02.05.2024

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Bogislav Friedrich Emanuel von Tauentzien

Mehr Diplomat als Feldherr

Vor 200 Jahren starb der preußische Graf und General der Infanterie

Bernhard Knapstein
18.02.2024

Nach dem Desaster von Jena und Auerstedt gegen Napoleons Truppen und dem schmachvollen Kollaps Preußens 1806 sah sich König Friedrich Wilhelm III. genötigt, von seinen 142 Generälen nur noch 22 in Diensten zu behalten. 86 seiner Generäle entließ der König in Ehren, 17 in Schande. Unter den beibehaltenen 22 verdienstvollen Heerführern, denen der König seine verbliebenen Truppen und den Wiederaufbau des Heeres anvertraute, befand sich Bogislav Friedrich Emanuel Graf von Tauentzien.

Der am 15. September 1760 in Potsdam geborene Sohn eines Generals strebte wie der Vater zum Militär. Er trat 1776 im Alter von 16 Jahren in die Armee ein. Der junge Fähnrich stand als Adjutant Prinz Heinrich von Preußen, einem Bruder Friedrichs des Großen, zur Seite, wie zuvor auch schon sein Vater unter dem Prinzen gedient hatte.

Unter Friedrich Wilhelm II. wirkte der 1791 in den Grafenstand erhobene Tauentzien im Majorsrang als Verbindungsoffizier bei den habsburgischen Streitkräften in den Niederlanden. Dafür zeichnete ihn der König 1792 mit dem Orden „Pour le Mérite“ aus und beförderte ihn noch im Dezember des Jahres zum Oberstleutnant.

Der König förderte Tauentziens diplomatische Begabung und entsandte ihn ab 1794 für drei Jahre als außerordentlichen Gesandten nach St. Petersburg. Dort erlebte der Offizier vor allem die Aufstände in Polen und die sogenannte dritte Teilung des Landes mit.

Schlacht bei Jena
Als Tauentzien 1801 zum Generalmajor befördert wurde, hatte er in den rund 25 Jahren Dienst in der Armee kaum mit dem Truppendienst zu tun gehabt, war er doch vor allem als Diplomat und zu Respektsbezeugungen gegenüber anderen Fürsten entsandt worden. 1804 kehrte er aber zur Truppe zurück und übernahm das Infanterieregiment Nr. 56 in Ansbach. Mit der Mobilmachung im Jahr darauf stieß Tauentzien mit seinem Regiment zu Gebhard Leberecht von Blüchers Armeekorps in Bayreuth

Zu Beginn der Schlacht bei Jena vom 14. Oktober 1806 war es Tauentzien, der mit seiner Vorhut von 8000 Mann zwischen Kapellendorf und Dornburg lag und im Norden Jenas als erstes die Wucht des französischen Ansturms abbekam. Bis zum Dornberg wurde er zurückgedrängt. Preußens Befehlshaber Fürst Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen hatte zunächst vermutet, dass hier nur kleinere Gefechte stattfinden, nicht aber, dass es die französischen Hauptstreitkräfte waren, die der Vorhut Tauentziens entgegentraten, diese zunächst bei Closewitz schlugen und dann am Dornberg erneut zum Gefecht zwangen. Tauentzien blieb nur noch, sich mit den Resten seiner Einheiten am linken Flügel des zu spät anrückenden Korps Rüchel einzureihen. General Ernst von Rüchel ließ gestaffelt neu aufmarschieren, wurde aber 500 Meter vor dem Feind von französischen Kartätschen derart zusammengeschossen, dass der Überlebenswille die Preußen zur heillosen Flucht antrieb.

Tauentzien und August Neidhardt von Gneisenau konnten zwar noch Flüchtende sammeln und geordnet retten, doch die Schlacht war verloren. Tauentzien selbst geriet vorübergehend in Gefangenschaft, wurde aber im Mai 1807 – inzwischen immer noch in Nancy in Gefangenschaft stehend – zum Generalleutnant befördert – und erst im November 1808 auf freien Fuß gesetzt.

