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Museum von zu Hause aus: Eine Museumsmitarbeiterin des Städel erklärt via Bildschirm das Goethe-Porträt von Tischbein
Foto: Städel Museum/Norbert MiguletzMuseum von zu Hause aus: Eine Museumsmitarbeiterin des Städel erklärt via Bildschirm das Goethe-Porträt von Tischbein

Kunst hinter Lockdown-Gittern

Um den Anschluss ans Publikum nicht zu verlieren, bieten Museen digitale Angebote an – Eine Lösung für die Zukunft ist das kaum

Veit-Mario Thiede
11.02.2021

Die Corona-bedingte Schließung hat das Frankfurter Städel Museum, Nürnbergs Germanisches Nationalmuseum und das Potsdamer Museum Barberini auf ganz neue Ideen gebracht. Sie offerieren mithilfe der Videoplattform „Zoom“ kosten- und anmeldepflichtige Angebote. Dafür sind die Teilnehmer einem Kunstvermittler live zugeschaltet und können sich an der Darbietung beteiligen, indem sie Fragen stellen oder Kommentare abgeben.

Jannikhe Möller, Pressereferentin des Städel Museums, berichtet: „Wir haben viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich darüber freuen, endlich wieder gemeinsam mit anderen etwas über Kunst zu lernen und sich online auszutauschen. Das Angebot trifft den Nerv der Zeit.“

„Das Städel Museum für zu Hause –Live“ umfasst drei Online-Formate, die pro einstündiger Sitzung fünf Euro kosten und auf maximal 25 Teilnehmer begrenzt sind. Die Online-Touren führen in die beiden aktuellen Sonderausstellungen ein. In der einen geht es unter dem Titel „Schaulust“ um die niederländische Zeichenkunst des 18. Jahrhunderts. Die andere dreht sich um den Maler und Graphiker Max Beckmann, der von 1915 bis 1933 in der Mainmetropole wirkte. Ihm ist zudem die Online-Session „Beckmann in Frankfurt. Style, Network, Nightlife“ gewidmet.

Die Zeit des Künstlers in Frankfurt kann man online anhand von Gemälden und Graphiken der Sonderschau sowie historischen Fotos nacherleben und bekommt per Google Streetview das heutige Aussehen der Schauplätze von Beckmanns Leben präsentiert. In den Internetrunden und mehr noch im Online-Dialog „In die Falle gelockt. Leidenschaft und Verrat in der Kunst“ sind die Teilnehmer aufgefordert, den Ablauf durch Kommentare und Urteile, Abstimmungen und Entscheidungen voranzutreiben.

Nur digitale „Zeichen der Zukunft“
Im Museum Barberini kann die noch bis zum 14. Februar laufende Sonderschau „Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde“ momentan nur online präsentiert werden. Täglich gibt es für Einzelbucher die von Kunstvermittlern angeführte „Barberini Live Tour“ durch die Sonderschau. Sie dauert 50 Minuten und kostet jeden Teilnehmer drei Euro. Da die Ausstellung komplett vom zweiten Lockdown betroffen wurde, soll vom 28. August bis 9. Januar 2022 ein zweiter Anlauf unternommen werden mit Besuchern, dann hoffentlich vor Ort.

Einmal pro Woche ist im Barberini die digitale Live-Tour zur Impressionisten-Sammlung des Museumsgründers Hasso Plattner im Angebot. „Daneben gibt es Familienführungen und Angebote auf Anfrage für Gruppen bis 25 Personen, die insbesondere von Schulen, Familien und Freundesgruppen gebucht werden. Angebote für 100 und 200 Teilnehmer werden dagegen von Firmen und Freundeskreisen von Kultureinrichtungen gebucht“, erklärt Pressesprecher Achim Klapp.

Jeden Mittwoch um 18.30 Uhr gibt es außerdem den „Barberini Live Talk“: Für fünf Euro kann man einem digitalen Vortrag beiwohnen, der einen besonderen Aspekt von Plattners Kunstkollektion oder der aktuellen Sonderschau behandelt. Klapp ist mit der Resonanz sehr zufrieden: „Die Führungen sind fast immer ausgebucht, die Gespräche sehr gut gebucht mit bis zu 50 Teilnehmern.“
Im Germanischen Nationalmuseum von Nürnberg ist seit November die Sonderschau „Zeichen der Zukunft“ aufgebaut. Deren 130 Objekte geben Auskunft über die in Ostasien und Europa geläufigen Techniken des Wahrsagens. Betreten hat die Ausstellung noch kein Besucher. Aber seit Mitte Januar besteht für Gruppen die Möglichkeit eines einstündigen digitalen Museumsgesprächs über die „Zeichen der Zukunft“.

Als „Gruppe“ gilt bereits eine einzige Person, die höchste Anzahl besteht aus 25 Teilnehmern. Wenn die Gruppe einen Termin vereinbart hat, werden 75 Euro fällig. Jessica Mack-Andrick, stellvertretende Leiterin des Kunst- und Kulturpä­dagogischen Zentrums der Museen Nürnbergs, freut sich über den regen Zuspruch.

Online-Gipfel zu Davos
Am 18. Februar beginnt im Germanischen Nationalmuseum die Sonderausstellung „Europa auf Kur: Ernst Ludwig Kirchner, Thomas Mann und der Mythos Davos“. Für Gruppen sind Online-Gespräche mit Kunstvermittlern in Vorbereitung. Zudem können sich Einzelteilnehmer für drei Euro einen von maximal 25 Plätzen der Online-Themengespräche mit den Kuratoren sichern. Im Gespräch „Spucknapf und Liegestuhl“ geht es um Medizingeschichten aus dem Luftkurort Davos, der bis zur Einführung der Antibiotikatherapie, die in den 1940er Jahren erfolgt war, ein führendes Zentrum der Tuberkulosebehandlung war.

Das Thema anderer Gespräche sind Davos als mondäner Schweizer Wintersportort, der expressionistische Maler und Graphiker Ernst Ludwig Kirchner, der 1917 Heilung in Davos suchte und bis zu seinem Selbstmord 1938 blieb, sowie Thomas Mann und sein vom Kurort inspirierter Roman „Der Zauberberg“.

Wie alle anderen hofft auch Mack-Andrick auf die baldige Wiedereröffnung der Museen. Aber sie ist überzeugt, dass die neuartigen digitalen Angebote „auch nach der Museumsöffnung für uns ein wichtiges Standbein der Vermittlung bleiben werden“. So urteilt auch Jannikhe Möller: „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach solchen Angeboten auch mit der Wiedereröffnung der Museen nicht nachlässt.“ Aber sie betont: „Es ersetzt nicht die Begegnung mit den originalen Kunstwerken in den Museen.“

Informationen und Buchungen:
www.staedelmuseum.de, www.museum-barberini.de, www.gnm.de


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