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Eine Eule lugt durch ein gotisches Spitzbogenfenster: Das Grabmal Caspar David Friedrichs auf dem Trinitatisfriedhof
Foto: ThiedeEine Eule lugt durch ein gotisches Spitzbogenfenster: Das Grabmal Caspar David Friedrichs auf dem Trinitatisfriedhof

Ewigkeitssonntag

„Licht jenseits dem Grabe“

Spaziergang über alte Dresdner Friedhöfe – Über Caspar David Friedrichs Grabmalentwürfe, Friedhofsbilder und sein eigenes Grab

Veit-Mario Thiede
24.11.2024

Der vor 250 Jahren geborene Maler Caspar David Friedrich war ein Hauptvertreter der „schwarzen“ Romantik. Er dichtete: „Warum, die Frag' ist oft an mich ergangen, / Wählst du zum Gegenstand der Malerei / So oft den Tod, Vergänglichkeit und Grab? / Um Ewig einst zu leben, / Muss man sich oft dem Tod ergeben.“ Zwischen seinen phantasievollen Bildern und wirklichen Gegebenheiten lassen sich faszinierende Wechselbeziehungen entdecken.

Mauern und Grufthäuser schirmen den Dresdner Eliasfriedhof vom Stadtleben ab, dessen Geräusche inmitten von Wildwuchs und schiefen Grabsteinen nur schwach zu vernehmen sind. Seit seiner Schließung 1876 hat sich auf dem Friedhof nicht viel verändert. Zugänglich ist er bei öffentlichen Führungen. Vier Grabsteine zeigen enge Beziehungen zu Entwurfszeichnungen Friedrichs. Die aus einfachen stereometrischen Körpern zusammengesetzten Entwürfe sind keiner bestimmten Person gewidmet. Die Personalisierung durch Name, Geburts- und Sterbedatum blieb dem Grabstein vorbehalten. Wahrscheinlich geht ihre Ausführung auf den mit Friedrich befreundeten Bildhauer Christian Gottlieb Kühn zurück.

Die nach Friedrichs Entwürfen verwirklichten Grabsteine des Eliasfriedhofs kombinieren klassizistische Klarheit mit christlicher Symbolik. Auf dem für Johanna Henriette Seyfferts (1764–1811) befinden sich als Symbol der Auferstehungshoffnung erhabene Reliefs eines Kranzes, der einen Schmetterling umschließt. Einen weihevoll antiken Eindruck vermittelt das Grabmal für Christiane Augusta Kind (1793–1815). Seinen mit Inschriften ausgestatteten Quader bekrönt eine flache Vase.

In das pfeilerförmige Grabmal für Dr. Christian Ernst Ulrici (1750–1825) sind auf allen Seiten vier ineinander geschachtelte gotische Spitzbögen eingetieft. Die auf der Vorderseite umschließen ein Kreuz. Und das säulenförmige Grabmal für Major Ernst Müller (1769–1824) zeigt auf dem Schaft zwischen nach unten weisenden, verlöschenden Fackeln vier Paare aufgerichteter Palmwedel. Sie symbolisieren den Triumph über den Tod.

Auch der 1824 eröffnete Alte Katholische Friedhof in Dresden weist ein Säulengrabmal nach Friedrichs Entwurf auf. Es überragt alle anderen Grabsteine. Seinen Schaft ziert das erhabene Relief einer Lyra mit aufgesetztem Engelsköpfchen. Das Musikinstrument weist auf den Beruf des hier bestatteten Franz Seydelmann(1748–1806) hin: Er diente dem sächsischen Hof als Komponist. Eine getreue Kopie ersetzt den stark verwitterten Grabstein des mit Friedrich befreundeten Malers Franz Gerhard von Kügelgen (1772–1820), den ein Raubmörder erschlug. Palmwedel schmücken die vier Ecken des Steins. Auf der Rückseite steht ein Vers aus dem Johannesevangelium.

