Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Lebensbegleitendes Lernen soll die Deutschkenntnisse von Angehörigen der Deutschen Minderheit vertiefen
Im vergangenen Jahr entstand im Haus Kopernikus, dem Sitz der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit, ein Standort für das Projekt „Lernraum.pl“. Dabei handelt es sich um einen Ort, an dem vor allem Angehörige der Deutschen Minderheit in angenehmer Atmosphäre ihre Sprachkompetenzen verbessern können. Hier sollen Vorlieben und Interessen von Kursteilnehmern nach dem Prinzip des lebenslangen Lernens durch Unterricht und Treffen in deutscher Sprache entwickelt werden.
Das Projekt, das von der Deutschen Bildungsgesellschaft sowie vom Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen dank der finanziellen Förderung des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat umgesetzt wird, findet in Regionen statt, in denen die Deutsche Minderheit ansässig ist. Derzeit ist Allenstein der einzige Ort im südlichen Ostpreußen, an dem die Mitglieder der Deutschen Minderheit die Möglichkeit bekommen, sich im Rahmen des Projekts weiterbilden zu lassen. Weitere Standorte befinden sich im Süden der Republik Polen, beispielsweise in Oppeln, Gleiwitz, Beuthen, Gross Strehlitz oder Proskau. Man bietet eine Vielzahl von Kursen, Seminaren und Arbeitsgruppen in deutscher Sprache an, die von ausgewiesenen und erfahrenen Dozenten, aber auch Lehrern und Freiwilligen aus der Republik Polen sowie aus der Bundesrepublik oder anderen deutschsprachigen Staaten durchgeführt werden.
Gefördert vom Bund
Die Veranstaltungsteilnehmer nutzen somit ein thematisch breit gefächertes Bildungsangebot, das als lebensbegleitendes Lernen gedacht ist und dem Zweck dient, Wissen in verschiedenen Bereichen zu vertiefen, Qualifikationen und Kompetenzen zu verbessern beziehungsweise Interesse für bestimmte Sachverhalte zu wecken. Zurzeit der verschärften Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, als die Organisation persönlicher Begegnungen untersagt war, wurden im ostpreußischen Standort mehrere Bildungsveranstaltungen im Online-Format durchgeführt, zum Beispiel eine Vorlesung zum Thema Schimpfwörter und Vulgarismen im Deutschen.
Erwähnenswert ist auch eine andere Videokonferenz, die ein geschichtliches Thema in den Mittelpunkt stellte. Es ging um die „Entdeutschung“ der ab 1945 von Polen verwalteten Gebieten. Der Vortrag handelte von dem Kampf gegen die Spuren der deutschen Vergangenheit und der Suche nach historischen Relikten, die sich als stärker erwies als der Eifer der kommunistischen Behörden. Die Tatsache, dass zahlreiche stumme Zeitzeugen in Form von deutschsprachigen Informations- und Werbeaufschriften, Ladenschildern, Wegweisern, verputzten Mauerinschriften die zwanghafte Polonosierung überlebt hatten, zeugt vom Misslingen der Bemühungen des kommunistischen polnischen Regimes.
Praktisches für den Alltag
In der Reihe der Online-Seminare wurden außerdem Themen angeschnitten, die sich als praktisch für den Alltag herausstellten. Zu ihnen gehörte ein Vortrag über die Herstellung von Kosmetika aus natürlichen Zutaten, die in fast jedem Haushalt zu finden sind.
In der ausklingenden Sommersaison war es wegen sinkender Infektionszahlen und steigender Impfquoten wieder möglich, persönliche Treffen zu organisieren. Diese Gelegenheit nutzte unverzüglich Martyna Chrzanowska, die Kulturanimateurin in Allenstein ist. Sie arrangierte im Juli eine Stadtführung auf Deutsch. Die Stadtführerin Emilia Figura-Osełkowska machte mit den Veranstaltungsteilnehmern einen Rundgang durch die Stadt, wobei sie sich auf die Industriegeschichte von Allenstein konzentrierte.
Ende August wurden wiederum im Projektrahmen zwei Autorentreffen mit Radek Knapp durchgeführt. Der polnisch-österreichische Schriftsteller mit Sinn für Humor erzählte aus seinem Leben, seinem schriftstellerischen Werdegang und von Problemen, die er in seinem literarischen Schaffen gerne anspricht. Dann diskutierte er mit den erschienenen Gästen über die Risiken und Chancen der voranschreitenden Digitalisierung jeglicher Lebensbereiche.
Was bedeutet Heimat?
Am Tag darauf wurde eine Arbeitsgruppe zu dem Thema „Wir sind alle nicht von hier“ veranstaltet. Die Teilnehmer, angeleitet von dem in Wien lebenden Autor, überlegten sich, was das Wort Heimat heutzutage bedeutet. Der aufschlussreiche Gedankenaustausch bewies die Komplexität sowie Mehrdimensionalität des Heimatbegriffs und die Tatsache, dass jeder eine gewisse Sehnsucht nach Heimat in seinem Leben empfindet. Der Projektzyklus „Lernraum.pl“ geht weiter, die kommenden Veranstaltungen befinden sich schon in der Projektphase.