27.03.2025

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Industrie unter Druck: Total-Raffinerie Mitteldeutschland im Chemiepark Leuna
Bild: action pressIndustrie unter Druck: Total-Raffinerie Mitteldeutschland im Chemiepark Leuna

Krise

„Man hat uns ein Märchen aufgetischt“

Sanktionen, Energiepreise, grüne Versprechen: In der mitteldeutschen Wirtschaft rumort es

Hermann Müller
13.03.2025

Als Anfang 2023 in der PCK-Raffinerie Schwedt der Hahn zur Druschba-Pipeline zugedreht wurde und kein Rohöl mehr aus Sibirien kam, war vonseiten der Politik noch viel von einer „grünen Transformation“, einer „Wasserstoffdrehscheibe“ und großzügiger finanzieller Hilfe des Bundes die Rede. Die Politik stand im Wort, nachdem Olaf Scholz im Mai 2022 einen freiwilligen Verzicht Deutschlands auf russisches Pipeline-Öl erklärt hatte. Seit die Bundesregierung ein Öl-Embargo gegen Moskau durchgesetzt hat, leidet jedoch die Wirtschaftlichkeit der Raffinerie. Die Auslastung der Anlage ist auf etwa 80 Prozent gesunken. In dieser ohnehin nicht rosigen Lage gerät nun auch noch die in Aussicht gestellte „grüne“ Transformation ins Stocken.

Wie der Sender rbb berichtet, wird eine grüne Wasserstoffanlage, die noch in diesem Jahr in Betrieb gehen sollte, vorerst nicht kommen. Im Gespräch mit dem rbb sagte der Raffinerie-Chef Ralf Schairer: „Im Moment ist das regulatorische Umfeld so, dass es keine Wirtschaftlichkeit für unseren großen Elektrolyseur gibt – da sind wir nicht allein.“ Im Klartext: Der Traum, mit Strom aus Solaranlagen und Windrädern „klimaneutralen“ Wasserstoff zu erzeugen, rechnet sich nicht. Bisher war für die Raffinerie in Schwedt vorgesehen, dass sie aus der Produktion fossiler Kraftstoffe aussteigt und bis 2045 zu einer großen „Wasserstoffdrehscheibe“ wird. Dabei wurde allein bis 2030 mit Kosten von etwa 15 Milliarden Euro gerechnet.

Zugesagte Fördergelder bleiben aus
Erschwert wird die Lage noch durch die weiterhin ungeklärte Frage, wer künftig eigentlich Eigentümer der Raffinerie sein wird. Rosneft Deutschland, der russische Mehrheitseigner, wurde während der Amtszeit von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unter Treuhandverwaltung des Bundes gestellt. Diese wurde erst kürzlich bis zum 10. September verlängert. Rosneft will zwar seine Anteile verkaufen, allerdings kommen die Verhandlungen nicht voran. Obendrein hat die EU-Kommission Fördergelder des Bundes für den Bau einer Pipeline zum Rostocker Hafen blockiert. Offenbar sind bislang noch überhaupt keine Fördermittel geflossen, die der Bund bei Sanktionsbeginn in Aussicht gestellt hatte: „Angekommen ist bisher nicht ein Euro. Man kann da wohl sagen, dass man uns ein Märchen aufgetischt hat, denn mittlerweile glaubt hier keiner mehr daran, dass diese Gelder überhaupt jemals fließen werden“, so Danny Ruthenburg, Vorsitzender des PCK-Gesamtbetriebsrates, gegenüber dem rbb.

Die unrealistischen grünen Transformationspläne, die Sanktionspolitik der Bundesregierung und nicht eingelöste Ankündigungen haben mittlerweile in der Region eine explosive Stimmung heranreifen lassen. Die Schwedter Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) und weitere Lokalpolitiker haben sich kürzlich ganz offen dafür ausgesprochen, das Embargo auf russisches Öl zu beenden.

Wie der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Hans-Joachim Höppner (CDU), erklärte, können die Schwedter „nach wie vor nicht nachvollziehen, dass freiwillig ein Rohöl-Embargo ausgesprochen wurde“. Mitglieder von Aufsichtsrat und Betriebsrat der PCK-Raffinerie fordern inzwischen auch in einem Brief an die Landesregierungen von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt eine Aufhebung der Embargos auf russisches Öl und Gas. Verständnis für die Forderung zeigt Ministerpräsident Dietmar Woidke. Er würde nach einem Ende des Ukrainekrieges die Rückkehr zu Öl aus Russland für die Raffinerie PCK Schwedt grundsätzlich begrüßen, so der SPD-Politiker. Woidke schränkt jedoch ein: Die Entscheidung liege beim Bund.

CDU-Politiker spüren Druck der AfD
Auch in der mitteldeutschen Chemieindustrie wird der Ruf nach russischem Gas lauter. Angestoßen hatte die Debatte im Februar Christof Günther, Chef des Chemieparks Leuna. Durch den Verzicht auf russisches Gas muss der Chemiepark pro Jahr 150 Millionen Euro mehr für Gas zahlen. Die Rückkehr zu preiswerteren russischen Energieträgern ist aus Sicht der Chemieparkbetreiber die einzige Möglichkeit, die Branche in Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Unterstützung erhält Günther dabei von Sven Schulze (CDU), dem Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt. Zusätzlich steht die Ost-CDU seit der Bundestagswahl unter Druck: In allen fünf östlichen Flächenländern der Republik hat die AfD als stärkste Kraft abgeschnitten und überall mehr als 30 Prozent geholt.

Seitdem liegen bei vielen CDU-Politikern in den neuen Bundesländern die Nerven blank. Ob es zu einer offenen Konfrontation mit der Bundes-CDU kommt, hängt aus Sicht von Beobachtern vor allem vom Ergebnis der Koalitionsgespräche von Friedrich Merz mit der SPD beim Thema Migration ab.


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Kommentare

Gregor Scharf am 20.03.25, 14:14 Uhr

Für kleine Kinder ist es ein Heidenspass, wenn sie dem Schauspiel eines Kaspertheaters zuschauen. Man kann beobachten, wie sie mitfiebern und jede Handlung genauestens verfolgen. Die lassen sich nicht betrügen und übers Ohr hauen. Wehe dem, der da Böses im Schilde führt.
Was ist den Erwachsenen abhanden gekommen in ihrer Entwicklung, dass sie auf jeden Unsinn hereinfallen und Bücklimg machen? Wer nicht hören will, muss fühlen.

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