelle. Die professionelle Betreuung wurde von den Katharinenschwestern durchgeführt. Derzeit beherbergt das Gebäude das Gemeindeamt in Heilsberg.

Buchholz' Wirken im Pfarramt fiel in die Zeit der Weimarer Republik und des aufstrebenden Dritten Reiches. Im Gegensatz zur Ideologie des Nationalsozialismus wurde 1933 im Heilsberger Schloss auf Initiative von Pfarrer Buchholz ein katholisches Pastoralzentrum – das Schlossjugendzentrum – gegründet. Buchholz arbeitete mit Pfarrer Josef Lettau zusammen und beauftragte ihn mit der Leitung des Zentrums. Im Schloss wurden Zusammenkünfte der Katholischen Akademischen Union organisiert, verschiedene Treffen sowie religiöse und sportliche Veranstaltungen. In den Predigten forderte Buchholz ausdrücklich die Bewahrung christlicher Werte, weshalb die meisten Frauen in Heilsberg die Frauenorganisationen der Nationalsozialisten verließen. Nachdem die NSDAP das Zentrum im Schloss geschlossen hatte, blieb die Organisation im Untergrund aktiv.

Ein wichtiges Ereignis im Leben von Buchholz war die Fronleichnamsprozession am 27. Mai 1937. Diese Fronleichnamsfeier hatte auch einen festen Platz in der Geschichte der Stadt und des Ermlandes. Sie ist als „Kampf um die Flaggen“ bekannt. Die Unruhen während der Prozession wurden von Militanten der Sturmabteilung SA provoziert. Für die Flaggen gab es aber eine Ausnahmegenehmigung der Partei. Während des zweiten Angriffs gaben die Gläubigen die Banner zurück, um eine Eskalation der Gewalt zu vermeiden. Die „verhafteten“ Flaggen wurden dem Bürgermeister übergeben. Die Heilsberger gingen zum Rathaus, um sich über die Beschlagnahme der Flaggen zu beschweren. Buchholz nutzte Glockengeläut als „Engel des Herrn“ und bat um ein Gebet. So verhinderte er ein Blutvergießen.

Erst nachts verhaftete die Gestapo aus Königsberg vier Priester und sieben Laienprediger. Der Prozess fand vom 1. bis 3. Juli 1937 vor dem NS-Gericht in Königsberg statt. Buchholz wurde als Anführer der Unruhen angesehen und zu drei Jahren Haft in Stuhm verurteilt. Die Priester Walter Hippel, Johannes Jordan und Hugo Szinczetzki wurden zu Haftstrafen von ein bis drei Jahren verurteilt und die Laienprediger von fünf Monaten bis zu einem Jahr.

Während des Vortrages über Buchholz war auch Domherr André Schmeier, römisch-katholischer Seelsorger der Deutschen Minderheit für die Erzdiözese Ermland, anwesend. Seine Familie stammt aus Heilsberg und seine Vorfahren waren Teilnehmer der Fronleichnamsprozession im Jahre 1937. Nach dem Referat sprach Schmeier über die Erlebnisse seiner Familie und über den Einfluss von Buchholz auf die Stadtbewohner. Danach sind die Veranstaltungsteilnehmer über den Gemeindefriedhof an der Kopernikus-Straße, der von Buchholz angelegt wurde, zum Kreisverkehr gegangen. Hier wurden drei Schilder offiziell enthüllt.

Dieses Projekt wurde gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat der Bundesrepublik Deutschland über den Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG).


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Kommentare

sitra achra am 18.10.20, 17:06 Uhr

Wahre Aussöhnung beginnt im Herzen.

Jan Kerzel am 18.10.20, 09:22 Uhr

Eine sehr nette Geste, hat mich gefreut. Der Klerus weiß, was Anstand ist. Auf diesem Gebiet gibt es sicherlich noch viele Möglichkeiten. Die Heimatverbundenen sind glücklich, die Kosten sind überschaubar. Also eine Win-win- Situation. Aufgrund der Biographie des Priesters auch eine indirekte Rechtfertigung des Status -quo.

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