11.12.2024

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Eduard Anderson

Kunst im Kneiphöfschen Rathaus

Königsberg erlebte durch den Maler museale Höhepunkte – Teile der Sammlungen im Ostpreußischen Landesmuseum erhalten

Martin Stolzenau
12.12.2023

Eduard Wilhelm Franz Anderson stammte aus Preußisch Holland, erlangte zunächst vor allem als Landschaftsmaler, Radierer und Lithograph überregionale Bekanntheit und sorgte dann mit der Gemäldegalerie im Königsberger Stadtschloss und dem Stadtgeschichtlichen Museum im Kneiphöfschen Rathaus auf Jahrzehnte für museale Schlagzeilen. Zusätzlich zu seinen Bildschöpfungen und musealen Aktivitäten verfasste er historische Schriften über Königsberg. Damit erreichte er ungeachtet der Zerstörung der Stadt am Ende des Zweiten Weltkrieges auch über seinen Tod hinaus eine gehörige kunstwissenschaftliche Nachwirkung. Für alle, die sich mit der Kunst- und Kulturgeschichte Königsbergs aus heutiger Sicht befassen, ist er unverzichtbar.

Anderson wurde 1873 in Preußisch Holland geboren. Sein Geburtsort liegt im preußischen Oberland südöstlich von Danzig, wurde von Siedlern aus den Niederlanden begründet und 1297 nach Kulmer Recht zur Stadt erhoben. Preußisch Holland galt einst mit einem massiven Mauerring als „stärkste mittelalterliche Festung des Oberlandes“ und fungierte nach der Säkularisierung des Ordensstaates 1525 als Hauptamt mit zentralen Verwaltungsaufgaben. Andersons Vater wirkte in der Stadt als Kanzleirat und ermöglichte seinem kunstinteressierten Sohn zunächst einen weiterführenden Bildungsweg und ab 1893 das Studium an der Kunstakademie in Königsberg. Diese Kunsthochschule war 1845 auf Betreiben von Ernst August Hagen und Heinrich Theodor von Schön gegründet worden, hatte als ersten Direktor den Historienmaler Ludwig Rosenfelder und förderte vor allem die Landschafts- und Genremalerei.

Maler und Museumsdirektor
Nach seinem Studienabschluss erhielt die Kunstakademie im Stadtteil Rathshof einen repräsentativen Neubau, der bis heute erhalten blieb und weiter als Schulgebäude genutzt wird. Anderson hatte namhafte Lehrer und wurde durch sie zum erfolgreichen Landschaftsmaler geprägt, der sich zusätzlich auch der Radierung und Lithographie widmete. Für seine Arbeiten wählte er vor allem Motive aus Königsberg, Ostpreußens und auch von der Kurischen Nehrung. Anderson konnte seine Bildschöpfungen gut verkaufen und erlangte einen frühen Künstlerruf. Parallel wurde er wegen seiner Fähigkeiten schon als Student ab 1897 mit der Betreuung der Kupferstichsammlung der Albertus-Universität in Königsberg betraut.

Anderson unternahm noch vor dem Ersten Weltkrieg erste Studienreisen, die in der Folge und später in die Niederlande, in den Nahen Osten und bis nach Nordamerika führten. Er wurde in den Vorstand des Königsberger Kunstvereins gewählt, übernahm 1910 die Leitung über die Kunstsammlungen von Königsberg und begründete schließlich dann auch die neue Gemäldegalerie im Königsberger Schloss. Der Künstler entwickelte sich mehr und mehr zum Manager des Königsberger Kunstbetriebes.

Einen weiteren Höhepunkt erlebte Anderson mit dem Funktionswandel des Kneiphöfschen Rathauses. Dieser Bau war 1387 errichtet worden, befand sich in der Brodbänkergasse auf der Kneiphofinsel und wurde ab 1724 als Rathaus
der aus drei Teilstädten vereinigten Stadt Königsberg genutzt. Nach einemNutzungswandel, als die Königsberger Stadtverwaltung in das neue Stadthaus übersiedelte, diente das Kneiphöfsche Rathaus 1927 nur noch repräsentativen Zwecken. Das rief Anderson auf den Plan, der hier die Einrichtung eines Stadtgeschichtlichen Museums initiierte und noch 1927 als erster Direktor der Einrichtung die neue Aufgabe übernahm.

Der Künstler und Kunstmanager organisierte die Neugestaltung des Hauses und sorgte für mehrere Fachabteilungen. Das reichte vom Kant-Museum, einer Porträtsammlung und einer Münzsammlung über alte Kupferstiche und militärischen Devotionalien bis zu historischem Hausrat. Passend zu dieser neuen Aufgabe verfasste Anderson auch stadtgeschichtliche Schriften. Dazu zählten „Vom Kneiphöfschen Rathaus zum Stadtgeschichtlichen Museum“, die Schrift „Das Kanthaus in Moditten“ und ein „Führer durch Königsberg und Umgebung“.

Gründer einer Kant-Fachabteilung
Der Museumsdirektor hielt zahlreiche Fachvorträge und fungierte als solcher bis 1938. Sein Nachfolger wurde Fritz Gause. Anderson erlebte noch die Luftangriffe auf Königsberg im August 1944 mit der damit verbundenen Vernichtung eines großen Teils der Museumsbestände und konnte sich im Alter schließlich vor dem endgültigen Untergang Königsbergs nach Westen retten. Er starb am 5. Januar 1947 in Stade und wurde anschließend im Heft 1/1947 in den „Mitteilungen des Stader Geschichts- und Heimatvereins“ als verdienstvoller Königsberger gewürdigt. Gerettete Teile seines Stadtgeschichtlichen Museums in Königsberg fanden dann später Aufnahme im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg.


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