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SPD, Grüne und Gewerkschaften fordern statt unter 13 mindestens 14 Euro
Der gesetzliche Mindestlohn beträgt in Deutschland seit Jahresbeginn 12,41 Euro. Anfang nächsten Jahres soll er auf 12,82 Euro steigen. Die Gruppe der Linkspartei im Deutschen Bundestag wollte nun von der Regierung wissen, wie viele Menschen derzeit in Deutschland nach Mindestlohn bezahlt werden.
Wie die Bundesregierung auf diese parlamentarische Anfrage mitteilte, sind derzeit mehr als acht Millionen Menschen in Beschäftigungsverhältnissen, in denen weniger als 14 Euro bezahlt werden. Besonders hoch ist die Zahl im Handel. 1,6 Millionen Menschen befinden sich derzeit in diesem Verdienstbereich. Hierbei wurden Beschäftigte in Kfz-Instandhaltung und -Reparatur mitgezählt.
Nach Auffassung der Linkspartei ist besonders die Situation im Gastgewerbe dramatisch. Dort verdienen 1,1 Millionen Angestellte weniger als 14 Euro. Das sind 65,5 Prozent der Gesamtbeschäftigten dieser Branche. Der geringe Verdienst ist ein maßgeblicher Grund für den eklatanten Personalmangel, der seit Jahren in der Branche herrscht.
Die Kluft wächst
Die Mindestlohnkommission müsse beim nächsten Mal „eine deutliche Erhöhung“ vorschlagen, fordert der SPD-Vorsitzende Lats Klingbeil. Ihn ärgere „es bis heute, dass die Arbeitgeber beim letzten Mal einseitig eine stärkere Erhöhung des Mindestlohns blockiert haben, obwohl die Inflation dies erfordert hätte“. Im Einklang mit dem „Wirtschaftsweisen“ Achim Truger fordert er 14 Euro.
Die Gewerkschaften erneuerten unterdessen ihre Forderung, dass sich die Mindestlöhne in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an 60 Prozent des jeweiligen Medianlohns orientieren sollten, was in Deutschland zwischen 14 und 15 Euro bedeuten würde. Das sieht auch eine Richtlinie der Europäischen Union vor, die bis Ende des Jahres umgesetzt werden soll.
Kritiker einer neuerlichen Anhebung verweisen darauf, dass der Mindestlohn zum Jahresbeginn 2022 noch bei 9,82 Euro gelegen habe und seitdem bereits überdurchschnittlich stark angestiegen sei. Die Kluft zwischen Gering- und Topverdienern in der Bundesrepublik sei aufgrund der deutlichen Erhöhung ohnehin kleiner geworden. Im April 2023 verdienten Besserverdiener im Schnitt das 2,98-Fache des Bruttostundenverdienstes von Geringverdienern. Im April 2022 war es noch das 3,28-Fache. In den Jahren zuvor hatte sich der Abstand kaum verändert. Die Verdienste der untersten Einkommensgruppe erhöhten sich um 12,4 Prozent, die der oberen dagegen lediglich um 1,9 Prozent. Als Besserverdiener zählt in Deutschland, wer einen Stundensatz von mehr als 36 Euro erhält.
Experten sehen diese Entwicklung zwiespältig. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat zwar eingeräumt, dass eine Erhöhung des Mindestlohns der gesellschaftlichen Spaltung entgegenwirken könnte, auf der anderen Seite bestünde jedoch die Gefahr, dass dadurch Leistungsanreize wegfallen könnten. „Werden dadurch beispielsweise die Lohnunterschiede zwischen unqualifizierten Aushilfskräften und qualifizierteren und berufserfahrenen Stammkräften zu weit reduziert, kann dies zu Unmut in der Belegschaft führen und dazu, dass die Lohnverteilung nicht mehr als leistungsgerecht wahrgenommen wird“, erklärte das IW.
DGB fordert 13,50 Euro
Einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt es in Deutschland seit dem 1. Januar 2015. Über die Anpassung entscheidet nach dem Gesetz alle zwei Jahre eine unabhängige Kommission der Tarifpartner, die sich aus Vertretern der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften zusammensetzt und von Wissenschaftlern beraten wird.
Um diese Kommission gab es zuletzt heftigen Ärger. Erstmals war die Gewerkschaftsseite mit der Stimme der unabhängigen Vorsitzenden überstimmt worden, die mit den Arbeitgebern gestimmt hatte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte mindestens 13,50 Euro gefordert. Derzeitige Vorsitzende ist die Arbeitsmarktexpertin Christiane Schönefeld. Die Juristin hatte zuvor verschiedene Führungspositionen in der Bundesagentur für Arbeit inne.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat sich daher für eine Reform der Kommission ausgesprochen. „Wir sollten die gesetzlichen Vorgaben für die Mindestlohnkommission so verändern, dass dort Entscheidungen nur im Konsens getroffen werden können. Man muss sich einigen, die eine Seite kann die andere nicht überstimmen. Das wäre auch beim Mindestlohn sinnvoll.“ Das sei auch bei Tarifverhandlungen üblich.