09.12.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Grundrente

Linke Tasche, rechte Tasche

Was die Rentner nun mehr erhalten sollen, ist ihnen durch frühere Reformen genommen worden

Frank Bücker
01.05.2020

Ein Blick auf die Finanzen zeigt, dass die hohen Erwartungen, die Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) in Sachen „Grundrente“ weckt, sich nicht erfüllen werden. Die Kosten für die „Grundrente“ liegen bei geschätzten 10,2 Milliarden Euro und sollten eigentlich durch eine Finanztransaktionssteuer gedeckt werden, die nun aber nicht realisiert wird.

Der Haushalt der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) für 2020 beläuft sich auf rund 157 Milliarden Euro. Die 15 weiteren Regional- und Bundesträger der Rentenversicherung verwalten zusammen weitere 60 Prozent der Versicherten und haben entsprechende Ausgaben. So sind die geschätzten Ausgaben für die Grundrenten im Verhältnis zu den Gesamtausgaben sehr gering.

Wahlgeschenk der SPD

Gleichwohl wirbt das Bundessozialministerium mit einer fiktiven Bauingenieurin Kathrin M. aus Leipzig, die zurzeit nur eine Rente von 746 Euro erhält, aber nach Einführung der Grundrente auf 941 Euro käme. Eine derartige Berechnung könnte theoretisch zutreffend sein. Es handelt sich offenbar um einen konstruierten Einzelfall. Da Kathrin M. offenbar studiert hat und einen längeren Schulbesuch absolvierte, fällt sie unter die Kürzungsreformen der Jahre 1992, 1996, 2002 und 2009. Bis dahin wurden maximal 13 Jahre Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung als Anrechnungszeiten rentensteigernd angerechnet. Der Wegfall von Schul- und Hochschulausbildung als Anrechnungszeiten kann maximal zehn Jahre betragen. Verantwortlich dafür war – mit Ausnahme der 2002 erfolgten Kürzung – stets die CDU-geführte Bundesregierung. Doch das Bundessozialministerium wurde von 1998 bis 2009 und wird seit 2013 von Sozialdemokraten geführt.

Das Beispiel Kathrin M. fällt aber vielleicht auch unter die Abschläge für „vorzeitige“ Renten, wenn sie eine Rente wegen Erwerbsminderung erhält. Im schlechtesten Fall sind dann noch mal rund zehn Prozent der „erarbeiteten“ Rente weg. Kurz und gut – Kathrin M. fehlen möglicherweise zehn Versicherungsjahre (bei 40 möglichen Versicherungsjahren macht das 25 Prozent ihres gesamten Versicherungslebens), und dann wurde ihre errechnete Rente noch einmal um zehn Prozent gekürzt. Mit der „Grundrente“ bekäme Katrin M. in etwa das zurück, was man ihr in den 90er Jahren und danach weggenommen hat.

Das Ganze wird nun hübsch in Geschenkpapier eingewickelt und erhält die Gestalt einer sozialen Wohltat. In Kraft treten soll die Grundrente zum 1. Januar 2021 – also rechtzeitig, um bei der im Herbst ins Auge gefassten Bundestagswahl der SPD wieder zu einem guten Wahlergebnis zu verhelfen.

Zeitplan ist unrealistisch

Da der Rentenversicherungsträger anhand der laufenden Steuerbescheide eine Bedürftigkeitsprüfung vornehmen soll, ist es völlig ausgeschlossen, dass die Rentenbezieher vor 2022 ihre „Grundrente“ für 2021 erhalten werden, weil die Steuerpflichtigen stets im Folgejahr ihre Steuererklärung abgeben können. Selbst wenn man die Bezüge des Vorjahres zugrunde legen sollte, dürfte es schwer werden.

Zudem ist der Verwaltungsaufwand für die Prüfung der Grundrente so immens hoch, dass die Rentenversicherung nach Einschätzung ihrer Führungsebene rund 1000 neue Mitarbeiter benötigen wird. Auch die Personalräte der Versicherungsträger wurden schon beim Staatssekretär Rolf Schmachtenberg vorstellig, um die entsprechenden Schwierigkeiten zu schildern.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Finanzvolumen der ins Auge gefassten Grundrente noch nicht einmal ein Prozent der Gesamtausgaben der Rentenversicherungsträger ausmacht. Die niedrigen Renten gehen auf radikale Kürzungen an der Rentenberechnung in den 90er Jahren und danach zurück. Die Verwaltung hat dem Minister mehr oder weniger deutlich erklärt, dass nicht damit zu rechnen sei, dass die betroffenen Rentner pünktlich von den vorgesehenen „Wohltaten“ profitieren können.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentare

Siegfried Hermann am 01.05.20, 13:12 Uhr

"...Was die Rentner nun mehr erhalten sollen, ist ihnen durch frühere Reformen genommen worden..."
Damit ist doch alles gesagt und auf den Punkt gebracht! Und das geht jetzt schon seit Blüm´s wohliges Rente-ist-sicher-Geschwafel.

Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS