Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Einst in vielen Haushalten, dann vergessen, jetzt nach alter Handwerkskunst hergestellt
Sie gilt als pommersches Kulturgut: Stettiner Ware, auch Pommersche Ware oder „Stettinergod“ genannt. Die braune Töpferware mit ihrer zumeist weißen oder grauweißen Zinnglasur der Gebrauchsflächen wurde einst in ganz Pommern hergestellt. Doch mit der beginnenden maschinellen Porzellanfertigung im 19. Jahrhundert und der industriellen Produktion von Emailgeschirr im 20. Jahrhundert wurde auch die Stettiner Ware mit ihren bunten volkstümlichen Motiven immer weiter verdrängt, bis sie schließlich vor etwa 100 Jahren nur noch als Auftragsarbeit hergestellt wurde.
Wiederentdeckt in den 1970er Jahren in Dänemark, war sie zunächst Teil einer musealen Betrachtung. Ausgelöst durch das Interesse des dänischen Bildhauers und Keramikers Anker Nørregaard (1905–1984) an der Erforschung des „Stettinergod“ des 18. und 19. Jahrhunderts, brachte ihn die Suche nach dessen Herkunft in Kontakt mit dem in der DDR lebenden Volkskundler Wolfgang Rudolph (1923–2014). Nach einem schriftlichen Austausch kam es sogar zu einem Treffen im dänischen Bakkebollestrand.
Im Anschluss reiste Rudolph nach Mittel- und Ostpommern, um die noch aus deutscher Zeit in Stettin und Stolp befindliche magazinierte Irdenware zu untersuchen. Dabei stellte er fest, dass auch die bei Ausgrabungen in Köslin und Stolp gefundenen Scherben mit der „Stettiner Ware“ in Stralsund, Anklam sowie den Altbeständen in Stettin und Stolp sowie in Skandinavien identisch waren.
Einst in ganz Pommern populär
Feldforschungen ergaben zudem, dass im östlichen Vorpommern noch bis in das
20. Jahrhundert hinein „weiß gebrannt“ wurde – und das an allen Orten, die bereits 300 Jahre zuvor durch Ludwig Wilhelm Brüggemann in seinen Beschreibungen Pommerns benannt wurden. Auch konnten sogar Nachfahren der „Weißtöpfer“ aus Pölitz, Pyritz und Greifenhagen ausfindig gemacht werden. Diese bestätigten den Umschlag der Pommernkeramik über den „Töppermarkt“, der früher auf der Stettiner Silberwiese stattfand. Von hier ging die Stettiner Ware einst mit den „Pötterschippern“ nach Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Dänemark, Schweden und Finnland.
Beide Forscher publizierten umfassend zu dem Thema. Nørregaard veröffentlichte seine Erkenntnisse in dem Buch „Stettinergods - en pommersk kulturarv“ (1981) und Rudolph publizierte seine Studie auf Bitten des dänischen Schifffahrtsmuseum mit dem Titel „Pötter-Schiffer – ein Beitrag zum maritimen Kulturaustausch im südlichen Ostseeraum während des 18. und 19. Jahrhunderts“ (1981/82).
Die Erforscher der Geschichte der Stettiner Ware hatten die Fragen zu Produktion, Datierung, Dekorwandel, Vermarktung und Verbreitung klären können. Durch Ausstellungen, wie „Stettiner Keramik und Stralsunder Fayencen“ in den Jahren 1990 und 1991 in Kiel, rückte die Keramik auch wieder in das öffentliche Bewusstsein.
Impulse aus Anklam
Eine wesentliche Rolle zur Wiederbelebung der Keramik kam dann der 1994 gegründeten Graphik- und Designschule Anklam zu. Bedingt durch Ausbildungen zum Keramikmaler oder Textilgestalter gab es auch hier ein großes Interesse an traditioneller Gestaltung. Zu den Wegbereitern des „Stettiner Guts“ wurde schließlich die Keramikerin Daniela Schulz. Sie erforschte nicht nur deren Formen und die Gestaltungsmuster, sondern gründete auch die Pommersche Keramik Manufaktur.
Wie schwierig die Neuauflage des pommerschen Kulturgutes jedoch war, zeigten die örtlichen und personellen Wechsel. Nach dem Verkauf der Herstellungsfirma wird die Töpferei heute durch Susi Erler fortgeführt. Gemeinsam mit Liane Schwengbeck, die von Anfang an dem „Stettiner Gut“ wieder Leben einhauchte, hält man am pommerschen Handwerk fest – mit einem Unterschied: höherer Qualität. Der verwendete Ton ist feiner, die Glasur beschränkt sich nicht mehr nur auf die Gebrauchsfläche, sondern überzieht die gesamte Keramik, auch wird sie höher gebrannt.
Die Gestaltungsmuster sind traditionell geblieben. Sie reichen von der Pusteblume, über den Rohrkolben und die Perlenkette bis hin zur Welle und ergänzen sich durch die Sonderelemente des springenden Hirsches und des Täubchens. Exklusiv ist übrigens auch der Erwerb. Die Alltagskeramik ist nur vor Ort in der Mellenthiner Werkstatt zu erwerben. Ein Mitbringsel mit Tradition von der Urlaubsinsel Usedom.
Patricia Lehmann am 05.12.23, 13:28 Uhr
Ich liebe Stettiner Ware und biete diese auch in meiner Galerie PL in Saal in MV an. Besuchen Sie auf Usedom unbedingt die PKM Keramikwerkstätte. Dort können Sie Frau Erler zuschauen.
Th. Nehrenheim am 22.10.23, 20:47 Uhr
Das ist sehr schön und erfreulich! Was ist aus der Keramik Lasdehner Art geworden?
Chris Benthe am 17.10.23, 09:46 Uhr
Feine Sache. Das freut das Herz.