03.12.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Memel

Lieber Deutsch als Russisch lernen

Trotz vieler Russischsprachiger – Die Nachfrage nach Deutschunterricht an litauischen Schulen wächst

Bodo Bost
30.10.2024

Neben der ersten Fremdsprache Englisch lernen die Schüler in der Republik Litauen ab der 6. Klasse eine weitere. Das war bislang zumeist Russisch, seltener Deutsch oder Französisch. Seit dem Beginn des Ukrainekriegs ist die Wahl des Russischen an litauischen Schulen jedoch um ein Fünftel zurückgegangen, und das, obwohl mit den steigenden Flüchtlingszahlen aus der Ukraine auch in Litauen viele Russischsprachige im Bildungssystem hinzugekommen sind. Von dem sinkenden Ansehen des Russischen konnte vor allem das Deutsche profitieren. Memel bildet hier keine Ausnahme.

Nach Angaben des Bildungsmanagement-Informationssystems (EMS) geht die Zahl der Schüler an litauischen Schulen mit Russisch als zweiter Fremdsprache seit zwei Jahren stetig zurück. In diesem Jahr sind es noch 87.000, im Jahr 2022 waren es noch 110.000, die Russisch als zweite Fremdsprache wählten. Dementsprechend steigt die Beliebtheit von Deutsch, von 26.000 im Jahr 2022 auf 33.000 im Jahr 2024. Die Situation in den Bildungseinrichtungen im Bezirk Memel ist dabei ähnlich, aber die Veränderungen sind weniger drastisch als im Rest des Landes, weil der Memel mit 20 Prozent einen sehr hohen Anteil Russischsprachiger aufweist.

Nach Angaben von Rugilė Jančaus-kienė, der stellvertretenden Direktorin des Prökulser Simonaitytė-Gymnasiums, lernen derzeit 276 Schüler Russisch (368 waren es im Jahr 2022, 326 im Jahr 2023) und 84 (gegenüber 64 im Jahr 2022 und
65 im Jahr 2023) Deutsch. Die deutsche Sprache hat damit sogar Englisch überholt, das noch 67 Schüler in verschiedenen Sprachgruppen erlernen. Interessanterweise lernt einer der Schüler, der von einer anderen Bildungseinrichtung kam, Französisch im Fernunterricht, da es keinen Französischlehrer gibt.

Vilija Bakutienė, Oberlehrerin am Simonaitytė-Gymnasium, unterrichtet seit mehr als 20 Jahren Kinder in Deutsch. Sie sagt, dass die Zahl der Schüler pro Klasse derzeit zwischen vier und 13 schwankt und es keine gemeinsamen Gruppen gibt, wie es normalerweise der Fall ist. Bakutienė sagt, dass die Beliebtheit von Deutsch eindeutig zugenommen habe: „In diesem Jahr sind bereits 13 Schüler der Jahrgangsstufe 7 auf Wunsch ihrer Eltern von Russisch zu Deutsch gewechselt. Dies hat zur Bildung einer neuen Gruppe geführt.“ Die Lehrerin fügte jedoch hinzu, dass trotz des Krieges Russlands gegen die Ukraine viele Schüler und ihre Eltern weiterhin Russisch als zweite Fremdsprache wählten, wobei sie den genauen Grund dafür nicht kenne.

„Schüler, die sich für Deutsch entscheiden, sagen oft, dass sie die Sprache schön und wichtig finden. Manche glauben, dass Deutsch für ihre Zukunft nützlich sein wird, vor allem wenn es in der Familie oder im Bekanntenkreis Menschen gibt, die in Deutschland leben und arbeiten. In einigen wenigen Fällen gibt es auch solche, deren Großeltern Deutsch sprechen und für die die Sprache mit ihrer Familiengeschichte verbunden ist“, sagt die Lehrerin über die Beweggründe der Schüler.

Deutschunterricht ist oft moderner und kindgerechter als Russisch
Auf die Frage, wie sie versuche, Kinder für das Erlernen der Sprache zu gewinnen, sagte Bakutienė, dass sie viele Aktivitäten für Grundschüler und Fünftklässler und deren Eltern durchgeführt habe, die aber nicht sehr effektiv seien, weil die Eltern oft eine vorgefasste Meinung hätten. Das Goethe-Institut bietet für Fünftklässler eigene Aktivitäten wie das „Integrierte Comic-Labor“ an. Dieses sehr ansprechende Sprachlabor hat dazu geführt, dass einige der Schüler in den Deutschunterricht der Klasse 6 kamen. Interaktive Werkzeuge, wie zum Beispiel Spiele und Diskussionen, kommen bei Schülern sehr gut an. Viele Lehrer nehmen mit ihren Schülern aktiv an Konferenzen sowie republikweiten und internationalen Projekten teil, wie dem von der deutschen Botschaft organisierten Debattierwettbewerb. Auf Initiative von Bakutienė wurde ein Projekt mit dem Titel „Ein Date mit Berlin“ ins Leben gerufen, das sich später zu einem weiteren Projekt mit dem Titel „Spuren deutscher Kultur in den baltischen Staaten“ entwickelte. Solche Projekte mit Erfahrungen außerhalb der Schule helfen nicht nur, Sprachkenntnisse zu vertiefen, sondern auch Horizonte zu erweitern“, sagt die engagierte Deutschlehrerin aus Prökuls.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

Peter Wendt am 31.10.24, 15:08 Uhr

Interessant! Deutsch wird von der deutschen Regierung nurmehr unzureichend gefördert. Die deutsche Sprache wird zudem durch „gendern“, die vor Jahren durchgedrückte Sprachreform sowie zahlreiche falsch gebrauchte Anglizismen bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Die Deutsche Welle liebt es sich angelsächsisch durch britische Muttersprachler vertreten zu lassen. Und nun das? Das ruft geradezu nach einen Einsatz unserer Vorsteherin im Aussenamt.

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS