25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Zensur

Leicht verletzliche Kulturkämpfer

Bücher werden inhaltlich gesäubert, Filme und Serien mit Warnhinweisen versehen – In der Kunst breitet sich der Tugendterror aus

Harald Tews
01.05.2021

Die Kultur wird in den kommenden Jahren einen großen Wandel erleben. Das hat weniger mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Kulturszene zu tun als mit einem Kulturkampf, dessen Anfänge wir gerade erleben. Wenn weiße Übersetzer ohne Migrationshintergrund nicht mehr oder nicht nur alleine das Werk einer afroamerikanischen Dichterin übersetzen dürfen, wie im Falle von Amanda Gorman mit ihrem Huldigungsgedicht auf Joe Biden jüngst in Spanien, den Niederlanden oder eben auch in Deutschland zu erleben (die PAZ berichtete), dann ist das nur eines von vielen Anzeichen dieser kulturellen Revolution.

Eine Minderheit von links-alternativen-feministischen-LGBT+ (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender etc.) -Aktivisten, die sich für aufgeklärt hält oder – wie es im Englischen heißt – für „woke“ (wach, erwacht), will eine Gender-Sprache durchdrücken, gegen „kulturelle Aneignung“ ankämpfen und generell die „Herrschaft“ des – natürlich rassistischen – „alten weißen Mannes“ beenden.

Angeheizt durch die „MeToo“- und „Black Lives Matter“-Bewegung toben an US-Universitäten bereits regelrechte Grabenkämpfe, die zu Zensur, Verboten und der „Cancel Culture“, dem Ausschluss abweichender Meinungen, führten. Sollten die Grünen ab September die Regierungsverantwortung mit übernehmen, kann man auch hierzulande mit einer Entfesselung des Kulturkampfes rechnen.

Wuchernde Gender-Biotope

Die Grundlagen dafür sind längst gelegt. In der Sprache haben wir uns an das Gender-Sternchen, Binnen-I oder -Doppelpunkt zu gewöhnen (Bürger*innen, LehrerInnen, Mieter:innen). Der Duden ist mit seinen Genderempfehlungen bereits ebenso vorgeprescht wie manche Kommunen, die ein neues Behördendeutsch vorschreiben, oder einige Nachrichtensendungen und Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender.

Um einer Diskriminierung von Minderheiten vorzubeugen, sind Ausdrücke wie Zigeuner, Indianer oder Neger tabu. Die Egmont-Ehapa-Media, in der Walt Disneys „Lustige Taschenbücher“ erscheinen, hat bereits kapituliert und angeblich anstößige Stellen gesäubert. Der Lkw in einer Micky-Maus-Geschichte fährt nicht mehr mit der Aufschrift „Negerküsse-International Export“ wie in früheren Auflagen. Neuerdings fährt er ohne „Negerküsse“.

Allerorten stehen Bücher, Comics, Filme und Lieder auf dem Prüfstand. Kinderbuchautoren bekamen das als Erste zu spüren. Damit ängstliche Eltern beim Vorlesen von Astrid Lindgrens „Pipi Langstrumpf“ oder Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“ bei Ausdrücken wie „Negerlein“ oder „Chinesenmädchen“, die bei ihren Kindern einen Schockzustand auslösen könnten, nicht eine Schweigepause einlegen müssen, haben deren deutsche Verlage in neueren Ausgaben diese Wörter entweder gestrichen oder durch andere ersetzt. Oder ganz in den Giftschrank gestellt wie im Fall des US-Kinderbuchautors Dr. Seuss, dessen Erben entschieden haben, sechs seiner Bücher vom Markt zu nehmen, weil in seinen Karikaturen zum Beispiel stereotyp mit Stäbchen essende Chinesen zu sehen sind.

Geht das so weiter, hat die Kulturpolizei weit mehr zu tun als Winston Smith, der in Orwells „1984“ alte Texte im Sinne des autoritären Regimes umschreibt. Eingriffe in Texte fremder Autoren vorzunehmen, ist eigentlich tabu. Neu ist es nicht. Zensurmaßnahmen, Textschwärzungen, jugendfreie Kürzungen, Überpinselungen nackter Tatsachen in der Malerei oder Filmkontrollen gab es in den Künsten schon immer. Neu ist auch nicht, dass es wieder einmal von linker Seite erfolgt.

