22.02.2025

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Lässt die europäischen Verbündeten auflaufen: Der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Keith Kellogg
Bild: IMAGO / dts NachrichtenagenturLässt die europäischen Verbündeten auflaufen: Der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Keith Kellogg

Leitartikel

Lehrstunden in Realpolitik

René Nehring
18.02.2025

Welche Rolle spielt Europa für die Zukunft der Ukraine? Drei Jahre nach Ausbruch des Krieges um das nach Russland flächenmäßig größte Land Europas müssen die Spitzen der EU und der großen Mitgliedsstaaten zur Kenntnis nehmen, dass die neue US-Administration an ihnen vorbei eine Übereinkunft mit Russland sucht.

Zwar war die Absage aus Washington an die Verbündeten diesseits des Atlantiks wohl nicht so schroff, wie es erste Meldungen, nach denen der vom US-Präsidenten Donald Trump berufene Ukraine-Sonderbeauftragte Keith Kellogg ihnen mitgeteilt haben soll, dass sie bei den Friedensverhandlungen nicht mit am Tisch sitzen würden, vermuten ließen. Doch machte die Aufforderung von Kellogg, die Europäer mögen doch bitte erst einmal melden, was sie zu einer Sicherung des Waffenstillstandes zwischen Ukrainern und Russen beitragen könnten, bevor sie mitreden dürften, einmal mehr deutlich, wie sehr sich die weltpolitische Lage verändert hat.

Die europäischen Mitglieder der NATO reagierten auf die neuen Töne aus Washington mit einem eilig zusammengetrommelten Gipfeltreffen in Paris, auf dem sie ihre künftige Linie in der Ukrainefrage abstimmen wollten. Doch was eine neue Entschlossenheit demonstrieren soll, offenbart zunächst einmal alte Versäumnisse. Denn da sich Kellogg ganz auf der Linie seines Präsidenten bewegt, stellt sich unweigerlich die Frage, warum die Europäer erst jetzt anfangen, darüber nachzudenken, welche Rolle sie bei der künftigen Gestaltung ihres eigenen Kontinents einnehmen wollen. Nichts von dem, was derzeit die internationale Sicherheitspolitik bewegt, war unabsehbar.

Zur Wahrheit gehört auch, dass die Eliten in Brüssel, Paris, Berlin und anderen EU-Hauptstädten nicht nur nichts unternommen haben, sondern dass sie noch vor wenigen Monaten über den Ungarn Viktor Orbán – damals immerhin EU-Ratspräsident – hergefallen sind, weil dieser es gewagt hatte, in Kiew, Moskau, Peking und Washington Möglichkeiten für einen Frieden zu sondieren. Hätte die Brüsseler Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die selbst kein einziges Mal die Initiative zur Lösung des Konfliktes ergriff, Orbán gewähren gelassen oder sich seiner Initiative angeschlossen, wären die Europäer heute eine gestaltende Kraft – und keineswegs davon abhängig, welche Rolle ihnen andere zuweisen.

So lernen die Europäer nun auf die harte Tour, worauf es – ob es ihnen passt oder nicht – in der Welt noch immer ankommt: Letztendlich bestimmt nicht derjenige, der am lautesten über diffuse Werte redet, wo es langgeht, sondern derjenige, der die größten finanziellen und militärischen Kräfte ins Feld führt.


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