Nach dem Zusammenbruch Preußens betrieb der die Brandenburgische Brigade befehligende Tauentzien die Reorganisation der Armee. Verwirrung trat allerdings ein, als der bereits berühmte Major Ferdinand von Schill 1808 aus Berlin gegen die Franzosen bei Magdeburg ritt und den König in eine schwierige Lage brachte. Tauentzien war Schills Vorgesetzter – wusste aber nichts von Schills Vorhaben. Der General fiel vorübergehend beim König in Ungnade, bis sich die Eigenmächtigkeit Schills herausgestellt hatte. 1811 übertrug der König ihm das Gouvernement Pommern.

Mit der preußischen Kriegserklärung an Frankreich vom 18. März 1813 befehligte Tauentzien, der bei Blücher, Gneisenau und Hermann von Boyen wegen seiner langjährigen Hofdienste als Militär nicht allzu hoch im Kurs stand, mit Friedrich Wilhelm von Bülow sogar fast ein Pistolenduell hatte, zunächst die Belagerung Stettins. Ab August des Jahres übernahm er das IV. Armee-Korps, das sich vor allem aus einfacher Landwehr zusammensetzte. Bei den Schlachten von Großbeeren am 23. August und bei Dennewitz am 6. September zeichnete sich Tauentzien durch persönlichen Einsatz aus. Bei Dennewitz gerieten seine Stellungen in arge Bedrängnis. Er musste standhalten, um dem kommandierenden Befehlshaber Bülow das Hinzustoßen und den Sieg zu ermöglichen. „Wenn ein commandirender General einem anderen ein Versprechen gibt, so darf man nicht daran zweifeln und ich werde eher mit meinem ganzen Corps auf dem Platze liegen bleiben, ehe ich einen einzigen Schritt weiche“, so Tauentziens klare Ansage gegenüber den zum Rückzug drängenden Offizieren. Wenige Tage darauf schlug ihn Preußens König zum Ritter des Schwarzen Adlerordens.

Belagerung von Wittenberg
Auch Tauentziens aus seiner zweiten Ehe stammender Sohn Bogislav nahm an den Befreiungskriegen teil. Der junge Rittmeister kämpfte unter anderem bei Großgörschen und Leipzig. Er sollte später auch rangmäßig in die Fußstapfen seines Vaters und dessen Vaters treten und es bis 1837 bis zum Generalmajor bringen.

Ende 1813 belagerte Generalleutnant Tauentzien noch erfolgreich die Festung Torgau und zwang die Franzosen zur Aufgabe, wobei zu Jahresbeginn 1814 rund 4200 Franzosen in Gefangenschaft gingen. Da die Franzosen am 12. Januar 1814 die Stadt Wittenberg nicht aufgeben wollten, befahl Tauentzien ab 1 Uhr nachts den Beschuss und die anschließende Erstürmung der Stadt. Er war zwar nicht anwesend, erhielt dafür aber das Großkreuz des Eisernen Kreuzes und den Ehrentitel „von Wittenberg“.

Nach der endgültigen Niederlage Napoleons bei Belle-Alliance (Waterloo) kehrte der General der Infanterie zunächst nach Pommern zurück, wurde aber 1820 erneut für diplomatische Dienste herangezogen, als in London zum Tode König Georgs III. zu kondolieren war. Tauentzien war in letzter Funktion Kommandant von Berlin.

Gesellschaftlich war er, wie viele andere hohe Militärs auch, Freimaurer und wirkte als Meister vom Hohen Stuhl in der Berliner Loge Royal York, wobei er auch der Magdeburger Loge „Ferdinand zur Glückseligkeit“ angehörte. Bogislav Graf von Tauentzien zu Wittenberg starb vor 200 Jahren, am 20. Februar 1824, und wurde auf dem Invalidenfriedhof bestattet. Kaiser Wilhelm II. benannte 1889 das 20. Infanterieregiment nach ihm.


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Kommentare

Peter Faethe am 25.02.24, 00:05 Uhr

Ein guter Beitrag, danke. Ein m.E. spannender Stoff wären die "Fraktionen in Familien", z.B. Arminius vs. Flavius und Segestes. Wenig bekannt ist die Familie von Gottfried Körner, in der auch eine größere Gruppe der "Neuen Weltordnung" Napoleons anhing.
Von Küttels Tod gehört?
Gruß, PF

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