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Carla del Ponte: „Ich bin keine Heldin. Mein langer Kampf für Gerechtigkeit“, Westend Verlag, Frankfurt/Main 2021, broschiert, 176 Seiten, 18 Euro
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Internationale Justiz

Kriegsverbrechern auf der Spur

Carla del Ponte schildert ihre Arbeit als Chefanklägerin des Internationalen Gerichtshofs und als Vertreterin der UN-Kommission in Syrien

Manuela Rosenthal-Kappi
12.03.2022

Zahlreiche Opfer von Verbrechen gegen die Menschlichkeit würden wohl nie Gerechtigkeit erfahren, weil es zu oft am politischen Willen dazu fehle. Die Interessen der an Konflikten beteiligten Staaten sowie eine lähmende Bürokratie der UN behinderten eine Aufklärung der Verbrechen.

So lautet das bittere Fazit der Schweizer Juristin Carla del Ponte, die von 1999 bis 2007 Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag für die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien sowie für den Völkermord in Ruanda war. Von 2011 bis 2017 war sie Mitglied einer UN-Kommission, die Menschenrechtsverletzungen in Syrien untersuchen sollte.

Das Jugoslawien-Tribunal bezeichnet del Ponte als Meilenstein im Völkerrecht. Schließlich gelang es, von 161 angeklagten Personen 84 zu verurteilen, der Kriegsverbrecher Slobodan MiloŠeviĆ konnte gestoppt werden. Das Tribunal war dazu gedacht, alle Kriegsverbrechen zu ahnden und nicht nur die einzelner Personen oder Kriegsparteien. Als del Ponte gegen die NATO wegen der 1999 gegen Serbien geführten Luftangriffe ermittelte, bei denen diese wissentlich Zivilisten beschoss, musste sie feststellen, dass Dokumente vernichtet und ihre Ermittlungen behindert wurden.

Schlimmer noch kam es, als del Ponte der Straflosigkeit im Völkermord durch die Huti-Rebellen in Ruanda ein Ende setzen wollte. Es konnten zwar von 93 Personen 62 verurteilt werden, doch als sie hartnäckig darauf bestand, auch Tutsis, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Hutis begangen hatten, vor Gericht zu bringen, wurde sie nicht nur gestoppt, sondern sie verlor auch ihren Posten als Chefanklägerin. Hintergrund war, dass die Strafverfolgung den politischen Zielen der USA, die die Tutsis unterstützen, zuwiderlief.

Vom UN-Hochkommissariat für Menschenrechte wurde Del Ponte ab 2011 in Syrien eingesetzt. Sie schildert die Hintergründe für den Ausbruch des Bürgerkriegs und den Stellvertreterkrieg, der dort geführt wird. Ihren Einsatz in Syrien sieht sie als Kampf gegen Windmühlen. Hier wiederholte sich, was sie bereits in Ruanda erlebt hatte. Wie sie schreibt, wurden Kriegsverbrechen ausnahmslos von allen in Syrien beteiligten Parteien begangen, doch gegen die der amerikanischen Verbündeten durfte sie nicht vorgehen. Die Kommission sei eine reine Alibi-Veranstaltung, die dem UN-Sicherheitsrat Berichte vorlegt, woraufhin nichts geschehe. 2017 beschloss sie, der Kommission den Rücken zu kehren. Der UN stellt del Ponte ein Armutszeugnis aus.


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