16.04.2024

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Elisabeth Charlotte von der Pfalz

Mehr als nur die Mutter des Großen Kurfürsten

Vor 425 Jahren kam die Ehefrau des brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Herzogs Georg Friedrich zur Welt. Manches an der Schwester des „Winterkönigs“ erinnert an Königin Luise

Manuel Ruoff
21.11.2022

Mitte des 17. Jahrhunderts schuf der seit 1628 als Hofmaler amtierende Mathias Czwiczek das Werk „Verherrlichung der Kurfürstinwitwe Elisabeth Charlotte von Brandenburg als Königin von Saba“. Im Zentrum zeigt das Bild die Kurfürstenwitwe sowie stehend und farblich hervorgehoben den amtierenden Kurfürsten Friedrich Wilhelm mit seiner Ehefrau Prinzessin Luise Henriette von Oranien, Tochter des niederländischen Statthalters Friedrich Heinrich von Oranien und dessen Gattin, der Gräfin Amalie zu Solms-Braunfels, an seiner Seite. Hinten sind links die brandenburgischen Vorfahren des Großfürsten und rechts die niederländischen Ahnen der Kurfürstin zu sehen.

Das Bild zeugt nicht nur mit seiner zentralen Platzierung der Kurfürstenwitwe von der tiefen Zuneigung des Landesherren zu seiner Mutter, sondern auch davon, dass diese nicht nur in eine interessante Familie hineingeheiratet hatte, sondern selbst einer interessanten Familie entstammte. Zu ihren Füßen sehen wir nämlich ihren jüngsten Bruder Ludwig Philipp. Letzterer war wie sie ein Bruder des sogenannten Winterkönigs von Böhmen, des pfälzischen Kurfürsten Friedrich V. Nach dessen Tod im Jahre 1632 war Ludwig Philipp der Vormund des ältesten überlebenden Sohns des „Winterkönigs“, Karl Ludwig, und Administrator der Kurpfalz.

Ihr Ehemann gilt als schwach

Der Vater der Kurfürstenwitwe war der pfälzische Kurfürst Friedrich IV., die Mutter dessen Ehefrau, Prinzessin Luise Juliana von Oranien-Nassau, Tochter Prinz Wilhelms I. von Oranien-Nassau und dessen dritter Ehefrau, Charlotte de Bourbon-Montpensier. Vor 425 Jahren, am 19. November 1597, kam Elisabeth Charlotte von der Pfalz in Neumarkt in der Oberpfalz zur Welt. Mit 18 heiratete sie am 24. Juli 1616 in Heidelberg den damaligen brandenburgischen Kurprinzen Georg Wilhelm, der drei Jahre später, nach dem Tod seines Vaters Johann Sigismund, brandenburgischer Kurfürst und Herzog in Preußen wurde.

Die Vermählung war Bestandteil einer protestantischen Heiratspolitik Brandenburgs. So heiratete 1620 Kurfürst Georg Wilhelms zweitälteste Schwester, Maria Eleonora, den schwedischen König Gustav II. Adolf. 1626 ehelichte Georg Wilhelms drittälteste Schwester, Katharina, Gabriel Bethlen von Iktár, den Anführer der antihabsburgischen Aufstände im Königreich Ungarn auf dem Gebiet der heutigen Slowakei. Und 1631 vermählte sich Elisabeth Charlottes Bruder Ludwig Philipp mit der brandenburgischen Prinzessin Marie Eleonore.

Das bedeutet indes nicht, dass Kurfürst Georg Wilhelm einen dezidierten und klaren Konfrontationskurs gegen die Führer des katholischen Lagers in Deutschland, die österreichischen Habsburger, gesteuert hätte. Vielmehr erinnert Georg Wilhelms Verhalten an einen anderen, ebenfalls als schwach und wenig entscheidungsfreudig geltenden Hohenzoller an der Spitze Brandenburgs und Preußens einige Generationen später, an König Friedrich Wilhelm III. So wie Friedrich Wilhelm Brandenburg-Preußen aus der entscheidenden Auseinandersetzung seiner Zeit, der zwischen dem postrevolutionären Frankreich Napoleons I. und den anderen Großmächten, herauszuhalten versuchte, versuchte Georg Wilhelm Brandenburg-Preußen aus der entscheidenden Auseinandersetzung seiner Zeit, der zwischen Protestantismus und Katholizismus, herauszuhalten. Und so wie Friedrich Wilhelm sich darum bemühte, den Kaiser in Paris nicht zu erzürnen, bemühte sich Georg Wilhelm darum, den Kaiser in Wien nicht zu ärgern.

