08.01.2025

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Kommentar

Letzte Wachstumsbranche Europas: Bürokratie

Hagen Ritter
06.01.2025

Noch bevor Donald Trump diesen Monat sein Amt als Präsident der Vereinigten Staaten antritt, hat sein künftiger Beauftragter für effizientes Regieren seinen Plan zum Bürokratieabbau vorgelegt. Der erfolgreiche Multi-Unternehmer Elon Musk will für die USA weniger Gesetze, weniger Beamte und weniger Subventionen. Am Ende soll dieses Diät-Programm für den Staat die Steuerzahler um Hunderte Milliarden Dollar entlasten. In Argentinien verpasst Präsident Javier Milei bereits seit einem Jahr dem Staat eine drakonische Rosskur. Milei sieht als libertärer Anarcho-Kapitalist im Staat ein generelles Übel und will ihn deshalb auf einige Kernfunktionen begrenzen.

Derlei nahezu revolutionäres Denken ist hierzulande weit davon entfernt, mehrheitsfähig zu werden. Langsam ändern könnte sich dies, wenn die Projekte zur Eindämmung von Bürokratie in den USA und Argentinien sichtbare Erfolge hervorbringen, etwa: durch Steuersenkungen und neue Arbeitsplätze.

Hemmungslose Regelungswut
Mittlerweile wird auch in Deutschland darüber debattiert, wie viele Beamte wir eigentlich brauchen und wie viel Bürokratie die Wirtschaft verkraften kann. Die Ampelkoalition hat sogar noch vor ihrem Auseinanderbrechen ein Bürokratieentlastungsgesetz durch den Bundestag gebracht. Politiker von Union, FDP und selbst die Grünen fordern im Wahlkampf eine effizientere Verwaltung. Hintergrund ist ein drastischer Anstieg der Zahl von Staatsbediensteten und von Gesetzen in den letzten Jahrzehnten. Aber gleichzeitig erleben die Bürger einen Staat der immer öfter „Dinge nicht geregelt bekommt“. Ex­trembeispiel ist hierbei die überforderte Verwaltung in der deutschen Hauptstadt. In Berlin kann es Wochen dauern, bis man einen Termin auf dem Amt bekommt oder sein Auto anmelden kann.

Mit Berechtigung weist der Mittelstandsverbund ZGV e.V. darauf hin, dass Maßnahmen zum Bürokratieabbau „ein Klassiker in Bundestagswahlprogrammen“ sind. Auch in der EU ist die Ankündigung nicht mehr neu, man werde sich um den Abbau von Bürokratie kümmern. Der CSU-Politiker Edmund Stoiber leitete von 2007 bis 2014 in Brüssel sogar eine ganze Expertengruppe, die den Auftrag hatte, die überbordende Bürokratie in der EU zu bekämpfen. Stoiber sprach seinerzeit nicht nur von hohen Milliardenkosten, die den Europäern durch die Regelungswut der Brüsseler Bürokratie entstehen. Der ehemalige bayerische Ministerpräsident warnte auch vor einem Rufschaden für die EU: „Europa ist die Schnullerketten-Verordnung auf 52 Seiten, Europa ist die Pizza-Napolitana-Bestimmung auf 68 Seiten – damit wird Europa lächerlich gemacht. Nicht alles, was geregelt werden kann, muss auch geregelt werden“, so Stoiber bereits vor zehn Jahren.

Immer mehr statt weniger
Ein Jahrzehnt später ist diese Botschaft offenbar wieder vergessen: Ob Umsatzsteuerpflicht beim Kuchenbasar an Schulen, dem Nachweis entwaldungsfreier Lieferketten oder der Richtlinie zur Mehrwertsteuer auf kommunale Dienstleistungen, die EU lässt sich keine Gelegenheit entgehen, jeden denkbaren Lebensbereich mit einer Vorschrift zu überziehen. Die Kommission unter Ursula von der Leyen greift zudem immer stärker sogar in Politikfelder ein, die bislang ausschließlich in der Kompetenz der Nationalstaaten lagen. Die gilt für die Bereiche Asyl und Zuwanderung, Gesundheitspolitik und mittlerweile auch Verteidigung.

Als Folge ist seit dem 1. Dezember 2024 auch noch ein EU-Kommissar für Verteidigung hinzugekommen. Eine der letzten Felder auf denen die Nationalstaaten noch relativ eigenständig entscheiden dürfen, ist das Steuerrecht. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch diese Domäne von der EU-Bürokratie übernommen wird. Die Zentralisierung und Machtkonzentration bei der EU hat nicht dazu geführt, den Verwaltungsaufwand für die Bürger Europas zu verringern. Eingetreten ist das Gegenteil. Ungebrochen ist zumindest in Teilen der Politik, auch noch immer der Glaube, der Staat solle für alles zuständig sein und könne alles regeln.


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