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Cover von „Auf zwei Planeten“
Foto: twsCover von „Auf zwei Planeten“

Literatur

Menschenliebe hält den siegreichen Einzug

Vor 175 Jahren wurde Kurd Laßwitz geboren – Der Schlesier gilt als Vater der deutschen Science-Fiction

Harald Tews
18.04.2023

Nicht wenige sind der Ansicht, dass der deutsche Osten rückständig und wenig fortschrittsgläubig sei. Weder Kopernikus, Kant oder E.T.A. Hoffmann mit ihren bahnbrechenden Theorien und Werken konnten an diesem Irrglauben etwas ändern. Und auch der Kurd Laßwitz nicht, der mit seinen Zukunftsromanen seiner Zeit weit voraus war.

Der am 20. April 1848 in Breslau geborene Schlesier gilt gemeinhin als Vater der deutschen Science-Fiction. Grundlage hierfür bildet der 1897 in zwei dicken Bänden erschienene Roman „Auf zwei Planeten“, in dem Erd- auf Marsbewohner treffen und mit Raumschiffen der Marsianer zum Roten Planeten und wieder zurück reisen. Nach der Entdeckung der „Marskanäle“ durch den italienischen Astronomen Giovanni Schiaparelli im Jahr 1877 glaubte man noch an eine intelligente Lebensform auf dem Mars.

Die Marsianer-Manie erreichte damals auch den britischen Autor H. G. Wells, der nahezu zeitgleich mit Laßwitz' Roman sein berühmtes Werk „Krieg der Welten“ veröffentlichte. Doch während bei Wells die Marsianer als mörderische Kolonisten agieren, kommen sie bei Laßwitz in der Absicht, einen Weltfrieden herbeizuführen. Auf ihrem Heimatplaneten kennen sie keinen Krieg, und ihre Friedfertigkeit führt sogar zu Liebesbeziehungen zwischen Menschen und Marsianern.

Science-Fiction wird gerne als Trivialliteratur abgetan. So einfach ist das auch bei Laßwitz nicht. Der Physiker, der als Gymnasiallehrer am Ernestinum Gotha unterrichtete, vermittelt in humanistischer Absicht einen utopischen Glauben an eine bessere Welt, wenn er einen Marsianer sagen lässt: „Den kleinlichen Eigennutz, den Krämersinn, die Unduldsamkeit, die Klassenherrschaft bringen wir zum Verschwinden ... Der tückische, nagende Neid entflieht aus der Welt, und Menschenliebe hält den siegreichen Einzug.“

Daneben spiegelt sich im Roman die Technikbegeisterung des 19. Jahrhunderts wider. Ähnlich wie Jules Verne veranschaulicht Laßwitz lehrreich wissenschaftliche Erkenntnisse der damaligen Zeit. Die Polarexkursionen des Norwegers Fridtjof Nansen (mit dem Schiff) und des Schweden Salomon Andrée (im Ballon) in den Jahren 1896 und 1897 dienten als Vorlage für den Einstieg in den Roman, in dem Ballonfahrer an der Polkappe in den Sog des außerirdischen Raumschiffs gelangen. Dass der Nordpol aus einer Insel besteht und am Südpol Eisbären leben, gehört noch zu den Irrtümern der Zeit.

Auch wenn die Maschinen noch mit Hebeln und Knöpfen statt mit digitaler Technik bedient werden, finden sich hochmoderne Zukunftsvisionen im Roman. Das Raumschiff wird mit Solarenergie betrieben, es gibt Anklänge an Computertechnologie mit Monitoren, auf denen man in die Vergangenheit blicken kann, und auf dem Mars finden sich mehrspurige Straßensysteme und Wolkenkratzer, welche Fritz Langs Stummfilmszenario in „Metropolis“ um 30 Jahre vorwegnehmen.

Trotz seiner Lehrtätigkeit war Laßwitz als Autor bis zu seinem Tod 1910 in Gotha ungemein produktiv. Neben „Auf zwei Planeten“ schuf er etliche weitere Sci-Fi-Märchen und mit „Geschichte der Atomistik vom Mittelalter bis Newton“ einen monumentalen Theorieband. Nach ihm hat man den begehrten Preis benannt, der seit 1981 an die besten deutschen Sci-Fi-Autoren vergeben wird.


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Kommentare

Peter Schwenzer am 24.04.23, 21:27 Uhr

Lasswitzens Roman "Auf zwei Planeten" war eines meiner ersten Bücher, die ich als Kind gelesen hatte. Mit Sicherheit weckte er in mir meine Vorliebe für gute fiktionswissenschaftliche Romane wie die ganze Reihe von Asimov bis zur "Stiftung" (Foundation) oder Dune von Herbert. Aus Preußen kam der wirkliche Fortschritt, Erfindergeist, Schriftsteller, Gelehrte, Industrielle, während der Südwesten der deutschen Länder vor sich hin dümpelte. Heute merkt man, daß Deutschland ohne Preußen nur noch Dekadenz und Niedergang verkörpert.

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