Der Witwe seines Freundes, die nach dem Tod ihres Mannes Dresden gen Reval verließ, malte Friedrich das gespenstisch schöne Bild „Kügelgens Grab“ (1821/22). Es ist im Dresdner Albertinum in der Friedrich gewidmeten Jubiläumsausstellung zu sehen, die am 5. Januar endet. Auf dem Friedhof herrscht Düsternis. Man erkennt Grabkreuze, einen Sarkophag und das alles überragende Grabmal Seydelmanns. In der Mitte des Bildes leuchtet schwach Kügelgens Grabstein auf. Hinter der Friedhofsmauer aber ist verheißungsvoll farbenfroh die Morgendämmerung aufgezogen. Sie versinnbildlicht den christlichen Glauben an die Auferstehung. Seine diesbezügliche Zuversicht tat Friedrich im Gedicht „Dunkelheit decket die Erde“ kund: „Sinnet und grübelt, wie ihr auch wollt, / Geheimnis bleibet euch ewig der Tod. / Aber Glaube und Liebe sieht: / Freude und Licht, jenseits dem Grabe.“

Todesbote auf dem Spatengriff
Das Ehepaar Friedrich beklagte 1821 die Totgeburt einer Tochter, die auf dem Trinitatisfriedhof beigesetzt wurde. Der Trauerfall gab den Anstoß zum großformatigen Gemälde „Der Friedhof“ (unvollendet, um 1825), das im Albertinum ausgestellt ist. Das von zwei mächtigen Sandsteinpfeilern eingefasste Tor steht weit offen. Sie sehen wie eine stark vergrößerte Version des Grabmals für Dr. Ulrici aus. Auf beiden steht eine flache Vase, ähnlich der des Grabmals für Christiane Augusta Kind. Am linken Pfeiler sucht ein Paar Deckung und lugt auf den hügeligen Friedhof. Schwacher Bodennebel steigt auf. Hinter den Baumwipfeln scheint der Vollmond. Nur bei genauem Hinsehen entdeckt man vor den Bäumen einen mit weißen Pinselstrichen angedeuteten Engel und in Bodennähe weitere schwebende Gestalten. Sie werden als Ahnen interpretiert, die gemeinsam mit dem Engel die Kinderseele in Empfang nehmen.

Anregungen für das Tormotiv des Gemäldes bezog Friedrich vom mittleren Portal des 1815 eröffneten Trinitatisfriedhofs. Es ist stark restaurierungsbedürftig. Beatrice Teichmann, Dienststellenleiterin des Trinitatis-, Elias- und Johannisfriedhofs, ist zuversichtlich, dass dank Spendengeldern und der von städtischer Seite in Aussicht gestellten Finanzmittel die Restaurierung bald beginnen und bis September 2025 abgeschlossen sein wird.

Bereits abgeschlossen ist die von Stiftern und der öffentlichen Hand finanzierte Verschönerung von Friedrichs Grabstätte. Die Einfassung des Dreiergrabs ist restauriert und seine in der Mitte liegende Platte gereinigt. Dahinter erhebt sich das auf Initiative des Schauspielers Tom Pauls neu erbaute Denkmal für Friedrich. Den Entwurf lieferte der Restaurator Dirk Böhme. Es sieht aus wie eine frisch gemauerte kleine Ruine, aus der ein Spitzbogenfenster ragt. Damit erinnert es an gotische Kirchenruinen, wie sie wiederholt in Friedrichs Bildern auftreten.

Die im Fenster hockende Eule schuf der Bildhauer Markus Faust. In Friedrichs Spätwerk kommen immer wieder Eulen vor. Diese Todesboten und Symboltiere der Weisheit sitzen in Fensterhöhlen oder auf dem Griff eines Spatens, der neben einem frisch ausgehobenen Grab steckt. Die neue Steineule aber zeigt Friedrichs Grab in Anspielung auf seine berühmten Rückenfiguren ihre Kehrseite.

www.johannisfriedhof-dresden.de, zur Sonderschau: www.skd.museum


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