Die Schwäche beider Hohenzollern ließ ihren jeweiligen Ehefrauen – Luise im Falle Friedrich Wilhelms, Elisabeth Charlotte im Falle Georg Wilhelms – eine umso größere politische Rolle zukommen. Beide bemühten sich als Sympathisanten der sogenannten protestantischen Hofpartei beziehungsweise der sogenannten Kriegspartei, ihre Ehemänner zu einer entschiedeneren Parteinahme zu bewegen.

Elisabeth Charlotte war politisch eher uninteressiert, aber allein schon aus Loyalität zu ihrer Familie betrieb sie faktisch Politik. Immerhin stand ihr Bruder Friedrich an der Spitze der Protestantischen Union. Mit dem Exil, das Georg Wilhelm nicht zuletzt aus Rücksicht auf seine Ehefrau deren Familie nach dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges gewährte, provozierte er nolens volens Habsburg und das katholische Lager.

Ihr Sohn liebte sie

Nachdem der württembergische Herzog Johann Friedrich aus Angst vor dem Kaiser das Exil der Mutter des „Winterkönigs“ in seinem Herzogtum beendet hatte, fand sie bei ihrem Schwiegersohn Unterschlupf. Im November 1620 setzte Elisabeth Charlotte bei ihrem Mann durch, dass dieser auch den seit dem 29. Januar 1621 vom Kaiser geächteten „Winterkönig“ selbst Exil gewährte, bis dieser in die Niederlande weiterreiste, die er im März 1621 erreichte. Auch Elisabeth Charlottes Bruder Ludwig Philipp fand an Georg Wilhelms Hof Aufnahme.

Zu einem Gegenspieler der Schwester des „Winterkönigs“ und Ehefrau des Kurfürsten entwickelte sich der Graf Adam von Schwarzenberg. Kurfürst Georg Wilhelm folgte in seiner Regierungszeit zunehmend den Ratschlägen des habsburgfreundlichen Katholiken. Elisabeth Charlotte war weder in der Lage, den Aufstieg des Geheimen Rates zu verhindern, noch gelang es ihr, ihn zu stürzen. Das spricht für die Begrenztheit des Einflusses der Kurfürstin in der Regierungszeit ihres Mannes.

Wenigstens gelang es ihr, die Grundlagen zur Karriere des Freiherrn Otto von Schwerin in Brandenburgs Diensten zu legen. Sie nahm den Protestanten in den Hofdienst auf. 1638 ernannte ihn ihr Mann zum Kammerjunker.

Welchen Einfluss Elisabeth Charlotte auf ihren einzigen Sohn, der das erste Lebensjahr überlebte, hatte, spiegelt das Schicksal der beiden obengenannten Männer nach dem Wechsel von Georg Wilhelm zu Friedrich Wilhelm im Jahre 1640 wider. Der Einfluss des Grafen von Schwarzenberg schwand schnell, und er sah sich mit heftigen Vorwürfen wegen seiner Politik in der Regierungszeit Georg Wilhelms konfrontiert. 1641 wurde er sogar verhaftet und in das Staatsgefängnis nach Spandau gebracht. Dort starb er wenige Tage nach der Einlieferung an einem Schlaganfall. Der Groll des Kurfürsten traf sogar noch dessen Sohn und Erben. Dieser erhielt nur die beweglichen Güter seines Vaters. Privilegien und überlassene Domänen wurden ihm aberkannt und eingezogen.

Der Freiherr von Schwerin hingegen machte unter dem Großen Kurfürsten Karriere. 1641 wurde er Rat am Hof- und Kammergericht in Berlin, 1645 Mitglied des Geheimen Rates des Kurfürsten, 1648 Reichsfreiherr, 1652 General-Postdirektor sowie 1658 schließlich Erster Minister und Oberpräsident des Geheimen Rates und aller Zivilbehörden.

Hier zeigt sich eine weitere Parallele zu Königin Luise. Ihr dem Ehemann an der Staatsspitze nachfolgender männlicher Nachwuchs – Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. – empfand ja ebenfalls tiefe Zuneigung zu seiner Mutter. Im Gegensatz zu Luise überlebte Elisabeth Charlotte jedoch ihren Ehemann. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie meist in dem ihr als Witwensitz zugeteilten Crossen an der Oder. Dort verstarb sie zwei Jahrzehnte nach ihrem Ehemann, am 26. April 1660. Ihre sterblichen Überreste liegen in der Hohenzollerngruft des Berliner Doms.


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