14.07.2025

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Letzter Schliff in Lauchhammer: Statue des Komponisten Mendelssohn-Bartholdy
Bild: picture-alliance/dpaLetzter Schliff in Lauchhammer: Statue des Komponisten Mendelssohn-Bartholdy

Bronzeguss

Marx und Engels kamen aus Lauchhammer

In Deutschlands ältester Kunstgießerei entstanden viele Bronzeplastiken – Im Juli vor 300 Jahren war der Gründungstag

Martin Stolzenau
14.07.2025

Im Jahr 1725 wurde im damals sächsischen Lauchhammer der erste Hochofen in Betrieb genommen. Den Anfang bildeten schmiedbare Stangeneisen sowie Kessel und Ofenplatten. Nach der Entwicklung eines speziellen Wachsausschmelzverfahrens in Lehmformen für hohle Eisenplastiken begann 1784 in Lauchhammer die Zeit des Eisenkunstgusses.

Im Ergebnis des Wiener Kongresses fiel ein Teil Sachsens mit Lauchhammer 1815 an Preußen. Danach entwickelte sich das heute Südbrandenburger Hüttenstädtchen zu einer Industriestadt. Zum Eisenkunstguss kam der Bronzeguss und dann die Glockengießerei. Fast alle deutschen Städte besitzen bis heute Gussprodukte aus Lauchhammer.

Bis in die Gegenwart arbeiten auf der Grundlage einer nun 300-jährigen Tradition Gussspezialisten mit bildenden Künstlern zusammen und sorgen außer für Alltagsprodukte auch immer wieder für spektakuläre Guss-Kunstwerke. Lauchhammer besitzt jetzt nicht nur Deutschlands älteste Kunstgießerei, sondern auch die einzige derartige Anlage in den neuen Bundesländern.

Durch das Privileg des sächsischen Kurfürsten vom 17. Juli 1725 erhielt der rund 45 Kilometer nördlich von Dresden an der Schwarzen Elster gelegene Hüttenort die Erlaubnis zur Errichtung eines Eisenhammerwerkes mit Hochofen und Gießerei. Dazu kam ab 1789 im heutigen Lauchhammer-Mitte der Abbau von Braunkohle. Als der Ort später Teil der preußischen Provinz Sachsen wurde, kamen Verhüttungsanlagen, Kohleabbau und Brikettfabriken hinzu.

Dabei wuchs die Produktpalette. Sie reichte von Vasen aus Guss im Louis-Seize-Stil und Mobiliar aus Eisenkunstguss, das von Karl Friedrich Schinkel für die Hohenzollern entworfen wurde, über das Lutherdenkmal in Worms und das Fontanedenkmal in Neuruppin bis hin zur Glockengießerei. Auch Friedrich Schiller ließ sich bei seinem Gedicht „Die Glocke“, das er ursprünglich „Glockengießerlied“ nannte, vom Glockenguss in Lauchhammer inspirieren. Ansonsten hätte er wohl kaum so lebensnah und detailliert einen Glockenguss beschreiben können.

Bis heute wurden in Lauchhammer einige tausend Glocken gegossen. Allein zwischen den beiden Weltkriegen kam man in Lauchhammer auf rund 500 Glocken. Davon haben allerdings nur 35 die Zeit des Nationalsozialismus überstanden. Alle anderen Objekte wurden für den Krieg eingeschmolzen. Geradezu berühmt wurden die große Glocke für den Berliner Dom 1929, die Reformations-Glocke für die Wittenberger Schlosskirche ebenfalls 1929, die Friedensglocke für Würzburg 1996 und die Riesenglocke für den Halberstädter Dom 1997.

Während der NS-Herrschaft und in der DDR-Zeit gab es kaum Glockenguss. Die SED-Führung nutzte die Guss-Tradition in Lauchhammer allerdings recht rege für überdimensionale sozialistische Plastiken und Denkmäler. Mittendrin waren Skulpturen von Karl Marx, Friedrich Engels, Wladimir Iljitsch Lenin und Ernst Thälmann. Erst am 2. Dezember 1994 erlebte der Glockenguss in Lauchhammer eine Renaissance. Als erste Glocke nach der Tabu-Zeit verließ eine Bronzeglocke für die evangelische Kirche in Dübrichen bei Doberlug-Kirchhain die Gießerei in Lauchhammer.

Das brachte schrittweise neue Schwung in die Kunstgießerei in Lauchhammer, die jetzt als „Lauchhammer Kunstguss GmbH & Co. KG“ mit ihrer vielgestaltigen Produktpalette neue Kunden anzog. Das umfangreiche Angebots-Spektrum reicht von der Restaurierung von Denkmälern und Plastiken über architekturbezogenen Kunstguss bis zu Marktbrunnen, Zierofenplatten und Grabschmuck.

Zwischendurch entstand 1995 auch ein Glockenspiel für die japanische 4500-Einwohner-Gemeinde Kosaka. Zu den Brunnenschöpfungen gehörten der Möwenbrunnen in Warnemünde, der Mozartbrunnen in Dresden, der Bierbrauerbrunnen in Dortmund und der Frauenbrunnen in Halle/Saale.

Die heutige Gießerei besitzt ein Modell-Lager mit über 2500 Kunstgussmodellen, die neue Gussaufträge von Modellen aus der Antike bis zu zeitgenössischen Kunstwerken ermöglichen. Es ist eine regelrechte Schatzkammer. Parallel errichtete man in den letzten Jahren in Lauchhammer in der Nähe der Gießerei ein Kunstguss-Museum, das einen umfangreichen Bestand an Dokumenten, Modellen und Güssen zeigt und besonderes für Tagestouristen ein attraktives Reiseziel darstellt.


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