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Rohstoffabbau

Massenproteste in Serbien gegen Lithium-Bergbau

Zusammen mit Deutschland hofft Belgrad auf wirtschaftlichen Erfolg bei dem umstrittenen Minenprojekt

Dagmar Jestrzemski
20.09.2024

Die Regierung in Belgrad will mit der EU und Deutschland im westserbischen Jadartal das für die E-Mobilität notwendige Mineral Lithium fördern. Für den Abbau des Rohstoffs in dem landwirtschaftlich genutzten Gebiet beabsichtigt das australisch-britische Bergbauunternehmen Rio Tinto insgesamt zwei Milliarden Euro zu investieren. Die Erze sollen durch unterirdische Explosionen „nachhaltig und umweltverträglich“ abgebaut werden.

Ein Großteil der Bevölkerung Serbiens lehnt das seit Jahren geplante Vorhaben wegen befürchteter Umweltschäden jedoch nach wie vor entschieden ab. Experten warnen vor einer Umweltkatastrophe infolge von giftigen Rückständen und vor einer Verseuchung des Trinkwassers. Auf diese Gefahr weisen die Ergebnisse von Umweltverträglichkeitsprüfungen hin, die Rio Tinto nach ersten Probebohrungen vorgenommen hat. Am 10. August fanden wieder Massenproteste in Belgrad und anderen Städten Serbiens gegen den Lithiumbergbau in der Jadar-Region statt.

2022 hatte Präsident Aleksandar Vučić im Vorfeld der Wahlen das Vorhaben wegen anhaltender Proteste zurückgestellt. In Deutschland wird kaum über das Ausmaß des Widerstands innerhalb der serbischen Gesellschaft berichtet, der rasch neu organisiert wurde, nachdem ein Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Belgrad im Juli für Schlagzeilen gesorgt hatte. Mit dem scheidenden Vizepräsidenten der EU-Kommission, Maroš Šefčovič, unterzeichnete Scholz eine Absichtserklärung für eine deutsch-serbische Rohstoffpartnerschaft, um das hochumstrittene Projekt wieder in Gang zu bringen. Die jüngsten Demonstrationen am 1. September richteten sich insbesondere gegen die repressiven Maßnahmen der serbischen Regierung. Präsident Vučić hatte die Gegner des Bergbauprojekts öffentlich als Staatsfeinde, Verräter und ausländische Söldner bezeichnet. Mehrere Aktivisten wurden verhaftet. Der Wissenschaftler Aleksandar Matković erhielt Todesdrohungen, nachdem er den wirtschaftlichen Nutzen des Minenprojekts in einem offenen Brief angezweifelt hatte.

Es fehlt an Rechtsstaatlichkeit
Über die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf Bergbauvorhaben führte die Heinrich-Böll-Stiftung ein Interview mit den Umweltrechtsexperten Mirko Popović und Jovan Rajić vom Renewables and Environmental Regulatory Institute (RERI). Beide erklärten, dass Rechtsstaatlichkeit, Umwelt- und Menschenrechtsstandards in Serbien nicht im Einklang mit den EU-Kriterien stünden. Es fehlten eine leistungsorientierte und rechenschaftspflichtige öffentliche Verwaltung, eine unabhängige Justiz, transparente und unabhängige Umweltverträglichkeitsprüfungen mit wirksamen Inspektionen sowie Medien- und Meinungsfreiheit. Daher erübrige sich eine Diskussion mit Regierungsvertretern über eine verantwortliche Durchführung kritischer Rohstoffabbauprojekte.

Indirekt fordern die Experten die EU-Kommission und Deutschland auf, die Rohstoffpartnerschaft mit Serbien aufzukündigen. Präsident Vučić hat stattdessen den Beginn der Lithiumförderung für 2026 angekündigt.


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