11.11.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Hoher Besuch in Lüneburg: Botschafterin Inga Skujiņa neben dem Selbstbildnis Walter-Kuraus. Rechts daneben: OL-Direktor Joachim Mähnert, Ausstellungskuratorin Kristiāna Ābele, OL-Kurator Eike Eckert und der lettische Leihgeber Pēteris Šmidre
Foto: twsHoher Besuch in Lüneburg: Botschafterin Inga Skujiņa neben dem Selbstbildnis Walter-Kuraus. Rechts daneben: OL-Direktor Joachim Mähnert, Ausstellungskuratorin Kristiāna Ābele, OL-Kurator Eike Eckert und der lettische Leihgeber Pēteris Šmidre

Lüneburg

Künstlerisches Bindeglied

Künstler ersten Ranges in Lettland – Ostpreußisches Landesmuseum stellt Johann Walter-Kurau vor

Harald Tews
08.07.2021

Es ist nicht übertrieben, von einem Coup zu sprechen. Dass das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg (OL), das seit seiner baulichen Erweiterung im Jahr 2018 die Deutschbaltische Abteilung offiziell mit im Namen trägt, die Sammlung von Werken eines der bedeutendsten baltischen Maler des frühen 20. Jahrhunderts aus Privatbesitz zeigt, gleicht einer kleinen Sensation.

Johann Walter-Kurau, der als Sohn eines germanisierten Letten 1869 in Mitau, der Hauptstadt von Kurland, geboren wurde, war sicher kein van Gogh. Aber wenn Lettland seine Werke dem Ostpreußischen Landesmuseum für eine Sonderschau zur Verfügung stellt, dann ist das in etwa so, als würde die Sammlung des Amsterdamer Van-Gogh-Museums in Berlin oder München gezeigt werden.

„Walter-Kurau gehört zu den drei wichtigsten Malern in Lettland an der Wende zum 20. Jahrhundert“, erklärt Ausstellungskuratorin Kristiāna Ābele, „die anderen beiden sind seine Studienkameraden Vilhelms Purvītis und Janis Rozentāls.“

Um die Bedeutung des Künstlers zu unterstreichen, glich die Eröffnung der bis 24. Oktober laufenden Ausstellung „Zwischen Lettland und Deutschland“ einem Staatsempfang. So war die Botschafterin der Republik Lettland in Berlin, Inga Skujiņa, als Kooperationspartnerin der Ausstellung ebenso anwesend wie der Leihgeber Pēteris Šmidre, ein Geschäftsmann aus Riga. Es folgte ein Festakt im Lüneburger Rathaus mit Oberbürgermeister Ulrich Mädge und der lettischen Violinistin Monta Wermann, die eigene Kompositionen spielte.

So viel Aufwand ist in Lüneburg bislang wohl für keinen anderen Maler betrieben worden. Doch zwei weitere Gründe gaben Anlass zum Feiern: der Beginn einer Ausstellungssaison nach einer langen Pandemie-bedingten Pause und der 100. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Lettland und Deutschland im Jahr 1921.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Lettland 1918 unabhängig, ehe es 1940 von der Sowjetunion einverleibt wurde und 1991 die Unabhängigkeit wiederherstellen konnte. Walter-Kurau, den die Letten Jānis Valters nennen, bekam von den meisten dieser Umwälzungen wenig mit, zumal er bereits 1932 in Berlin starb. Der deutschsprachig aufgewachsene Maler, der an der Kunstakademie St. Petersburg studierte, wanderte nach der Russischen Revolution von 1905 nach Deutschland aus, nachdem er als Mitglied des Rigaer Kunstvereins die Unterschrift unter eine Petition an den Zaren verweigert hatte.

In Dresden finanzierte er seinen Lebensunterhalt zunächst als Violinspieler. Dann aber schuf er dort und ab 1917 in Berlin sein bekanntestes und an Farbenfreude kaum zu überbietendes künstlerisches Werk. In der Ausstellung sind aus der Privatsammlung Pēteris Šmidre insgesamt 57 davon zu sehen. Sie zeigen Johann Walter, der ab 1906 als Künstlernamen die Nachnamen seiner Eltern wählte, im Spannungsfeld moderner künstlerischer Stilrichtungen wie Impressionismus, Jugendstil, Fauvismus und Kubismus. In seinen späteren Landschaftsbildern und Porträts ist ein Trend zu malerischer Vereinfachung und eigenem Stil erkennbar. Sein Bild „Spiegelungen“ von 1930 ist dafür beispielgebend: Ein See, der geradezu farblich durchzuckt wird von den sich darin spiegelnden und wie von Kinderhand gemalten Häusern.

Laut Kuratorin Ābele formulierte Walter-Kurau sein Ziel als „Abstraktion bei strengstem Studium der Natur“ und verstand sein Schaffen als einen Versuch, das „fehlende Bindeglied vom Impressionismus zur abstrakten Malerei“ seiner Zeit zu finden. Dieses künstlerische Bindeglied ist ihm nicht nur gelungen. Er selbst, dieser Deutschbalte, den die Letten als Begründer der modernen lettischen Malerei feiern, kann inzwischen als Bindeglied von lettischer und deutscher Verständigung begriffen werden. Die Ausstellung trägt ihren Teil dazu bei.

• Ostpreußisches Landesmuseum, Heiligengeiststraße 38, Lüneburg, Telefon (04131) 759950,
Internet:
www.ol-lg.de
Die Ausstellung läuft bis zum 24. Oktober


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS