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Britische Linksintellektuelle und Museen sind wie besessen auf die historische Schuld von Kolonialismus und Imperialismus fixiert
Admiral Horatio Nelson, der Sieger der Seeschlacht von Trafalgar im Jahr 1805, steht als steinerne Figur auf der Spitze seiner Säule. Knapp 52 Meter hoch ragt er über den Trafalgar-Platz im Londoner Zentrum. Generationen von Briten haben Lord Nelson verehrt, der in den napoleonischen Kriegen entscheidende Siege errang und die britische Seevormacht festigte. Doch mehr als 200 Jahre später ist er keineswegs mehr unumstritten. Schon vor Jahren forderte die linke schwarze Autorin Afua Hirsch im „Guardian“: „Statuen stürzen? Als nächstes sollte Nelsons Säule dran sein.“ Denn Lord Nelson, der in der Seeschlacht von Trafalgar fiel, habe zuvor als Politiker gegen das Gesetz zur Abschaffung des Sklavenhandels im britischen Empire gestimmt, das der Abgeordnete William Wilberforce und andere Politiker schließlich 1807 durchs Parlament brachten.
Zwar ist der Traum der Tochter eines britischen Vaters und einer ghanaischen Mutter sowie Enkelin eines Juden, der 1938 als Jugendlicher aus Deutschland emigriert ist, und eines Akan und politischen Emigranten aus der Republik Ghana bislang nicht in Erfüllung gegangen, aber es häufen sich die Zeichen, dass das britische Geschichtsbild sich wandelt. Zum Beispiel im National Maritime Museum in Greenwich im Südosten Londons, das unter anderem William Turners berühmtes Gemälde „The Battle of Trafalgar“ besitzt und als das größte Museum für Seefahrtsgeschichte der Welt gilt. Dort ist man zwar nicht so weit, Nelson vom Podest zu stoßen. Das populäre Museum mit Ausstellungen über Seefahrt und Handel hat aber vor Kurzem neben der Büste Nelsons eine Büste einer afrikanisch aussehenden „See-Gottheit“ aufgestellt, ein „gottähnlicher Beschützer aller Migranten, die gefährliche Fahrten übers Meer machen“, schreibt das Museum. „Rutscht mal zur Seite, Admirale, Kapitäne und Politiker! Einige unbekannte Helden kommen jetzt“, heißt es.
„Rutscht mal zur Seite!“
Die geschlechtlich „nicht-binäre“ Bronzefigur der See-Gottheit ist das Werk einer woken Künstlerin, bezahlt hat ein Londoner Flüchtlingsverein. Künstlerin Eve Shepherd sagt, im National Maritime Museum finde man wie in allen Museen des Landes „eine Überfülle an Büsten und Porträtgemälden von weißen Oberschicht-Männern“. Das müsse sich ändern. Das Museum in Greenwich präsentiert aktuell im Innenhof zum „Asian History Month“ großformatige Fotos asiatischer, vor allem indischer Immigranten. Auf einer der Aufnahmen räkelt sich ein fülliges, leichtbekleidetes dunkelhäutiges Modell, das als „tamilische Queer-Person“ vorgestellt wird, die ihren „Körper als Konzept/Idee/Kunst“ einsetze. So sieht das Kontrastprogramm zu den alten weißen Männern aus.
Nicht alle sind begeistert über die woke Wende der Museumspädagogik, die unter dem Mantel der „Dekolonisierung“ daherkommt. Der emeritierte Cambridge-Geschichtsprofessor David Abulafia empörte sich in der Zeitschrift „The Spectator“ über die „Verrücktheit“ von immer mehr Museen, die sich darauf verlegen, über die vermeintlichen oder tatsächlichen Übel des europäischen Kolonialismus zu predigen, dabei aber oft eine verzerrte Sicht auf die Vergangenheit präsentierten, weil sie die Vergangenheit nach den heutigen Wertmaßstäben beurteilen wollen. Man müsse die Geschichte mit den Augen der damaligen Menschen betrachten, um sie zu verstehen, auch wenn das unbequem sei .
Immerhin erlaubt das National Maritime Museum noch gewisse Nuancen. In der Abteilung über den Transatlantik-Handel wird zwar immer mehr der europäische Sklavenhandel thematisiert und man liest Entschuldungen, dass die Abteilung noch nicht komplett umgebaut sei. Aber immerhin zeigt sie auch, wenn auch am Rande, dass es Sklaverei in Afrika schon lange vor der Ankunft der Europäer gab. So gibt es vereinzelt Bilder beispielsweise eines reichen schwarzen Manns im Kongo, der von seinen Sklaven in einer Art Sänfte getragen wird.
Doch die eurozentrische Schulddebatte wird immer lauter. Das Vereinigte Königreich hat in den vergangenen Jahren unter dem Druck linker Historiker und Aktivisten verstärkt eine Vergangenheitsbewältigung rund um Kolonialismus, Empire und Sklaverei begonnen, die zwar noch nicht die Dimensionen des deutschen NS-Schuldkomplexes erreicht, aber doch an die Wurzeln der Institutionen geht. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass neue Anstrengungen zur „Dekolonisierung“ verkündet werden. Museen, Universitäten, Behörden und Medien sind alle beteiligt.
Aktuell thematisiert die Royal Academy in der Ausstellung „Entangled Pasts“ (Verwickelte Vergangenheiten), welche ihrer historischen Mitglieder Verbindungen zur Sklaverei gehabt hätten. Der nach England gezogene amerikanische Maler John Copley aus dem späten 18. Jahrhundert habe drei versklavte Diener besessen. Und Joshua Reynolds, erster Präsident der Akademie, habe „von der Arbeit eines Dieners afrikanischer Herkunft profitiert“ und außerdem Patronage von Plantagenbesitzern genossen. Allerdings war Reynolds auch eng mit Abolitionisten verbunden. Die aktuelle Präsidentin der exklusiven Künstler-Akademie, Rebecca Salter, beklagt, dass die Royal Academy „historisch und strukturell eine weiße, eurozentrische Institution“ gewesen sei, der dringend benötigte dekoloniale Wandel habe erst vor Kurzem begonnen. Im Katalog zur Ausstellung heißt es, man lebe noch immer „im Schatten des Kolonialismus“.
Appetit auf Reparationen aus Europa
Das „Schluchzen des weißen Mannes“, wie der französische Philosoph Pascal Bruckner einst spottete, ist inzwischen laut und deutlich zu hören. Den Bußritualen folgen aber meist handfeste finanzielle Ansprüche. Vor einem Jahr hat die Church of England einen Entschädigungsfonds von 100 Millionen Pfund für schwarze Gemeinschaften angekündigt, weil die Kirche vor mehr als dreihundert Jahren zur Zeit von Königin Anne eine Stiftung, die sogenannte Queen Anne's Bounty, für arme Kleriker einrichtete, die ihr Geld zum Teil auch in die South Sea Company investierte, die an Sklavenhandel und -verkauf in Lateinamerika beteiligt war. Auch die Versicherungsbörse Lloyds of London hat einen Millionen-Fonds für Projekte zur Förderung schwarzer Gemeinschaften versprochen. Makler von Lloyds hatten Schiffe der Sklavenhandelsgesellschaften versichert.
Die linksliberale Zeitung „The Guardian“, gegründet 1821, gab nach den aus den USA kommenden „Black Lives Matter“-Protesten vor einem Jahr ganz zerknirscht bekannt, dass mehrere ihrer Gründer, vor allem Textilfabrikanten in Manchester, Verbindungen zur Sklaverei gehabt hätten, vor allem, indem sie Baumwolle von Plantagen mit Sklavenarbeitern benutzten. Die Zeitung wird einen Fonds von zehn Millionen Pfund für „restaurative Gerechtigkeit“ einrichten.
Der Druck wächst, dass auch die britische Krone ihre Verbindungen zur Sklaverei nicht nur bedauert, sondern finanzielle Kompensation zahlt. Es steht außer Frage, dass mehrere Monarchen direkt und zentral am Sklavenhandel beteiligt waren, beispielsweise über die 1660 gegründete Royal African Company. Zwar liegt das alles mehrere Jahrhunderte zurück, doch wächst in Afrika und in den Staaten der Karibik (den „West-Indies“), wo einst Sklaven in den britischen Kolonien auf Zuckerrohrplantagen schufteten, der Appetit auf Reparationen aus Europa. König Charles hat mehrfach, beispielsweise bei einem Besuch in Ghana vor fünf Jahren, das Unrecht verurteilt und seinen Abscheu bekundet. Er unterstützt Forschungsarbeiten. Aber Reparationsgeld hat die Krone bislang noch nicht gezahlt.
Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis es dazu kommt. Und vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis Museen die Perspektive auf die Vergangenheit komplett umdrehen. Statt der ruhmreichen maritimen und imperialen Vergangenheit Britanniens, für die Lord Nelson steht, wird es dann weitgehend um Aufarbeitung der historischen Schuld gehen.
Michael Holz am 16.02.24, 22:11 Uhr
Ja, das perfide Albion soll bluten, nicht nur wegen den Verwicklungen im Sklavenhandel sondern auch und gerade wegen "Bomber-Harris"!