Auslöser dieses Mal ist die „Generation Beleidigt“. So bezeichnet die französische Autorin und Mitarbeiterin der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ Caroline Fourest in ihrer gleichnamigen Streitschrift (Edition Tiamat, 144 Seiten, 18 Euro) diese in feministischen Gender-Biotopen herangezüchtete Generation, die auf stereotypische Darstellungsweisen hochverletzlich reagiert und dahinter sogenannte Mikroaggressionen vermutet. Legendär wurde der Fall einer jungen Amerikanerin, die sich zur Geburtstagsfeier einen japanischen Kimono überzog und arglos ein Foto von sich in den sozialen Netzwerken veröffentlichte. Prompt erlebte sie einen Shitstorm und wurde wegen „kultureller Aneignung“ und „Yellowfacing“ an den Pranger gestellt.

Klassiker auf den Scheiterhaufen

Asiatische, indianische – sorry, heute sagt man indigene Völker – oder schwarzafrikanische Randgruppen sehen sich gerne in einer moralisch überlegenen Opferrolle, wenn Weiße sie imitieren oder ihren Habitus übernehmen. Die Filmindustrie hat bereits ein Problem damit, weil schwarze oder „diverse“ Rollen nur von Schauspielern entsprechender Ethnie oder sexueller Orientierung gespielt werden dürfen. So ist die israelische „Wonder Woman“-Darstellerin Gal Gadot für eine „Kleopatra“-Neuverfilmung laut Tugendpolizei nicht schwarz genug und der „Apollo“-Regisseur Ron Howard nicht asiatisch genug, um das Leben des chinesischen Starpianisten Lang Lang zu verfilmen. Hollywood-Star Scarlet Johansson verzichtete vorsichtshalber freiwillig auf die Filmrolle eines Transgender-Mannes – weil sie selbst nicht „divers“ ist.

Folge: Die Schere im Kopf wird immer größer und die Freiheit der Kunst durch Selbstzensur immer eingeschränkter – und humorloser. Die „Muppet Show“, in der wir über einen als Zigeuner auftretenden Peter Sellers oder Johnny Cash, der vor einer Konföderiertenfahne singt, lachten, wäre heute undenkbar. Disney hat diese Folgen in seinem Bezahlformat jetzt mit Warnhinweisen versehen: Diese Programme enthielten „negative Darstellungen und/oder die nicht korrekte Behandlung von Menschen und Kulturen“.

Im Prinzip müsste man solche Triggerwarnungen an fast jedes Kunstwerk heften: „Ilias“ – Gewalt; „Der Kaufmann von Venedig“ – Antisemitismus; „Faust“ – Teufelsverherrlichung, Frauenfeindlichkeit; „Tom Sawyer“ – Rassismus ... Am besten gleich alles aussortieren und auf den Scheiterhaufen damit.

Der US-Politologe Francis Fukuyama hat schon 2018 in seinem Buch „Identität“ die Gefahr erkannt, dass der Kampf um Gleichberechtigung benachteiligter Gruppen die Demokratie und Kunstfreiheit gefährdet. „Identitätspolitik“ ist inzwischen zum ideologischen Kampfbegriff linker Gruppen geworden, die ihre kulturelle, ethnische oder sexuelle Identität in Minderheitennischen suchen. Die nationale Identitätsfindung früherer Zeiten verliert sich jetzt ins Sektiererische, nur ist sie weit radikaler. Diese Identität fußt nicht auf einer tradierten Nationalkultur, sondern darauf, die bestehende „weiße“ Kultur zurückzudrängen und durch neue Minderheitenkulturen zu ersetzen.

Aus Angst, es sich mit den Minoritäten zu verscherzen, machen viele Künstler den Kotau vor dem Tugendterror und schreiben, malen, singen politisch korrekt. Die jüngste Oscar-Filmverleihung, die eine Feier der Diversität war, steht symptomatisch für diesen Kulturwandel.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

N. Eger am 06.05.21, 17:49 Uhr

Was himmerherrgottsackrament ist den zum Beispiel an "Chinesenmädchen" so teuflich, dass es verboten wird?

Die Spinnen, die linksgrünen Gendertröten.

Tom Schroeder am 04.05.21, 18:17 Uhr

Sehr geehrter Herr Kohlraabe,

Sie schreiben über die Ursache auch "... wie einst die Einführung der antiautoritären Erziehung und freien Liebe, gepaart mit Rauschmitteln" - die letzten beiden habe ich ausgiebig als Kind der 60er genossen, das ist es nicht. Ansonsten sind wir einer Meinung, dass der Untergang jeder "Hochkultur" in deren Dekadenz, also "Wohlstandsverwahrlosung" und Geringschätzung des Wohlstandes, begründet sein kann bzw. letztere immer zum ersteren führt.

Gruß aus dem Rheinland.

Klaus-Peter Kubiak am 02.05.21, 14:39 Uhr

Sie haben Mozart vergessen: Die Zauberflöte ist ganz eindeutig rassistisch und sollte verboten werden.
"Cosi fan tutte" ist frauenfeindlich.
Und die "Entführung aus dem Serail" ist islamfeindlich.

Bernhard Kohlraabe am 02.05.21, 08:43 Uhr

Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Glatteis. Oder wenn es dem Affen zu gut geht, geht er auf den Schleifstein. Fakt ist anscheinend, dass in Zeiten des Überflusses, der ungebremsten Entfaltungsmöglichkeiten jedweder menschlichen Talente, Schwächen oder Untugenden, oder in einer Zeit in der Menschen mit Essen spielen, mit ihren Händen - schwarze Handschuhe - im Essen herummanschen (TV-Kochen), anstatt Ehrfurcht zu zeigen und dankbar zu sein, die Dekadenz in der Gesellschaft immer wieder auf fruchtbaren Boden trifft.
Nehmen wir das antike Rom oder das Griechenland der Antike - die Mutter der Demokratie. Lange Weile, Sexorgien, Gelage, Kriege und Volks-Mordbelustigungen bestimmten immer mehr das aristokratische Leben der wohlhabenden Bürger.
Dort sind wir wieder angelangt - anscheinend?
Teile der nachgewachsenen Generationen, unserer westlichen Gesellschaften, haben vor alles umzukrempeln - wie einst die Einführung der antiautoritären Erziehung und freien Liebe, gepaart mit Rauschmitteln?!
Es wird vieles in Frage gestellt oder zu beugen versucht, was die Entwicklung der Menschen, kurz, ihre Geschichte beinhaltet. Wozu auch Fehler, Fehlentwicklungen und Irrtümer gehören - der Mensch lernt daraus - kein Grund sie im Nachhinein zu verschleiern oder auszugliedern!
Im Gegenteil!
Diese Art und Weise der nachträglichen Korrekturen ist meines Erachtens kurzsichtig und keineswegs angebracht.
Laypeople at work!
Losgelassen und nicht die systembedingten Ursachen bekämpfend sondern an den Auswirkungen herumfeilend - ein Merkmal der aktuellen Politik und wachsender Teile der westlichen Gesellschaften!
Hinzu kommt noch die mangelnde, lückenhafte Bildung, Ausbildung sowie Weiterbildung.
Naivität, dumm oder dümmer, trifft auf hilflose Politiker, Vermarktung und Profitgier.
Die Geschichte soll umgeschrieben oder im Nachhinein verändert werden.
Viele derjenigen die sie geschrieben haben oder für sie ihr Leben gaben sollen aus der Erinnerung getilgt werden, weil aktuell andere Maßstäbe gesetzt werden.
Letztlich führt diese Vorgehensweise zur Vergewaltigung der eigenen Vergangenheit sowie der Ermordung der Identität!
Purer Egoismus und falsch verstandene Moral zeigen ihre Kehrseiten.
Ein Suizid verursacht von mangelhaft gebildeten, fehlgeleiteten oder fanatischen Strömungen, die sich einbilden, wie einst die Bilder- oder Maschinenstürmer, ihren gutmenschlichen Beitrag zur Veränderung der Welt leisten zu müssen. Letztlich schaden sie uns allen und sich nur selber weil sie mit ihren Aktionen von der eigentlichen Politik ablenken, die aktuell ebenfalls auf Chaos und Konfrontation orientiert.

Micha Hausmann am 02.05.21, 01:08 Uhr

Tja, wenn der Klügere immer (!) nachgibt, gewinnen am Ende die Dummen...

Martin Hausser am 01.05.21, 19:27 Uhr

I. Das das möglich ist, liegt daran, dass das Antiweiße Narrativ zum moralischen Standard der westlichen Welt geworden ist

II. Alles, was von diesem Standard abweicht, wird von der Mehrheit der Gesellschaft als „böse“ und „unmoralisch“ verteufelt

III. Die im Artikel erwähnten „Kulturkämpfer“ d.h. die Antiweißen behaupten, gegen die stereotype Darstellung von Menschen zu sein, doch sie stellen uns weiße Menschen in den gesamten Medien, in den Nachrichten und in der Unterhaltung auf die schlimmstmögliche Weise dar: Das Zerrbild vom „bösen weißen Mann“ der Schuld an allen Übeln dieser Welt tragen soll und der Verteufelung der gesamten weißen Rasse als inhärent böse.

IV. Dennoch sind diese Leute keine Heuchler. Es gibt keine Doppelstandards bei ihnen, sondern nur einen: Sie sind Antiweiß.

V. Bücher und jedes andere Stück Kultur, das wir jemals geschaffen haben, wird von ihnen aus dem einzigen Grund gehasst, weil WIR es geschaffen haben. Also lassen sie sich ständig neue Vorwände einfallen, um die moralische Rechtfertigung zu bekommen, es zu zerstören. (d.h. White Erasure)

VI. Hört auf, diese Leute als „woke“ zu bezeichnen. Hört auf, sie bei den Namen zu nennen, die sie sich selbst geben. Bezeichnet sie das das, was sie sind. Antiweiß.

VII. Fangen Sie an, so viele alte Kinderbücher zu sammeln, wie Sie können.
Tun Sie dies mit jedem Stück Kunst, welches möglicherweise schon bald von den Antiweißen auf den „Index“ gesetzt werden wird.

sitra achra am 01.05.21, 17:35 Uhr

Den Kulturmarxisten geht es nicht um Minderheitenkulturen, die ja an sich ebenso interessant wie anregend sind, z.B. die negriden Kulturen sowie viele andere asiatische und indigene nativer Herkunft, auch kleinerer Stammesverbände wie die der Eskimos beispielsweise.
Den Salonbolschewisten geht es vielmehr um die Zerstörung jeglicher Kultur, die ihrem totalitären Irrweg in die Quere kommt. Ein besonders bekämpfenswertes und gänzlich zu vernichtendes Feindbild besteht in der Nochexistenz der hochentwickelten weißen Kultur, die den Fortschritt des menschlichen Geistes in Form der Aufklärung bereitgestellt hat. Diese zu beseitigen und alle kulturellen Spuren und historischen Erinnerungen für alle Zeiten auszulöschen, ist das erklärte Ziel dieser Weltverschwörung. Mit "Tugend" hat dieser Terror absolut nichts gemein, sondern mit dem Totalabriss der westlichen Zivilisation. Leider wird dieser Anschlag auf unsere Zivilisation noch nicht wahrgenommen und in gr0ßen Teilen sogar geleugnet. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf. Außerdem schützt einen die Vogelstraußpolitik vor politischer Verfolgung. Mit geduldigem Schweigen und automatischem Abnicken ist man, wie man vermeint, auf der sicheren Seite. Naja, wenigstens eine Zeitlang, bis die Forderungen der Kulturzerstörer immer dreister werden.
Was sie vorhaben, lassen sie uns in ihren Foren und Veranstaltungen offen wissen oder erahnen (WEF).
Das können sie auch, derweil es ihnen gelungen ist, ganze Staaten und Regionen unter ihre Kontrolle zu bringen. So
schwärmen ihre Schergen und Büttel der Geheimdienste und überwachen alle Lebensbereiche auf Widerstände und organisieren ein dichtes Netz von Repressionen. Ihre Propagandamedien sorgen weltweit für Gehirnwäsche.
Ohne rot zu werden, schwingen sie das Zepter der Demokratie und nennen sich die westliche Wertedemokratie. Welch ein Hohn auf die authentische Demokratie!
Wenn die Menschheit überleben will, muss sie diese Herausforderung annehmen und diesen Monstern den Garaus machen! Auch wenn sie sich bis auf die Zähne aufgerüstet haben und das Overkillpotential ihrer Atomraketen eine unendliche Stärke gewonnen hat, auch wenn ihre Sbirren und gekauften Amtsbüttel die Menschen tagtäglich einzuschüchtern versuchen. Doch gegen eine mutige Mehrheit werden sie niemals gewinnen, das ist meine große Hoffnung. El pueblo unido jamas sara vencido!

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS