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Mehr als ein Schlag für die Friedenskirche

Über die Musik hat Geschichte in Schweidnitz ein festes Fundament

Chris W. Wagner
12.08.2025

Im niederschlesischen Schweidnitz [Świdnica] steht derzeit alles im Zeichen der Musik. Im Rahmen des 26. Bach-Festivals füllt sich die Friedenskirche, die seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe ist, mit Musikfreunden aus aller Welt. Das letzte Konzert des Bach-Festivals findet am 2. September um 19 Uhr statt. Am Flügel sitzt dann Michał Biel, der zusammen mit dem Kontratenor Jakub Józef Orliński bereits Konzertsäle in Barcelona, Los Angeles, New York, der Provence, aber auch Breslau oder dem niederschlesischen Bad Reinerz [Duszniki-Zdrój] füllte.

Das Festival steht unter dem Motto: In präziser Form verbirgt sich eine geheimnisvolle Schönheit. „Gerade in der Klarheit und Reduktion der barocken Formensprache offenbart sich das wahre, tiefe Schöne“, so der künstlerische Festivalleiter Jan Tomasz Adamus.

Neben Schweidnitz wurden zuvor kleinere Dorfkirchen, Schlösser und Parks in der Umgebung bespielt, aber Schwerpunktstandort bleibt die 1657 erbaute Schweidnitzer Friedenskirche. Das Gotteshaus zählt neben dem in Jauer [Jawor] und dem einstigen Glogau [Głogów] zu den drei Schlesischen Friedenskirchen. Diese evangelischen Kirchen im einstigen Habsburgerreich sind die einzigen, die im Westfälischen Frieden von 1648 den protestantischen Schlesiern zugestanden worden waren. Während die 1648 erbaute Kirche in Glogau beim Stadtbrand 1758 vollständig niederbrannte, blieben die beiden anderen erhalten, auch wenn sie nur Jahrzehnte hätte halten sollen. Denn für ihren Bau galten damals strenge Bedingungen. Friedenskirchen durften nicht aus Stein und Ziegel gebaut werden keine Kirchtürme oder Glocken haben und als Standorte kamen nur Plätze außerhalb der Stadtmauern infrage, die dafür aber in „Kanonenschussweite“ lagen. Diese Kirchen mussten innerhalb eines Jahres fertiggestellt werden. Die Baukosten trugen die Gemeinden selbst. 1707 kam die Erlaubnis für separate Türme und Glocken.

Dem Bach-Schüler sei Dank
Bachkonzerte erfreuen sich in der Schweidnitzer Friedenskirche einer langen Tradition. 72 Jahre nach dem Kirchbau übernahm dort der aus Friedersdorf am Queis [Biedrzychowice] stammende Christoph Gottlob Wecker das Amt des Kantors. Wecker war ein Schüler Johann Sebastian Bachs, der ihm für diese Stelle ein Referenzschreiben ausstellte. Daraufhin wurden Bachs Kompositionen in der Friedenskirche regelmäßig gespielt.

In dieser Tradition lockt auch das diesjährige Bach-Festival bereits seit dem Jahr 2000 Musikfans nach Schweidnitz. Die Friedenskirche ist zudem einer der Austragungsorte des nun bereits 10. Christian-Schlag-Orgelfestivals. Am 19. und 26. September sowie am 10. und 31. Oktober spielen dort jeweils um 18.30 Uhr internationale Orgelmusiker. Das Festival geht auf die Begründer des führenden Orgelbauunternehmens in Schlesien, das von 1805 bis 1889 existierte, zurück. Christian Schlags 222. Geburtstag wurde im Februar in Schweidnitz mit einem Vortrag und einem anschließendem Konzert groß gefeiert.

Er war der Sohn eines Webers aus Staschwitz bei Zeitz im heutigen Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt. Nach seiner Zeit als Geselle bei verschiedenen Orgelbauern kam er 1831 zum Orgelbauer Kiesewalter nach Jauer und wurde dessen Nachfolger. Ein Jahr darauf gründete Schlag mit seinen Brüdern Johann Karl und Heinrich eine Firma. 1869 schieden die Brüder aus dem Betrieb aus und gründeten eine zweite Orgelbaufirma „Gebrüder Schlag“. An ihrer Stelle traten Christians Söhne Theodor und Oskar Schlag in das Geschäft ein, das fortan den Namen „Schlag und Söhne“ führte und 1834 von Jauer nach Schweidnitz umzog.

Während des diesjährigen Orgelfestivals, das neben Schweidnitz auch in Waldenburg [Wałbrzych] und Freiburg in Schlesien [Świebodzice] stattfindet, werden Barockmusik, symphonische Orgelwerke des 19. und 20. Jahrhunderts, Orgeltranskriptionen und virtuose Improvisationen präsentiert.

Die Veranstalter, die Stiftung der Guten Musik wollen das ganze Spektrum der Klangmöglichkeiten, besonders der Orgel in der Friedenskirche – des wichtigsten Instrumentes der Firma Schlag & Söhne – zu Gehör bringen.


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